Rn 6
Auch in Ehesachen besteht bei Geschäftsunfähigkeit keine Verfahrensfähigkeit. Ob eine Person geschäftsunfähig ist, ist § 104 BGB zu entnehmen. Das Gericht hat gem § 113 I 2 iVm § 56 ZPO die Sachurteilsvoraussetzungen in jeder Phase des Verfahrens vAw zu prüfen, wenn hinreichende Anhaltspunkte Zweifel an dem Vorliegen der Verfahrensfähigkeit (nach § 104 Nr 2 BGB) nahelegen (vgl iE § 56 ZPO Rn 2 mwN). Bei psychisch Kranken und geistig oder seelisch Behinderten ist zu prüfen, ob sie sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung ihrer Geistestätigkeit befinden, soweit Ehe und Scheidung infrage stehen und ob sie deshalb jedenfalls partiell geschäftsunfähig iSv § 104 Nr 2 BGB sind (vgl. iE zB PWW/Völzmann-Stickelrock § 104 BGB Rz 5 f.; BGH FamRZ 70, 545; FamRZ 71, 243; Brandbg FamRZ 11, 216: zur Ehegeschäftsfähigkeit; KG FamRZ 14, 1038: geistige Behinderung vom Ausmaß einer leichten Intelligenzminderung reicht nicht aus). Dann ist § 125 II auf sie anwendbar (Zö/Lorenz § 125 Rz 4; Sternal/Weber § 125 Rz 5; BGH FamRZ 72, 497). Ist die Verfahrensfähigkeit eines Ehegatten im Streit, ist er insoweit – wie auch in Verfahren, die Maßnahmen aus Anlass seines Geisteszustands betreffen, die in sein Persönlichkeitsrecht eingreifen – als verfahrensfähig anzusehen (vgl BGH FamRZ 70, 545; FamRZ 12, 631: KG FamRZ 14, 1038; Sternal/Weber § 125 Rz 5).
Rn 7
Für die insoweit geschäftsunfähigen Ehegatten handelt ein gesetzlicher Vertreter. Das kann ist bei Minderjährigen der Inhaber der elterlichen Sorge, also die Eltern oder der insoweit sorgeberechtigte Elternteil, ein Vormund (§ 1789 II 1 BGB) oder ein Ergänzungspfleger, sofern ihm die entsprechenden Teilbereiche der elterlichen Sorge übertragen worden sind (§§ 1825, 1813, 1789 II 1 BGB). Ansonsten handelt ein Betreuer (§ 1896 BGB). Sofern der Antragsgegner betroffen ist, hat das Gericht unter den Voraussetzungen des § 113 I 2 iVm § 57 ZPO einen Verfahrenspfleger zu bestellen, was jedenfalls Gefahr im Verzug voraussetzt. Das Vertreterhandeln geht dem des vertretenen Ehegatten vor, § 53 ZPO (s.o. Rn 5).
Rn 8
Ist ein Betreuer für den Wirkungsbereich ›Vertretung gegenüber Ämtern und Behörden‹ bestellt worden, reicht das nicht aus (Zweibr FamRZ 11, 1814; Brandbg FamRZ 12, 1166: es muss in aller Regel explizit ›Vertretung im Ehescheidungsverfahren‹ angeordnet sein; Hamm FamRZ 13, 1889: ›Vertretung des Betroffenen in familienrechtlichen Angelegenheiten, insbesondere Scheidungsverfahren‹; großzügiger Celle FamRZ 14, 156: ›Rechtsangelegenheiten‹ reichen aus).
Rn 9
Stellt sich erst im Laufe des Verfahrens heraus, dass ein Ehegatte nicht verfahrensfähig ist, ist das Verfahren gem §§ 113 Abs 1 S 2 FamFG, 241 ZPO zu unterbrechen, das gilt nicht bei anwaltlicher Vertretung, §§ 113 Abs 1 S 2 FamFG, 246 ZPO. Nimmt der gesetzliche Vertreter das Verfahren auf, heilt sein Eintritt frühere Verfahrensmängel (Musielak/Borth/Frank/Borth § 125 Rz 7 mwN).