Gesetzestext
(1) Vor dem Familiengericht und dem Oberlandesgericht müssen sich die Ehegatten in Ehesachen und Folgesachen und die Beteiligten in selbständigen Familienstreitsachen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen.
(2) Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.
(3) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen die zur Vertretung berechtigten Personen die Befähigung zum Richteramt haben.
(4) Der Vertretung durch einen Rechtsanwalt bedarf es nicht
(5) Der Bevollmächtigte in Ehesachen bedarf einer besonderen auf das Verfahren gerichteten Vollmacht. Die Vollmacht für die Scheidungssache erstreckt sich auch auf die Folgesachen.
A. Normzweck, Norminhalt und Anwendungsbereich.
Rn 1
Die Vorschrift regelt zum einen den Anwaltszwang in Ehe- (§ 121) u Folgesachen (§ 137 II, III) sowie für selbstständige Familienstreitsachen (§ 112 FamFG). Er gilt also auch für fG-Folgesachen, nicht jedoch für selbstständige fG-Familiensachen, auf welche § 10 anwendbar ist (BGH FamRZ 19, 1077). In seinem Anwendungsbereich normiert § 114, vor welchen Gerichten welche Beteiligte sich durch einen RA vertreten lassen müssen (I, II) u welche Ausn es hiervon gibt (III, IV). § 114 gilt im Erkenntnisverfahren; im Vollstreckungsverfahren ist er anwendbar, wenn die Vollstreckung – wie in den Fällen der §§ 887, 888, 890 ZPO (iVm §§ 95 I Nrn 3, 4, 113 I 2) – durch das Verfahrensgericht (Prozessgericht) erfolgt (Bambg FamRZ 17, 1331; Kobl NJW-RR 88, 1279). Zum anderen bestimmt die Vorschrift die Anforderungen an nichtanwaltliche Vertreter bei Beteiligung öffentlicher Stellen (III). Soweit kein Anwaltszwang besteht, regeln die Vertretung durch andere Bevollmächtigte in fG-Folgesachen § 10 II, V sowie in Ehe- u Familienstreitsachen § 113 I 2 iVm § 79 II, IV ZPO. V enthält besondere Regelungen für Vollmachten in Ehe- u Scheidungssachen. § 114 schließt das anwaltliche Selbstvertretungsrecht nicht aus (Brandbg FamRZ 19, 1727; aA Schneider NZFam 19, 566 mwN); in Ehe- u Familienstreitsachen folgt das aus § 113 I 2 iVm § 78 IV ZPO (Brandbg FamRZ 19, 1727), in fG-Familiensachen wird dies trotz fehlender vergleichbarer Vorschrift in § 10 ebenso angenommen. Die Gegenansicht meint stattdessen, dass § 114 FamFG abschließend u daher eine Verweisung über § 113 I 2 ausgeschlossen sei (Schneider NZFam 19, 566 mwN). Hierfür könnte grds auch die Gesetzesbegründung sprechen, nach der die Regelung des Anwaltszwangs in Familiensachen durch § 114 erfolgt (BTDrs 16/6308, 325). Selbst dann ließe sich jedoch das anwaltliche Selbstvertretungsrecht bereits aus I, II herleiten, sofern der RA nach diesen Vorschriften postulationsbefugt ist; § 78 IV ZPO käme rein deklaratorische Wirkung zu. Eine Beschränkung der Vollmacht nur zur Vertretung im Termin oder nur für die erste Instanz ist bei bestehendem Anwaltszwang gem § 113 I 2 bzw § 11 S 5 jew iVm § 83 I ZPO – anders bei nichtbestehendem Anwaltszwang, § 83 II ZPO – im Außenverhältnis unwirksam; die Vollmacht gilt unbeschränkt (BGH MDR 01, 585; Kobl FamRZ 16, 2030).
B. Anwaltszwang.
I. Ehe- und Folgesachen.
Rn 2
I, II statuieren – vorbehaltlich IV (s Rn 6) – für Ehegatten einen instanzenübergreifenden Anwaltszwang in Ehe- (§ 121) u Folgesachen (§ 137 II, III), also auch für fG-Folgesachen; für andere Beteiligte (Dritte) gilt dies gem II – vorbehaltlich III (s Rn 5), IV (s Rn 6) – nur vor dem BGH. V erstreckt die Vollmacht für ein Scheidungsverfahren (§ 121 Nr 1) automatisch auf die Scheidungsfolgesachen (§ 137 II, III) u verlangt in Ehesachen (§ 121) eine besondere Verfahrensvollmacht, deren Nachweis sich – nur auf Rüge (§ 113 I 2 iVm § 88 I ZPO) – nach § 113 I 2 iVm § 80 ZPO richtet. Diese Vollmacht darf keine Generalvollmacht für gerichtliche Verfahren sein, sondern muss sich angesichts der Höchstpersönlichkeit des Verfahrensgegenstands durch dessen nähere Bezeichnung explizit auf die konkrete Ehesache unter Benennung des...