Gesetzestext
(1) 1Bei Gericht schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen sind durch einen Rechtsanwalt, durch einen Notar, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse als elektronisches Dokument zu übermitteln. 2Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, so bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. 3Die vorübergehende Unmöglichkeit ist mit der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen.
(2) 1Andere Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch einen Notar, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sollen als elektronisches Dokument übermittelt werden. 2Werden sie nach den allgemeinen Vorschriften übermittelt, so ist auf Anforderung ein elektronisches Dokument nachzureichen.
A. Zweck der Vorschrift.
Rn 1
§ 14b wurde durch Art 2 Nr 4 des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.13 (BGBl I 3786) in das FamFG eingefügt. Die Vorschrift trat gem Art 26 Abs 7 des vorgenannten Gesetzes erst am 1.1.22 in Kraft und wurde kurz vor ihrem Inkrafttreten durch das Gesetz vom 5.10.21 (BGBl I 4607) geändert. Ihr Zweck ist die Beschleunigung und Vereinfachung des gerichtlichen Verfahrens durch Einreichung elektronischer Dokumente durch den in Abs 1 genannten Personenkreis (Frankf FamRZ 22, 802), zu dem etwa auch die DRV (Bambg MDR 22, 789) sowie die Staatskasse (LG Lübeck JurBüro 22, 598), nicht aber Berufsbetreuer (LG Hildesheim JurBüro 22, 488), gehören und der Entlastung der Gerichte durch die mit der notwendigen Schriftform verbundene Zurückdrängung von Erklärungen zu Protokoll der Geschäftsstelle. Die Entwicklung der Rspr hierzu ist stürmisch (Berner JR 23, 413 ff [BGH 07.09.2022 - XII ZB 215/22]). Bereichsausnahmen für das Betreuungs- und Unterbringungsverfahren (BGH MDR 22, 1426) und das Grundbuchverfahren gibt es nicht (München FGPrax 22, 252). Im Grundbuchverfahren ist allerdings zu beachten, dass die Vorschrift noch nicht von allen Grundbuchämtern umgesetzt ist (Holzer FGPrax 22, 254).
B. Notwendige Schriftform.
Rn 2
Das FamFG enthält – anders als die ZPO – für Anträge und Erklärungen kein allgemeines Erfordernis der Schriftform. Dies war früher nur in einzelnen Vorschriften, wie § 64 Abs 2, geregelt. Zur Erhöhung der Rechtssicherheit (Identifizierung der einreichenden Person, BGH MDR 22, 798) wollte der Gesetzgeber daher in Anlehnung an § 130d ZPO (zur Übermittlung danach Mardorf jM 18, 140 ff) ein allgemeines Erfordernis der Schriftform einführen, das auch für die im Landesrecht geregelten und dem Regime des FamFG unterworfenen Gesetze der freiwilligen Gerichtsbarkeit, wie den Unterbringungsgesetzen (dazu Holzer KJ 18, 150 ff) gelten sollte (Begr zu § 14b RegE-FamFG, BTDrs 19/28399, S 39 f). Aus dem Wortlaut des Abs 1 ist das jedoch nicht erkennbar, weil dieser nur auf nach anderen Vorschriften schriftlich zu stellende Anträge abstellt (LG Hildesheim v 29.6.22 – 5 T 147/22, juris). So sinnvoll und notwendig der Regelungsgegenstand auch ist, hätte er doch sowohl mit dem richtigen Wortlaut als auch an zutreffender Stelle Eingang in das Gesetz finden müssen. Rechtssystematisch passt die Regelung nämlich nicht zu den allgemeinen Vorschriften des Abschn 1 von Buch 1 des FamFG, sondern nur zu denen des Abschn 2, die sich mit der Stellung von Anträgen und ihrer weiteren Behandlung befassen. Der Gesetzgeber sollte deshalb eine Regelung im Zusammenhang mit § 23 erwägen.
C. Erfasster Personenkreis.
Rn 3
Die Pflicht zur Übermittlung elektronischer Dokumente betrifft nach Abs 1 S 1 in erster Linie Rechtsanwälte und Notare. Wegen der gesetzgeberisch in unglücklicher Weise mit der elektronischen Einreichung verknüpften allgemeinen Regelung der schriftlichen Einreichung von Anträgen und Erklärungen (oben Rn 1) kann aus ihr nicht der Schluss gezogen werden, dass bei Gericht schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen ausschließlich durch Rechtsanwälte oder Notare gestellt werden dürften. Vielmehr können sich die Beteiligten nach § 10 Abs 1 nach wie vor selbst vertreten, soweit nicht die Vertretung durch einen Rechtsanwalt vorgeschrieben ist. Bedienen sie sich dennoch der Vertretung durch einen Rechtsanwalt oder Notar, so hat dieser die der schriftlichen Einreichung unterliegenden Dokumente elektronisch einzureichen, falls dieser Übermittlungsweg nicht gestört ist (dazu Rn 6 ff). Die restriktive Auslegung des Gesetzes wird in der Lit zu Recht als unangemessen kritisiert (Vollkommer MDR 23, 1213: ›Formformalismus‹).
Rn 4
Die Vorschrift gilt nach dem Zweck der Vorschrift nur dann, wenn Rechtsanwälte und Notare andere Personen entweder aufgrund erteilter oder vermuteter (§§ 15 GBO, 25 SchRegO, 378 Abs 2, dazu Prütting/Helms/Holzer § 378 Rz 13) vertret...