1. Ladung, Anfechtbarkeit, Erzwingung des Erscheinens des Kindes.
Rn 25
Die Entscheidung des Gerichts, ein Kind in einer Kindschaftssache anzuhören, ist eine unanfechtbare Zwischenentscheidung. Die Anhörung des Kindes ist grds auch gegen den Willen der Eltern durchzuführen (Brandbg ZKJ 16, 142; Frankf FuR 17, 217; Musielak/Borth/Frank/Frank § 159 Rz 17). Die Pflicht eines Erziehungsberechtigten, sein Kind zu einem gerichtlichen Anhörungstermin gem § 159 zu bringen, ist mit Zwangsmitteln gem § 35 durchzusetzen (Hamm FamRZ 23, 1741; aA Karlsr FamRZ 23, 544).
Rn 26
Das Kind wird über seinen gesetzlichen Vertreter geladen; diesem wird aufgegeben, das Kind zum Termin mitzubringen (und zweckmäßigerweise auch, für eine Betreuung Sorge zu tragen, wenn die Anhörung am Sitzungstag stattfinden soll). Es wird die Beifügung eines an das Kind gerichteten Begleitschreibens empfohlen, in dem altersgerecht über den Grund der Ladung, Inhalt und Ablauf der Anhörung informiert wird (Muster bei Carl/Klauß/Karle, Kindesanhörung im Familienrecht, Rz 667). Weigern sich die Eltern, ihr Kind zur Anhörung mitzubringen, wird ihre durch die verfahrensleitende Anordnung der Anhörung begründete Mitwirkung mit Zwangsmitteln nach § 35 durchgesetzt werden können (Prütting/Helms/Hammer § 159 Rz 36; MüKoFamFG/Schumann § 159 Rz 12).
Rn 27
Das über 14 Jahre alte und verfahrensfähige Kind wird selbst geladen, wobei eine besondere Form nicht vorgeschrieben ist. Bei der Kindesanhörung handelt es sich um eine Spezialregelung der Gewährung rechtlichen Gehörs iSv § 34 I Nr 2 (Prütting/Helms/Abramenko § 34 Rz 7; MüKoFamFG/Ulrici § 34 Rz 8; Bahrenfuss/Rüntz § 34 Rz 8), die der allgemeinen Anhörungspflicht nach § 34 vorgeht. Zugleich handelt es sich aber auch um eine Form der Sachaufklärung und insofern um eine Konkretisierung der §§ 26, 33 (MüKoFamFG/Ulrici § 33 Rz 2; Prütting/Helms/Abramenko § 33 Rz 3; Keidel/Meyer-Holz (20. Aufl) § 33 Rz 26, 34, Rz 25). Weigert sich das über 14 Jahre alte Kind, zur Anhörung zu erscheinen, könnte deshalb (zur Sicherstellung der gebotenen Sachaufklärung) unter den Voraussetzungen des § 33 III 3 seine Vorführung angeordnet werden (Prütting/Helms/Hammer § 159 Rz 36; MüKoFamFG/Schumann § 159 Rz 12). Das wird aber bei Minderjährigen nur im Ausnahmefall in Betracht kommen, wenn keine anderen Möglichkeiten zur Verfügung stehen (zB Anhörung in der häuslichen Umgebung oder in der Schule; vgl auch Bahrenfuss/Rüntz § 33 Rz 12) und von einer Anhörung ausnahmsweise nicht gem Abs 3 abgesehen werden kann.
2. Anhörung durch den ersuchten oder beauftragten Richter.
Rn 28
Die Anhörung des Kindes muss durch ›das Gericht‹ erfolgen; das ist grds (aber nicht zwingend, vgl BGH FamRZ 85, 169) das erkennende Gericht. Das folgt schon aus der in § 319 IV enthaltenen ausdrücklichen Regelung, wonach die Anhörung des Betroffenen in Unterbringungsverfahren grds (›sollen‹) nicht durch einen ersuchten Richter, sondern durch ›das Gericht‹ erfolgen soll (vgl BGH aaO zu § 64a FGG aF); vgl aber auch BVerfG FamRZ 20, 1579 zur Kindesanhörung durch den vom Beschwerdegericht ersuchten Richter am AG).
Rn 29
Es ist nicht ausgeschlossen, dass eine Anhörung im Wege der Rechtshilfe durch einen ersuchten Richter erfolgt, wenngleich dies nur in Ausnahmefällen geschehen sollte. Kommt es für die Entscheidung auf den unmittelbaren persönlichen Eindruck hinsichtlich der Neigungen, der Bindungen und des Willens des Kindes an, reicht die Anhörung durch einen ersuchten Richter nicht aus (vgl Sternal/Schäder § 159 Rz 33; MüKoFamFG/Schumann § 159 Rz 15; FAKomm-FamR/Ziegler § 159 Rz 18; Prütting/Helms/Hammer § 159 Rz 13; Hamm FuR 10, 586). Dementsprechend kommt im Beschwerdeverfahren grds auch die Anhörung des Kindes durch einen beauftragten Richter in Betracht; der persönliche Eindruck, den der beauftragte Richter bei der Anhörung gewinnt, darf in der Entscheidung nicht als solcher des Senats zugrunde gelegt werden (BGH FamRZ 85, 169). Kommt es aber auf den persönlichen Eindruck des Senats an, was in Kindschaftssachen regelmäßig der Fall ist, reicht die Anhörung durch einen beauftragten Richter nicht aus und müsste ggf durch den Senat wiederholt werden (BGH aaO; vgl. auch FuR 10, 454; 11, 401). Das BVerfG hat die Anhörung durch den Berichterstatter in einem Fall ausreichen lassen, in dem das Kind seine bereits in erster Instanz wiederholt geäußerte Ablehnung gegenüber dem Umgang nur bekräftigt hat (BVerfG FuR 15, 466). (Zum Problem des Besetzungswechsels im Senat vgl Hamm NZFam 14, 647; MüKoFamFG/Schumann § 159 Rz 15).
3. Gesetzliche Vorgaben für die Anhörung, S 1 u 2.
Rn 30
Die Gestaltung der Kindesanhörung steht gem Abs 4 S 4 im Ermessen des Gerichts; das Gesetz enthält lediglich in Abs 4 S 1–3 Vorgaben. Gem Abs 4 S 1 soll das Kind in geeigneter Weise über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens informiert werden. Der konkrete Inhalt sowie der Umfang der Unterrichtung hängen insb davon ab, ob und inwieweit hierdurch Nachteile für das Kindeswohl, insb unter Berücksichtigung der Entwicklung, der Erziehung oder der Gesundheit des Kindes, zu befürchten sind, Abs 4 S 1 Hs 2). Nach S 2 ist dem Kind Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Die pe...