Rn 2
Von der Möglichkeit des § 8 EGGVG hat bisher als einziges Bundesland Bayern Gebrauch gemacht. Das BayObLG wurde nach dessen Auflösung zum 1.7.06 (BayObLGAuflG v. 25.10.04, BayGVBl 04, 400) per Gesetz vom 12.7.18 (BayGVBl 18, 545) wieder eingeführt. § 7 findet auf die Entscheidungen der Oberlandesgerichte Bamberg, München und Nürnberg Anwendung, wenn diese überwiegend Landesrecht betreffen (§ 8 EGGVG).
I. Zulassungsbedürftige Rechtsmittel (Abs. 1).
Rn 3
Das bayerische Berufungs- oder Beschwerdegericht entscheidet im Rahmen der Zulassung der Revision zwingend auch über die Zuständigkeit des Revisionsgerichts (S 1). Die Zuständigkeit des BGH oder des BayObLG grenzt sich gem § 8 EGGVG danach ab, ob im Wesentlichen Rechtsnormen des Bundes- oder Landesrechts zur Anwendung kommen. Der auf dem Landesrecht beruhende Rechtsstoff muss insoweit den Schwerpunkt des Rechtsstreits bilden (BGH Beschl v 16.5.23 – XI ZR 137/22). Die Entscheidung des Berufungs- oder Beschwerdegerichts ist für das Revisionsgericht bindend (S 2). Sofern das Berufungs- oder Beschwerdegericht die Zuständigkeitsbestimmung unterlässt, kann das Rechtsmittel sowohl beim BGH als auch beim BayObLG eingelegt werden (BGH FamRZ 21, 770; NJW 81, 576). Das Berufungsgericht hat die Möglichkeit, eine unterbliebene Entscheidung über das zuständige Revisionsgericht durch Berichtigungsbeschluss gem § 319 Abs 1 ZPO nachzuholen, welcher dann für das gesamte weitere Verfahren Bindungswirkung entfaltet. Diese Entscheidung des Berufungsgerichts ist gem § 7 Abs 1 S 2 auch für den BGH bindend, welcher sich dann ggf nach § 7 Abs 2 S 2 für unzuständig erklärt und die Akten an das BayObLG übersendet (BGH FamRZ 21, 770 = BGH v 18.2.21 – III ZR 79/80). Wenn für die Entscheidung des Falles ausschließlich Bundesrecht Anwendung findet, kann der BGH auch bei unterbliebener Bestimmung des zuständigen Beschwerdegerichts entscheiden. Sie braucht nicht nachgeholt werden (BGH NJW-RR 22, 1436 [BGH 05.07.2022 - VIII ZB 33/21]).
II. Nichtzulassungsbedürftige Rechtsmittel (Abs. 2).
Rn 4
Die in § 7 Abs 2 S 1 aufgeführten Rechtsmittel; Nichtzulassungsbeschwerde (§§ 543, 544 ZPO), Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) und der Antrag auf Zulassung der Sprungrevision (§ 566 ZPO) sind zunächst beim BGH durch einen dort gem § 78 Abs 1 S 3 ZPO zugelassenen Rechtsanwalt einzulegen. Sind diese Rechtsmittel überwiegend mit Landesrecht befasst, trifft der BGH die Entscheidung seiner eigenen Unzuständigkeit und übersendet die Akten an das zuständige oberste Landesgericht. Bis zur Entscheidung gem § 7 Abs 2 S 2 sind alle Prozesshandlungen des Verfahrens beim BGH vorzunehmen. Bereits durch den BGH getroffene Entscheidungen (zB für PKH) können durch das BayObLG nicht erneut gefasst werden. Das Verfahren wird beim BayObLG lediglich fortgesetzt. Falls der BGH eine Entscheidung seiner Unzuständigkeit gem § 7 Abs 2 S 3 trifft, ist das BayObLG an diese Entscheidung gebunden. Diese Entscheidung der Abgabe an das BayObLG kann der BGH in jeder Verfahrenslage treffen. Sofern er eine positive Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde oder die Zulassung der Sprungrevision getroffen hat, bleibt der BGH auch für das darauffolgende Verfahren zuständig.