Rn 5
Ein Verfahrensbeistand ist dem Kind bei Vorliegen der Voraussetzungen gem Abs 1 S 1 in einem seine Person betreffenden Verfahren zu bestellen; insoweit entspricht die Vorschrift dem § 50 I FGG aF. Die Regelung erfasst sämtliche Kindschaftssachen iSv § 151 Nr 1–8, soweit diese nicht ausschließlich das Vermögen des Kindes betreffen (Prütting/Helms/Hammer § 158 Rz 4; MüKoFamFG/Schumann § 158 aF Rz 5; Sternal/Schäder § 158 Rz 4; ThoPu/Hüßtege § 158 Rz 4). In rein vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist dem Kind gem § 1629 II 3 BGB iVm § 1789 iVm § 1809 BGB ein Ergänzungspfleger zu bestellen (Prütting/Helms/Hammer § 158 Rz 4; MüKoFamFG/Schumann § 158 aF Rz 5). Dass das Vermögen des Kindes auch betroffen ist, steht der Anwendung des § 158 demgegenüber nicht entgegen (BGH FuR 12, 262; 12, 26).
Rn 6
Unerheblich ist, ob es sich um ein gem § 51 III 1 verfahrensrechtlich selbstständiges einstweiliges Anordnungsverfahren oder ein Verfahren in der Hauptsache handelt; wegen der erheblichen Auswirkungen auf die Grundrechte der Beteiligten ist auch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grds ein Verfahrensbeistand zu bestellen (vgl. MüKoFamFG/Schumann § 158 aF Rz 5; Prütting/Helms/Hammer § 158 Rz 6; Kobl FamRZ 21, 46; Brandbg NJW-RR 19, 453; Saarbr FuR 19, 161; KG FamRZ 14, 1790; Brandbg FamRB 12, 343). Insb kann die Bestellung eines Verfahrensbeistands im einstweiligen Anordnungsverfahren zur Regelung der elterlichen Sorge nicht etwa deshalb abgesehen werden, weil in einem parallel geführten Umgangsverfahren bereits ein Verfahrensbeistand bestellt und beteiligt worden ist (Kobl FamRZ 21, 46). Ausnahmsweise kann von der Bestellung abgesehen werden, wenn der Verfahrensbeistand wegen unbekannten Aufenthalts des Kindes seine Aufgabe nicht wahrnehmen könnte (BGH FuR 15, 406; vgl auch BGH FuR 11, 154; Brandbg FamRZ 15, 1216: wegen der Eilbedürftigkeit ist es nicht stets geboten, einen Verfahrensbeistand zu bestellen).
Rn 7
Der Anwendungsbereich des § 158 ist in Vermittlungsverfahren iSv § 165 genauso eröffnet wie in Abänderungsverfahren nach § 166. Die Bestellung eines Verfahrensbeistands ist auch im Beschwerdeverfahren zu prüfen. Die Verpflichtung zur Bestellung eines Verfahrensbeistands wird nicht dadurch berührt, dass die Kindschaftssache im Scheidungsverbund zu bearbeiten ist, denn die Zusammenfassung der Verfahren gem § 137 Abs 1 berührt nicht deren Selbstständigkeit (AG Obernburg FamRZ 07, 1825).
Rn 8
Das mit dem Erkenntnisverfahren in einem engen sachlichen und verfahrensrechtlichen Zusammenhang stehende Vollstreckungsverfahren ist zwar ebenfalls eine Kindschaftssache iSv § 151 (BGH FuR 16, 117). Gleichwohl erfolgt insb in den Ordnungsmittelverfahren nach §§ 89 ff keine erneute Kindeswohlprüfung (BGH FuR 16, 117; 14, 347; 12, 263). Die Verfahrensvorschriften der §§ 158 ff finden im Vollstreckungsverfahren keine Anwendung; die Vorschrift des § 92 sieht lediglich die Anhörung des Verpflichteten vor und verlangt grds nicht die persönliche Anhörung der Eltern, des Kindes oder des Jugendamts (Prütting/Helms/Hammer § 92 Rz 3; Bahrenfuss/Hentschel § 92 Rz 2; wohl auch ThoPu/Seiler § 92 Rz 1; aA Sternal/Giers § 92 Rz 2; J/H/A/Dürbeck § 92 Rz 1; Zö/Feskorn § 92 Rz 2; Hamm FamRZ 18, 1938; Karlsr FamRZ 15, 2000: ›Anhörung kann im Einzelfall geboten sein‹). Die Bestellung eines Verfahrensbeistands ist im Vollstreckungsverfahren nicht geboten (Prütting/Helms/Hammer § 158 Rz 6; Schlesw FamRZ 12, 151; einschr Sternal/Giers § 92 Rz 2: allenfalls Anhörung, wenn die Bestellung nicht bereits gem § 158 VI beendet war; so wohl auch Hamm FamRZ 18, 1938; aA Haußleiter/Eickelmann § 158 Rz 5; MüKoFamFG/Zimmermann § 92 Rz 2).
Rn 9
Ergeben sich aber, zB aufgrund der Anhörung des Verpflichteten, Anhaltspunkte für ein vAw einzuleitendes Abänderungsverfahren, ist in diesem neuen Erkenntnisverfahren erneut ein Verfahrensbeistand zu bestellen (Celle FamRZ 12, 798). Gleiches gilt auch, wenn aufgrund neu hinzugetretener Umstände aufgrund eines Antrags nach § 93 I Nr 4 die Vollstreckung der Entscheidung nicht mehr in Betracht kommt (BGH FuR 12, 263).