I. Grundsatz: Erstreckung der Wirkung auf Folgesachen (S 1).
Rn 2
Gem § 113 I 2 iVm 269 III 1 ZPO bewirkt die Rücknahme des Scheidungsantrags, dass das Scheidungsverfahren als nicht anhängig geworden anzusehen ist. Da über Folgesachen gem § 137 II 1 nur für den Fall der Scheidung zu entscheiden ist, ist es konsequent, die Wirkung der Rücknahme des Scheidungsantrags auch auf diese zu erstrecken. Dies ordnet § 141 S 1 an, sodass auch Folgesachen als nicht anhängig geworden anzusehen sind. Die Wirkung des § 141 S 1 tritt unabhängig davon ein, ob eine Folgesache vom ASt oder vom Antragsgegner anhängig gemacht worden ist. Ist im Zeitpunkt der Rücknahme des Scheidungsantrags bereits ein Verbundbeschluss ergangen, wird dieser insgesamt wirkungslos, ohne dass er aufgehoben werden müsste, § 113 I 2 iVm § 269 III 1 ZPO. Auf Antrag ist dies gem § 113 I 2 iVm § 269 III 1, IV ZPO auszusprechen (Köln NJW-RR 11, 509). Eine in der Folgesache bereits ergangene Entscheidung, die gem § 148 erst mit dem Scheidungsausspruch wirksam werden kann, wird ebenfalls automatisch wirkungslos (zB Prütting/Helms/Helms § 141 Rz 3).
II. Ausnahme: Fortführung von Folgesachen (S 2 und 3).
1. Ausnahmeregelung in S 2.
Rn 3
§ 141 S 2 enthält 2 Ausnahmen von der in S 1 enthaltenen Regelung.
Rn 4
Die Rücknahme des Sorgeantrags erfasst nicht eine Kindschaftsfolgesache, die die Übertragung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge wegen Gefährdung des Kindeswohls auf einen Elternteil, einen Vormund oder einen Pfleger (§§ 1671 IV, 1666 BGB) zum Gegenstand hat. In diesen Verfahren kann nicht unterstellt werden, dass ein Regelungsbedürfnis mit Rücknahme des Scheidungsantrags entfällt (BTDrs 16/6308, 232).
Rn 5
Ausgenommen sind weiter solche Folgesachen, hinsichtlich derer ein Beteiligter vor Wirksamwerden der Rücknahme ausdrücklich erklärt hat, sie fortsetzen zu wollen. Grds ist dies bei den Folgesachen iSv § 137 II 1 Nr 2 (Unterhaltssachen), § 137 II 1 Nr 3 Ehewohnungs- und Haushaltssachen, § 137 II 1 Nr 4 (Güterrechtssachen) und sonstige Kindschaftssachen iSv § 137 III möglich (vgl MüKoFamFG/Heiter § 141 Rz 20; Sternal/Weber § 141 Rz 11; J/H/A/Markwardt § 141 Rz 5). In Betracht kommen allerdings nur solche Folgesachen, deren Geltendmachung unabhängig von der Rechtskraft der Scheidung möglich ist, sodass von vornherein ein Zugewinnausgleichsverfahren oder der VA ausscheidet (Prütting/Helms/Helms § 141 Rz 7). Im Gegensatz zu § 626 II 1 ZPO aF ist eine gerichtliche Entscheidung auf einen entsprechenden Antrag hin nicht mehr erforderlich.
Rn 6
Allein die Erklärung eines Beteiligten bewirkt die Fortführung des Verfahrens (BTDrs 16/6308, 232). Erklärungsberechtigt ist der Beteiligte, der die Folgesache fortführen will, also zB auch der Antragsgegner (Stuttg FamRZ 2006, 714 zu § 626 II ZPO aF). Die Erklärung ist Verfahrenshandlung und unterliegt dem Anwaltszwang; sie ist nicht im Ausnahmekatalog des § 114 IV erwähnt (MüKoFamFG/Heiter § 141 Rz 18; Sternal/Weber § 141 Rz 11; J/H/A/Markwardt § 141 Rz 6). Die wirksame Erklärung eines Beteiligten bindet das Gericht; es kann die begehrte Fortführung nicht ablehnen (Prütting/Helms/Helms § 141 Rz 7; J/H/A/Markwardt § 141 Rz 7). Der Sachantrag ist aber dahingehend abzuändern sein, dass nicht mehr eine Entscheidung für den Fall der Scheidung begehrt wird (Prütting/Helms/Helms § 141 Rz 7; Sternal/Weber § 141 Rz 11; J/H/A/Markwardt § 141 Rz 5)
2. Wirkungen (S 3).
Rn 7
Das fortzuführende Verfahren wird gem S 3 zur selbstständigen Familiensache und ist nach dem jeweils anzuwendenden Verfahrensrecht zu führen. Die Kostenentscheidung ist gem § 150 V 2 nach den jeweils geltenden Kostenvorschriften (zB § 243 oder §§ 80 ff) zu treffen. Anwaltszwang besteht nur noch insoweit, als er gem § 114 I für selbstständige Familiensachen vorgeschrieben ist, nicht also für selbstständige Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Die Zuständigkeit des Gerichts der Scheidungssache bleibt nach den Grundsatz der perpetuatio fori bestehen (Prütting/Hems/Helms § 141 Rz 9; J/H/A/Markwardt § 141 Rz 8; Zö/Lorenz § 141 Rz 5 mwN).