I. Anwendungsbereich.
1. Verbundentscheidung.
Rn 2
Die Vorschrift ist anwendbar, soweit eine einheitliche Verbundentscheidung iSv § 142 angefochten wird (Prütting/Helms/Helms § 145 Rz 2; MüKoFamFG/Henjes § 145 Rz 2; Zö/Lorenz § 145 Rz 3); eine solche liegt nicht vor, wenn ausschließlich über den Scheidungsantrag entschieden worden ist, was aber aufgrund des ›Zwangsverbundes‹ mit der Folgesache VA gem § 137 II 2 nur in seltenen Fällen der Fall sein wird. Erfasst sind aber auch Verbundentscheidungen über mehrere abgetrennte Folgesachen, die gem § 137 V 1 ihrerseits einen Verbund bilden (Prütting/Helms/Helms § 145 Rz 2; MüKoFamFG/Henjes § 145 Rz 8; Zö/Lorenz § 145 Rz 3). Ergeht im Verbundverfahren eine Teilentscheidung, durch die eine Ehe vorab geschieden wird und alle Folgesachenentscheidungen der Schlussentscheidung vorbehalten bleiben, so kann gegen die Scheidung Beschwerde eingelegt werden. Wird die Frist hierfür versäumt, kann der Scheidungsausspruch auch dann nicht mehr durch eine Anschließung angefochten werden, wenn nach Verkündung der Schlussentscheidung der Rest des ursprünglichen Verbundverfahrens in die Beschwerdeinstanz gelangt (Zö/Lorenz § 145 Rz 3; BGH FamRZ 83, 461).
2. Teilanfechtung durch Beschwerde oder Rechtsbeschwerde.
Rn 3
Die Verbundentscheidung darf nur teilw angefochten worden sein. Wird der gesamte Verbundbeschluss angefochten, greifen die Beschränkungen des § 145 nicht ein (J/H/A/Markwardt § 145 Rz 3; FAKomm-FamR/Roßmann § 145 Rz 4; ThoPu/Hüßtege § 145 Rz 1). Die Verbundentscheidung muss mit einem Hauptrechtsmittel, also mit der Beschwerde gem §§ 58 ff oder – nach Zulassung durch das Beschwerdegericht – mit der Rechtsbeschwerde gem §§ 70 ff angefochten sein.
3. Andere Familiensache.
Rn 4
Die Vorschrift des § 145 behandelt ausschließlich die nachträgliche Rechtsmittelerweiterung oder Anschließung in Bezug auf Teile des Verbundbeschlusses, die eine andere Familiensache betreffen als diejenige, die bereits mit einem Hauptrechtsmittel angefochten worden ist. Es muss unterschieden werden, ob es sich um einen anderen Verfahrensgegenstand handelt oder ob nur ein weiterer Aspekt eines einheitlichen Verfahrens betroffen ist. Die erforderliche Abgrenzung kann uU schwierig sein. Einen einheitlichen Verfahrensgegenstand bilden der Elementar- und Vorsorgeunterhalt gem § 1578 II, III BGB (Prütting/Helms/Helms § 145 Rz 10; J/H/A/Markwardt § 145 Rz 3), der Regel- und Mehrbedarf bzw Sonderbedarf beim Kindesunterhalt, die verschiedenen Formen (interne oder externe Teilung) eines Wertausgleichs bei der Scheidung im VA (Stuttg FamRZ 11, 1086; MüKoFamFG/Henjes § 145 Rz 15), der Zugewinnausgleich sowie Anträge auf dessen Stundung bzw auf Übernahme von Gegenständen unter Anrechnung auf den Ausgleich (J/H/A/Markwardt § 145 Rz 3; Prütting/Helms/Helms § 145 Rz 10; Zö/Lorenz § 145 Rz 5). Wegen der zu berücksichtigenden Geschwisterbindung sind auch Sorgeverfahren, die mehrere Kinder betreffen, ein einheitlicher Verfahrensgegenstand (Prütting/Helms/Helms § 145 Rz 10). Unterschiedliche Verfahrensgegenstände sind demgegenüber Kindes- und Ehegattenunterhalt oder auch Ehewohnungs- und Haushaltssachen gem §§ 1568a, 1568b BGB. Für die Rechtsmittelanschließung in derselben Familiensache gelten allein die allgemeinen Vorschriften, § 66 und 73.
Rn 5
Ein Drittbeteiligter wird eine Rechtsmittelanschließung nur in seltenen Fällen vornehmen können, weil derselbe Drittbeteiligte kaum einmal an verschiedenen Teilen des Verbundes beteiligt sein wird (Prütting/Helms/Helms § 145 Rz 7; Dutta/Jacoby/Schwab/Lies-Benachib § 145 Rz 2; vgl auch Zö/Lorenz § 145 Rz 10).
II. Rechtsmittelerweiterung und Anschlussrechtsmittel.
Rn 6
Der Anwendungsbereich des § 145 ist nach seinem Wortlaut auf die Erweiterung eines Rechtsmittels oder die Anschließung an ein zuvor eingelegtes Rechtsmittel in einer anderen Familiensache beschränkt.
Rn 7
Die nur hinsichtlich einzelner Teile angefochtene Verbundentscheidung kann ergänzend durch eine Erweiterung des Rechtsmittels in einer anderen Familiensache angefochten werden. Die Erweiterung des Antrags ist nur zulässig, soweit sich die Erweiterung auf Gründe stützt, die bereits innerhalb der Rechtsmittelbegründungsfrist vorgetragen worden sind, was etwa bei der Erweiterung der Anfechtung der Entscheidung über den Scheidungsunterhalt auf die Entscheidung über den Kindesunterhalt denkbar ist (Prütting/Helms/Helms § 145 Rz 3; FAKomm-FamR/Roßmann § 145 Rz 7; Dutta/Jacoby/Schwab/Lies-Benachib § 145 Rz 2.1).
Rn 8
Die Vorschriften der §§ 66, 73 eröffnen die Möglichkeit zur Einlegung von Anschlussrechtsmitteln, die regelmäßig dieselbe Familiensache betreffen. Die allgemeinen Voraussetzungen richten sich nach den §§ 66, 117 II iVm § 524 II 2, 3 ZPO. Wird das Anschlussrechtsmittel in derselben Familiensache eingelegt, findet § 145 keine Anwendung; insoweit gelten die allgemeinen Regeln. Im Verbundverfahren besteht aber auch die Möglichkeit, im Wege der Anschließung eine andere Folgesachenentscheidung anzufechten als das Hauptrechtsmittel. Dann unterliegen auch solche Teile der Verbundentscheidung der Nachprüfung durch das Rechtsmittelgericht bzw den BGH, die ansonsten wegen Ablaufs der Rechtsmittelfrist nich...