I. Einlegung der Beschleunigungsbeschwerde (Abs 1).
1. Beschwerdebefugnis.
Rn 3
Beschwerdebefugt ist der Beteiligte, der die Beschleunigungsrüge eingelegt hat, die durch das Gericht nach § 155b als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen worden ist. Hat das Gericht zwar eine unangemessen lange Verfahrensdauer festgestellt, aber gleichwohl keine Maßnahmen zur Förderung des Verfahrens getroffen, zB, weil es keine Möglichkeiten sieht, das Verfahren weiter zu beschleunigen, fehlt es formal an einer Beschwer des Rügenden (Keuter FamRZ 16, 1817, 1822). In diesem Fall wird vertreten, dass die Beschwerdebefugnis davon abhängt, ob das Gericht seiner Verpflichtung nach § 155b II 2 nachgekommen ist (Keuter FamRZ 16, 1817, 1822; Dutta/Jacoby/Schwab/Müller § 155c Rz 5). Zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes muss auch in diesen Fällen eine Beschleunigungsbeschwerde nach § 155c IV zulässig sein (Bahrenfuss/Schlemm § 155c Rz 17; Prütting/Helms/Hammer § 155c Rz 5; MüKoFamFG/Schumann § 155c Rz 8).
Rn 4
Die Beschwerdebefugnis muss im Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde gegeben sein und im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung noch vorliegen. Ergreift das Familiengericht Maßnahmen zur Beschleunigung des Verfahrens, trifft es eine instanzbeendende Entscheidung oder endet das Verfahren zwischenzeitlich auf sonstige Weise, entfällt nicht nur das Rechtsschutzbedürfnis für die auf die Beschleunigung des Verfahrens gerichtete Beschleunigungsrüge nachträglich, sondern auch für die -beschwerde (Köln 15.2.23 – 26 WF 14/23, juris (einzelnes Ordnungsmittelverfahren); Frankf FuR 22, 381) sowie auch das Rechtsschutzbedürfnis für eine wegen der Zurückweisung der Beschwerde erhobenen Verfassungsbeschwerde, BVerfG FamRZ 18, 1761). Es besteht auch kein Anlass, in diesen Fällen eine ›Fortsetzungsfeststellungsentscheidung‹ zu treffen; eine dem § 62 I vergleichbare Regelung fehlt und eine analoge Anwendung kommt wegen der nach der Vorstellung des Gesetzgebers abschließenden Regelung in § 155c (BTDrs 18/9092, 18; Prütting/Helms/Hammer § 155c Rz 5) nicht in Betracht, zumal die Feststellung des Beschwerdegerichts über die unangemessene Dauer des Verfahrens für einen evtl späteren Entschädigungsprozess nach § 198 GVG keine Bindungswirkung hat (BTDrs 18/9092, 19; vgl auch BVerfG FamRZ 18, 1761; Bahrenfuss/Schlemm § 155c Rz 3). Wird die Beschwerde nicht zurückgenommen, ist sie als unzulässig zu verwerfen (Karlsr FuR 18, 265).
2. Form.
Rn 5
Die Einlegung der Beschwerde kann gem § 25 I schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Ausgangsgerichts, dessen Beschluss angefochten wird (§ 155c I 2 iVm § 64 I), erfolgen, soweit die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht notwendig ist. In Verfahren, die dem Anwaltszwang unterliegen, kann die Beschleunigungsrüge nur schriftlich und nur durch den bevollmächtigten Anwalt erhoben werden. Das betrifft in Kindschaftssachen nur Folgesachen im Scheidungsverbundverfahren und Verfahren vor dem BGH, § 114 I, II.
3. Frist.
Rn 6
Die Beschwerde ist innerhalb einer Notfrist von 2 Wochen nach Bekanntgabe der angefochtenen Rügeentscheidung des Gerichts einzulegen; der Fristbeginn ist nach § 16 Abs 1 iVm § 41 Abs. 1 S 2 mit dem Zeitpunkt der Zustellung der Entscheidung zu bestimmen. Diese Notfrist kann weder verkürzt noch verlängert werden; einem Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist kann bei Vorliegen der Voraussetzungen (vgl. § 17 I) entsprochen werden.
II. Begründung der Beschwerde.
Rn 7
Die Beschwerde muss zwar nicht begründet werden, im Interesse des Beschwerdeführers sollte eine Begründung aber erfolgen. Eine ausdrückliche Fristsetzung zur Begründung der Beschwerde wird im Regelfall aufgrund des beschleunigt zu behandelnden Beschwerdeverfahrens (155c III 1) nicht in Betracht kommen (vgl Sternal/Schäder § 155c Rz 5; MüKoFamFG/Schumann § 155c Rz 5; Prütting/Helms/Hammer § 155c Rz 8).
III. Weiteres Verfahren.
1. Keine Abhilfeentscheidung des Ausgangsgerichts (Abs 1 S 3).
Rn 8
Gem Abs 1 S 3 ist das Gericht nicht zur Abhilfe befugt; es hat die Akte unverzüglich dem Beschwerdegericht zuzuleiten. Die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage der Akten an das Beschwerdegericht soll den Zeitverlust durch die Aktenanforderung vermeiden (BTDrs 18/9092, 18). Die Vorlage der Akte an das Beschwerdegericht soll jedoch gerade keinen Stillstand des Verfahrens zur Folge haben; das wäre im Hinblick auf Sinn und Zweck des Rüge- und Beschwerdeverfahrens kontraproduktiv. Die Gesetzesbegründung weist deshalb ausdrücklich darauf hin, dass das Gericht ›nicht zwangsläufig gehindert‹ sei, ›das Ausgangsverfahren – etwa unter Anlegung eines Aktendoppels – fortzuführen und insb bereits begonnene Maßnahmen durchzuführen‹. Hiervon sollte Gebrauch gemacht werden, um in ›faktischer Abhilfe‹ der Beschwerde (vgl Prütting/Helms/Hammer § 155c Rz 10) das Verfahren weiter beschleunigt voranzutreiben.
2. Zuständiges Beschwerdegericht (Abs 2).
Rn 9
Das nach Abs 2 zuständige Beschwerdegericht ist bei einer Entscheidung des AG das ihm übergeordnete OLG (§ 119 I Nr 1 lit a GVG). Hat ein Senat des OLG oder des BGH den Beschluss gefasst, sind die Akten dem nach dem Geschäftsverteilungsplan zur Entscheidung berufenen Senat des Gerichts vorzulegen, § 155c II 2. Die Ents...