Rn 2
In Abs 1 und 2 werden die Aufgaben des Verfahrensbeistands gesetzlich umschrieben, wobei zwischen dem originären Aufgabenbereich (Abs 1) und einem in Abs 2 beschriebenen erweiterten Aufgabenbereich, der zusätzlich gerichtlich zugewiesen werden kann, zu unterscheiden ist.
1. Die originären gesetzlichen Aufgaben, Abs 1.
Rn 3
Gem Abs 1 hat der Verfahrensbeistand das Interesse des Kindes zu ermitteln und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Dabei muss zwischen dem Interesse des Kindes und dem von ihm geäußerten Willen unterschieden werden. Zwar hat der Verfahrensbeistand den Kindeswillen in jedem Fall deutlich zu machen und in das Verfahren einzubringen, es steht ihm jedoch frei, darüber hinaus weitere Gesichtspunkte und auch etwaige Bedenken vorzutragen. Der Verfahrensbeistand hat daher bei seiner Stellungnahme sowohl das subjektive Interesse des Kindes (Wille des Kindes) als auch das objektive Interesse des Kindes (Kindeswohl) einzubeziehen (BTDrs 16/6308, 239). Dies entspricht dem materiellen Recht, wonach die zu treffenden Entscheidungen am zentralen und beherrschenden Maßstab des Kindeswohls auszurichten sind, vgl § 1697a BGB (PWW/Ziegler § 1697a Rz 1). Es entspricht auch der eigenständigen Stellung des Verfahrensbeistands, der, anders als ein in fremdem Namen handelnder Verfahrensbevollmächtigter, selbst Beteiligter ist (BTDrs 16/6308, 239). Es ist nicht Aufgabe des Verfahrensbeistands, den Willen der Eltern zu ermitteln und in das Verfahren einzuführen (Saarbr FamRZ 11, 1153; vgl auch BVerfG FamRZ 10, 109).
Rn 4
Der Aufgabenbereich des Verfahrensbeistands beinhaltet die Erfassung der tatsächlich bestehenden kindlichen Wünsche, Vorstellungen und Bedürfnisse, deren Übermittlung an das Gericht, die Wahrung aller verfahrensmäßigen Einflussmöglichkeiten, um die (…) Interessen des Kindes zur Geltung zu bringen sowie die Begleitung des Kindes durch das gerichtliche Verfahren (Dresd FamRZ 03, 877). Zur Erledigung des ihm zugewiesenen originären Aufgabenbereichs muss er Einsicht in die Gerichtsakten nehmen, um den aktenkundigen Streitstand zu erfassen (er hat keinen Rechtsanspruch auf Einsichtnahme in die Akten des Jugendamts, vgl MüKoFamFG/Schumann § 158 aF Rz 26, Fn 156 mwN). Er muss sich aber in erster Linie darum bemühen, mit dem Kind, dessen Interessen er zu vertreten hat, in Kontakt zu treten und sein Vertrauen zu gewinnen (Frankf FamRZ 09, 1770). Zur Organisation der Gespräche mit dem Kind werden idR organisatorische Absprachen mit dem jeweils betreuenden Elternteil erforderlich sein. Ein Hausbesuch soll ›nur in besonders gelagerten Fällen‹ in Betracht kommen, etwa wenn – für Kinder im ›Kleinstkindalter‹ oder jüngeren Kindern – eine vertraute Umgebung für das Kind von besonderer Bedeutung ist (Brandbg FamFR 12, 424; 31.8.10 – 9 WF 160/10, juris; FamRZ 08, 1633 – sämtlich noch zu § 50 FGG aF; vgl auch MüKoFamFG/Schumann § 158 aF Rz 26 Fn 158). Häufig ergeben sich gerade aus einem Besuch des Kindes im Haushalt beider Elternteile wertvolle Informationen. Es liegt grds im Ermessen des Verfahrensbeistandes, wie er die Interessen des Kindes wahrnimmt und wie er verfährt, um einen möglichst unverfälschten Eindruck zu erlangen (Braunschw FamRZ 19, 119). Gerade bei älteren Kindern kann ein Gespräch im Büro des Verfahrensbeistands ausreichen. Ein kurzes Gespräch mit dem Kind auf dem Gerichtsflur unmittelbar vor Beginn des Termins wird der Aufgabe nicht gerecht. Im Beschwerdeverfahren sollte ein weiteres Gespräch mit dem Kind stattfinden, erst recht dann, wenn der letzte Kontakt einige Zeit zurückliegt.
Rn 5
Stand es dem Verfahrensbeistand bislang frei, ob er seine Stellungnahme schriftlich abfasst oder aber im Termin mündlich abgibt (Stötzel JAmt 09, 213, 216), sieht § 158b I 2 nunmehr vor, dass der Verfahrensbeistand eine schriftliche Stellungnahme erstatten soll. Insb im frühen Termin nach § 155 II oder § 157 I wird eine mündliche Stellungnahme schon angesichts der Bedeutung der erfassten Verfahren nicht mehr ausreichen (so aber noch BTDrs 16/6308, 240 zu § 158 aF; ThoPu/Hüßtege § 158 aF Rz 20; MüKoFamFG/Schumann § 158 aF Rz 26). Der Gesetzgeber hält eine schriftliche Stellungnahme ausnw für entbehrlich, wenn das Gericht kurzfristig terminieren musste oder es zu für den Verfahrensbeistand unverschuldeten Schwierigkeiten kam, rechtzeitig Kontakt zu dem Kind zu bekommen (BTDrs 19/23707, 55). Die schriftliche Stellungnahme dokumentiert die Feststellung und Vertretung der Kindesinteressen durch diesen, was für ein Beschwerde- oder ein späteres Abänderungs- bzw Überprüfungsverfahren gem §§ 1696 BGB, 166 FamFG wichtig ist. Der Gesetzgeber betont, dass die bloße Wiedergabe von Angaben des Verfahrensbeistands in einem gerichtlichen Vermerk (§ 28 IV 1) und Ausführungen hierzu in den Entscheidungsgründen nicht gleichermaßen gut geeignet sind (BTDrs 19/23707, 55).
Rn 6
Der Verfahrensbeistand hat das Kind gem Abs 1 S 3 in geeigneter Weise über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren. Eine altersgemäße Informa...