Rn 10
Die Vorschrift entspricht § 631 II 3 ZPO aF und stellt ein gesetzliches Eventualverhältnis zwischen Aufhebungsantrag und Scheidungsantrag her (Dutta/Jacoby/Schwab/Lies-Benachib § 126 Rz 5; FAKomm-FamR/Roßmann § 126 Rz 11).
Rn 11
Die in § 126 Abs 3 geregelte Konkurrenz zwischen Scheidungs- und Aufhebungsantrag kann auftreten, a) wenn ein Ehegatte beide Anträge stellt, ohne selbst ein Rangverhältnis zu bestimmen oder b) bei entsprechenden Gegenanträgen/Widerklageanträgen des anderen Ehegatten (zB der ASt stellt einen Scheidungsantrag, der Antragsgegner beantragt die Aufhebung der Ehe). Liegen sowohl die Voraussetzungen des für eine Aufhebung der Ehe nach § 1314 BGB als auch die Voraussetzungen für eine Scheidung nach den §§ 1565 ff BGB vor, haben die Ehegatten die Wahl zwischen beiden Möglichkeiten und können ohne Weiteres von dem einen auf den anderen Antrag übergehen, § 113 IV Nr 2 (Braunschw FuR 18, 90). Abs 3 löst das Verhältnis zwischen beiden Anträgen dahingehend, dass der Antrag auf Aufhebung der Ehe (erst) dann vorrangig ist, wenn über beide Anträge zu entscheiden ist und – schon nach dem Wortlaut der Vorschrift – beide begründet sind (zB Zö/Lorenz § 126 Rz 3; Sternal/Weber § 126 Rz 7; Prütting/Helms/Helms § 126 Rz 13; J/H/A/Markwardt § 126 Rz 9; Braunschw FuR 18, 90). Der Antrag auf Aufhebung wird also kraft Gesetzes als Hauptantrag und der Scheidungsantrag als Hilfsantrag behandelt. Die hilfsweise Stellung eines Scheidungsantrags in 2. Instanz ist zulässig; stimmt der Antragsgegner dem Hilfsantrag zu, liegt hierin zugleich auch sein Einverständnis mit der Antragsänderung (Brandbg NJW-RR 21, 867 [OLG Brandenburg 12.05.2021 - 13 UF 23/21]).
Rn 12
Stellt ein Ehegatte beide Anträge, kann er aber gleichwohl die Reihenfolge bestimmen. Es ist ihm unbenommen, zuerst die Scheidung der Ehe und nur hilfsweise einen Antrag auf Aufhebung der Ehe zu stellen. § 126 III ist kein zwingendes Recht; vielmehr kann der ASt ein entgegengesetztes Rangverhältnis festlegen. Denn er könnte jedenfalls im Falle der Abweisung seines Aufhebungsantrags in einem weiteren Verfahren die Scheidung der Ehe beantragen (vgl. Prütting/Helms/Helms § 126 Rz 13; Musielak/Borth/Frank/Borth § 126 Rz 5; J/H/A/Markwardt § 126 Rz 9; Bork/Jacoby/Schwab/Löhnig (3. Aufl) § 126 Rz 5; Brandbg FamRZ 08, 1534). Häufig wird in diesen Konstellationen schon angesichts der besonderen materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 1314 BGB die Aufhebung der Ehe (als Versuch, um dem ›Makel‹ der Scheidung zu entgehen) und hilfsweise die Scheidung beantragt (vgl J/H/A/Markwardt § 126 Rz 9; ThoPu/Hüßtege § 126 Rz 1). Ein Hilfsantrag auf Scheidung der Ehe kann auch erstmals bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im zweiten Rechtszug gestellt werden, wenn erstinstanzlich nur ein Aufhebungsantrag gestellt wurde (Köln FamRZ 00, 819).
Rn 13
Beantragt ein Ehegatte, der zunächst einen Antrag auf Aufhebung der Ehe gestellt hatte, im Verlauf des Verfahrens stattdessen die Scheidung und wird die Ehe auf diesen Antrag geschieden, so ist gleichwohl die Rechtshängigkeit des Aufhebungsantrags ins bedeutsam für die Bestimmung der Ehezeit in § 3 I VersAusglG und auch für die Berechnung des Zugewinns nach § 1384 BGB (BGH FamRZ 89, 153). Hat das AG die Ehe gem § 1314 BGB aufgehoben und kommt das Beschwerdegericht zu dem Ergebnis, dass zwar Aufhebungsgründe nicht gegeben sind, dafür aber die Voraussetzungen für die Ehescheidung vorliegen, aber der VA noch nicht durchgeführt ist, wird die angefochtene Entscheidung analog § 146 aufgehoben und die Sache zurückverwiesen (Brandbg FamRZ 08, 1534).