a) Unverzügliche Entscheidung (Abs 3 S 1).
Rn 10
Das Beschwerdegericht hat gem Abs 3 S 1 nach Eingang der Akten unverzüglich nach Aktenlage zu entscheiden; die Beschwerdeentscheidung ›soll‹ spätestens nach einem Monat ergehen. Die Entscheidung ergeht mithin (abweichend von § 68 III) regelmäßig ohne persönliche Anhörung der Verfahrensbeteiligten; diesen sollte vor einer Entscheidung rechtliches Gehör gegeben werden (Art 103 GG), sofern dies nicht zu einer weiteren, nicht tragbaren, Verzögerung führt (BTDrs 18/9092, 19; MüKoFamFG/Schumann § 155c Rz 12; Prütting/Helms/Hammer § 155c Rz 14; weitergehend Sternal/Schäder § 155c Rz 10: zwingend).
b) Unzulässige Beschwerde (Abs 3 S 2).
Rn 11
Mit der in Abs 3 S 2 enthaltenen Verweisung auf § 68 II soll klargestellt werden (BTDrs 18/9092, 19), dass das Beschwerdegericht zunächst die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Beschleunigungsbeschwerde, also die Statthaftigkeit, sowie Wahrung der Form und Frist zu überprüfen hat. Das betrifft insb die Beschwerdebefugnis (vgl hierzu bereits oben Rn 3 f). Erweist sich die Beschwerde als unzulässig, ist sie ohne sachliche Prüfung als unzulässig zu verwerfen.
c) Zulässige Beschwerde – Sachprüfung (Abs 3 S 3).
Rn 12
Ist die Beschwerde zulässig, muss das Beschwerdegericht gem Abs 3 S 3 in eine Sachprüfung eintreten, in dem es festzustellen hat, ob die bisherige Dauer des Verfahrens dem Vorrang- und Beschleunigungsgebot des § 155 I entspricht. Dabei ist die gesamte Verfahrensdauer seit Anhängigkeit des Verfahrens in der ersten Instanz zu beurteilen; nichts anderes gilt, wenn die Beschwerde gegen eine Rügeentscheidung in der zweiten Instanz erhoben wird (Prütting/Helms/Hammer § 155c Rz 16; Sternal/Schäder § 155b Rz 8). Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren sind unabhängig voneinander zu beurteilen (Prütting/Helms/Hammer § 155c Rz 16).
Rn 13
Es ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, dh, es ist eine Gesamtabwägung aller verfahrens- und sachbezogenen Faktoren sowie der subjektiven, personenbezogenen Umstände vorzunehmen (Braunschw FamRZ 14, 59 zu § 198 GVG). Das Gericht muss eine hier relevante Verzögerung des Verfahrens unter Abwägung aller Faktoren (Gegenstand des Verfahrens, Alter und [insb psychische] Verfassung des Kindes, Komplexität des Falles, Auswirkungen einer langen Verfahrensdauer auf alle Beteiligten und die Gründe für die Verzögerung [Verfahrensführung und -förderung durch das Gericht, Verhalten der Beteiligten]) prüfen, ob die Rüge im konkreten Fall berechtigt ist (MüKoFamFG/Schumann § 155b Rz 10; Prütting/Helms/Hammer § 155b Rz 19; Dutta/Jacoby/Schwab/Müller § 155b Rz 12; Keuter FamRZ 16, 1817, 1821; BGH FamRZ 14, 933; Bremen FamRZ 18, 450). Ob die Verfahrensdauer angemessen ist, beurteilt sich nach der definierten Gesamtverfahrensdauer. Bei geringfügigen Verzögerungen in einzelnen Verfahrensabschnitten, die gegenüber der Gesamtverfahrensdauer nicht entscheidend ins Gewicht fallen, kommt daher eine Geldentschädigung oder eine sonstige Wiedergutmachung regelmäßig nicht in Betracht (BGH MDR 14, 832; Hamm FamRZ 23, 974).
Rn 14
Wegen des dem Gericht bei seiner Verfahrensführung zukommenden Gestaltungsspielraums geht es nicht um die Überprüfung der Richtigkeit der Verfahrensführung des Gerichts, sondern die Beachtung des Vorrang- und Beschleunigungsgebots des § 155 I durch eine daran ausgerichtete Verfahrensförderung (Frankf FamRZ 20, 1117; Karlsr FamRZ 20, 1214; Stuttg FuR 18, 267)Die Gesetzesbegründung betont, dass nicht von dem Maßstab eines ›idealen Richters‹ auszugehen ist, sondern vielmehr anhand des konkreten Einzelfalles ein objektiver Maßstab anzulegen ist (BTDrs 18/9092, 19 Sternal/Schäder § 155c Rz 11; Braunschw FuR 21, 675; Stuttg FuR 18, 267; Bremen FamRZ 18, 450; FuR 17, 269).
Wegen der Einzelheiten kann auf die Kommentierung zu § 155b (Rn 18 ff) Bezug genommen werden.
d) Entscheidung durch Beschluss.
Rn 15
Ist die Beschwerde unbegründet, weil kein Verstoß gegen das Vorrang- und Beschleunigungsgebot festgestellt werden kann, wird sie durch einen zu begründenden Beschluss zurückgewiesen.
Rn 16
Ist die Beschwerde demgegenüber begründet, gilt Abs 3 S 4: Das Beschwerdegericht hat die Feststellung zu treffen, dass die bisherige – unangemessen lange – Dauer des Verfahrens dem Vorrang- und Beschleunigungsgebot nicht entspricht. Um eine Beschleunigung des Verfahrens herbeizuführen, kann es aber nicht mit der Feststellung sein Bewenden haben; das Beschwerdegericht muss in der Begründung seiner Entscheidung darauf eingehen, welche Verfahrensschritte aus seiner Sicht zeitlich notwendig oder überfällig sind (BTDrs 18/9092, 19; MüKoFamFG/Schumann § 155c Rz 17; Prütting/Helms/Hammer § 155c Rz 21; Sternal/Schäder § 155c Rz 13; ThoPu/Hüßtege § 155c Rz 15). Demgegenüber hat das Beschwerdegericht die richterliche Unabhängigkeit des Ausgangsgerichts (Art 97 I GG) zu beachten. Deshalb ist es weder befugt, das Gericht zum Erlass einer einstweiligen Anordnung noch zum Treffen einer anderweitigen verfahrensbeschleunigenden Maßnahme anzuweisen oder ihm eine verbindliche Frist zum Treffen bestimmter Entscheidungen im Ausgangsverfahren zu setzen (BTDrs 18/9092, 19; MüKoFamFG/Schumann § 155c Rz 17; Prü...