Rn 2
Die Vorschrift ist in den Kindschaftssachen des § 151 Nr 1–5 und Nr 8 anwendbar, unabhängig davon, ob der Richter oder der Rechtspfleger funktionell zuständig ist; für die Verfahren betreffend die freiheitsentziehende Unterbringung des Kindes iSv § 151 Nr 6 und 7 enthält § 167 I 1 iVm § 319 eine abschließende Sonderregelung (vgl MüKoFamFG/Schumann § 158 Rz 3; Prüttig/Helms/Hammer § 158 Rz 4; FAKomm-FamR/Ziegler § 159 Rz 3). Vor der Auswahl eines Vormunds für einen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings ist das Kind selbst gem § 159 als auch ggf ein Geschwisterkind dazu anzuhören, ob von den Eltern eine Person als Vormund benannt worden ist (KG FamRZ 16, 649); § 159 gilt im Verfahren betreffend die Anordnung des Ruhens der elterlichen Sorge nach § 1674 BGB (Frankf FamRZ 15, 1521). Auch im Verfahren nach § 1686a BGB hat das Gericht das Kind grds persönlich anzuhören (BGH FuR 17, 23). Im familiengerichtlichen Genehmigungsverfahren nach § 2 I NamÄndG für einen nachfolgenden Antrag auf Namensänderung besteht gem § 2 II NamÄndG nur eine beschränkte Anhörungspflicht; die §§ 159, 160 finden hier keine Anwendung (Prütting/Helms/Hammer § 159 Rz 4; MüKoFamFG/Schumann § 159 Rz 3; Sternal/Schäder § 159 Rz 6; Bremen StAZ 14, 143; Ddorf FamRZ 11, 485). Die gem § 2 II NamÄndG vorgesehene Anhörung des beschränkt geschäftsfähigen Kindes, das das 16. Lebensjahr vollendet hat, kann auch schriftlich erfolgen (München StAZ 14, 114). Die Anhörungspflicht nach § 159 gilt auch in Verfahren, die die Entziehung der gesetzlichen Vertretungsbefugnis und die Bestellung eines Ergänzungspflegers gem § 1809 BGB betreffen (Oldbg FamRZ 10, 660). Im Rahmen des Verfahrens zur Bestellung eines Ergänzungspflegers für die Entscheidung über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts für einen Minderjährigen gem § 52 II StPO iVm § 1809 BGB ist (durch den funktionell zuständigen Rechtspfleger) das noch nicht 14-jährige Kind regelmäßig nicht persönlich anzuhören (BVerfG FamRZ 20, 1725; BGH FamRZ 20, 1197; Hambg NJW 20, 624; Bremen FamRZ 17, 970; aA Schlesw FuR 13, 290).
Rn 3
Die Pflicht zur Anhörung des Kindes gilt gem § 51 II 1 auch im einstweiligen Anordnungsverfahren, (aber Abs 3 S 2); dies wird in § 156 Abs 3 S 3 ausdrücklich klargestellt. Die Vorschrift des § 155a III 1 schließt die Anhörung des Kindes auch im vereinfachten Verfahren nicht aus, es ist regelmäßig zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine persönliche Anhörung des Kindes nach § 159 vorliegen (Prütting/Helms/Hammer § 155a Rz 31; Keidel/Engelhardt (20. Aufl) § 155a Rz 9; Brandbg NZFam 21, 271; Bremen FamRZ 15, 2170; Brandbg 13.8.14 – 13 UF 117/14, juris). Im Umgangsvermittlungsverfahren nach § 165 ist eine Anhörung des Kindes zwar nicht ausdrücklich vorgesehen; diese muss aber jedenfalls erfolgen, wenn seine Eltern in dem Verfahren gem § 165 IV 2 iVm § 156 II einen gerichtlich zu billigenden Vergleich schließen wollen (Prütting/Helms/Hammer § 159 Rz 5; MüKoFamFG/Schumann § 158 Rz 3; FAKomm-FamR/Ziegler § 158 Rz 6). Im Vollstreckungsverfahren ist § 159 nicht anwendbar, weil die Prüfung des Kindeswohls dem Erkenntnisverfahren vorbehalten ist (Prütting/Helms/Hammer § 159 Rz 5 mwN; aA MüKoFamFG/Schumann § 158 Rz 3).
Rn 3a
§ 159 gilt in beiden Tatsacheninstanzen, das Kind ist also auch im Beschwerdeverfahren regelmäßig persönlich anzuhören, vgl § 68 III 1 (BGH FuR 17, 253). Hiervon kann gem § 68 III 2 nur ausnw abgesehen werden, wenn die Anhörung im erstinstanzlichen Verfahren durchgeführt worden ist und von einer Wiederholung im Beschwerdeverfahren keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind (BGH FamRZ 17, 532; 16, 802; FuR 16, 576; 12, 545; FamRZ 11, 805; 10, 1650; Köln FamRZ 14, 64; einschr Brandbg FamRZ 16, 240 mit abl Anm Carl FamRZ 16, 245; Prütting/Helms/Hammer § 159 Rz 34; Sternal/Schäder § 159 Rz 34; FAKomm-FamR/Ziegler § 159 Rz 11).
Rn 3b
Zu beachten ist allerdings die – ebenfalls aufgrund des Gesetzes zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder erfolgte – Änderung des § 68 zum 1.7.21: Gem § 68 V darf das Beschwerdegericht von den in § 68 III 2 eingeräumten Verfahrenserleichterungen keinen Gebrauch machen, wenn es um besonders grundrechtssensible Fallgestaltungen geht, die für die Beteiligten von besonders herausragender Bedeutung sind. Das ist namentlich der Fall, wenn Verfahrensgegenstand die vollständige oder tw Entziehung der Personensorge wegen Gefährdung des Kindeswohls gem §§ 1666, 1666a BGB (Nr. 1), der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 BGB (Nr 2) oder eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Abs 4, § 1682 BGB ist. In diesen Fällen muss auch in der Beschwerdeinstanz eine Kindesanhörung erfolgen. Das Beschwerdegericht darf aber auch im Anwendungsbereich von § 68 V bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 159 II, insb aus schwerwiegenden Gründen, von der Anhörung absehen (zB Witt FamRZ 21, 1510, 1513).
Rn 3c
Eine nochmalige Anhörung ist auch dann erforderlich, wenn die erstinstanzliche Anhörung längere Zeit zurückliegt und sich in der Zwischenzeit nicht ...