Rn 9
Werden Teile einer einheitlichen Verbundentscheidung im Wege der Rechtsmittelerweiterung oder Anschlussrechtsmittel nachträglich angefochten, die zunächst nicht angefochten worden sind, enthält § 145 zeitliche Beschränkungen.
1. Die Monatsfrist des Abs 1.
Rn 10
Gem Abs 1 S 1 kann die Anfechtung anderer Folgesachen nur noch binnen eines Monats erfolgen. Der Fristbeginn knüpft an die Bekanntgabe der Rechtsmittelbegründung an. Erfolgen mehrere Bekanntgaben, ist im Interesse einer einheitlichen Fristbestimmung für alle Beteiligten die letzte entscheidend, Abs 1 S 1 aE. Beschwerden gegen Entscheidungen in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit sollen, müssen aber nicht, begründet werden, § 65 I. Gem Abs 1 S 2 ist die Frist in diesen Verfahren deshalb ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Schriftsatzes zu berechnen, mit dem die Beschwerde eingelegt wurde.
Rn 11
Bekanntgabe ist iSv § 15 zu verstehen (BTDrs 17/10490, 19); gem § 15 II 1 kann die Bekanntgabe durch Zustellung nach den §§ 166–195 ZPO oder dadurch bewirkt werden, dass das Schriftstück unter der Anschrift des Adressaten zur Post gegeben wird. In Familienstreitsachen ist § 15 nicht anwendbar, § 113 I 1. Die Bekanntgabe erfolgt nach den Vorschriften der ZPO über die Zustellung vAw, § 113 I 2 iVm §§ 166–190 ZPO. Eine Zustellung durch Aufgabe zur Post ist hier nicht vorgesehen, sodass hier die Zustellungswirkung nur nach § 189 ZPO herbeigeführt werden kann (ausdr MüKoFamFG/Henjes § 145 Rz 33; Prütting/Helms/Helms § 145 Rz 11).
Rn 12
Die Berechnung der Frist erfolgt nach allgemeinen Grundsätzen, § 16 II bzw § 113 I 2 iVm 222 ZPO, §§ 187 ff BGB. Diese Frist kann durch das Gericht nicht verlängert werden, § 16 II bzw § 113 I 2 iVm § 224 II ZPO (Prütting/Helms/Helms § 145 Rz 11; MüKoFamFG/Henjes § 145 Rz 39). Wiedereinsetzung in die versäumte Frist kommt aber in Betracht, wenn der Beteiligte ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist des § 145 I gehindert war (Prütting/Helms/Helms § 145 Rz 13; Sternal/Weber § 145 Rz 14).
2. Die Verlängerung der Frist gem Abs 2.
Rn 13
Wird fristgerecht gem § 145 Abs 1 eine Rechtsmittelerweiterung vorgenommen oder ein Anschlussrechtsmittel eingelegt, entsteht eine neue Verfahrenslage, der § 145 Abs 2 Rechnung trägt. Gem Abs 2 S 1 verlängert sich die Frist für eine erneute Rechtsmittelerweiterung oder -anschließung in einer anderen Familiensache um einen weiteren Monat, gerechnet ab dem Ende der ersten Frist. Unterbleibt eine weitere nachträgliche Anfechtung, werden die bislang nicht angefochtenen Teile der Verbundentscheidung rechtskräftig. Wird innerhalb der verlängerten Frist nochmals rechtzeitig durch Rechtsmittelerweiterung oder Anschlussrechtsmittel angefochten, gilt gem Abs 2 S 2 S 1 entsprechend, dh, dass nunmehr in einer dritten Stufe die nachträgliche Anfechtung für die anderen Beteiligten eröffnet ist. Es gelten die Grundsätze der zweiten Stufe. Weitere Stufen sind theoretisch denkbar (FAKomm-FamR/Roßmann § 145 Rz 26; ThoPu/Hüßtege § 145 Rz 20), aber praktisch wohl ausgeschlossen (ThoPu/Hüßtege § 145 Rz 20).