Gesetzestext
(1) 1In Verfahren nach § 1631e Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs erteilt das Gericht die Genehmigung im schriftlichen Verfahren, sofern die Eltern eine den Eingriff befürwortende Stellungnahme vorlegen und keine Gründe ersichtlich sind, die einer Genehmigung entgegenstehen. 2Wenn das Gericht im schriftlichen Verfahren entscheidet, soll es von der Anhörung des Jugendamts, der persönlichen Anhörung der Eltern und der Bestellung eines Verfahrensbeistands absehen. 3§ 162 ist nicht anwendbar.
(2) 1Legen die Eltern dem Gericht keine den Eingriff befürwortende Stellungnahme vor oder sind Gründe ersichtlich, die einer Genehmigung nach Absatz 1 entgegenstehen, erörtert das Gericht die Sache mit den Beteiligten in einem Termin. 2Das Gericht weist auf Möglichkeiten der Beratung durch die Beratungsstellen und Beratungsdienste der Träger der Kinder- und Jugendhilfe hin. 3Es kann anordnen, dass sich die Eltern über den Umgang mit Varianten der Geschlechtsentwicklung beraten lassen und dem Gericht eine Bestätigung hierüber vorlegen. 4Diese Anordnung ist nicht selbständig anfechtbar und nicht mit Zwangsmitteln durchsetzbar.
(3) 1Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Zuständigkeit für Verfahren nach den Absätzen 1 und 2 dem Familiengericht, in dessen Bezirk das Oberlandesgericht seinen Sitz hat, oder einem anderen Familiengericht zuzuweisen. 2Diese Ermächtigung kann von der jeweiligen Landesregierung auf die Landesjustizverwaltung übertragen werden. 3Mehrere Länder können die Zuständigkeit eines Gerichts für Verfahren nach dieser Vorschrift über die Landesgrenzen hinaus vereinbaren.
A. Allgemeines.
Rn 1
Die Vorschrift wurde aufgrund des Gesetzes zum Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung vom 12.5.21 (BGBl 2021 I, 1082) mWz 22.5.21 eingefügt. Durch die gesetzlichen Neuregelungen soll das Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung geschützt werden und diese Kinder vor unnötigen Behandlungen an den inneren und äußeren Geschlechtsmerkmalen bewahrt werden. Die neu in das BGB eingefügte Vorschrift des § 1631e BGB enthält ein Verbot zielgerichteter geschlechtsangleichender Behandlungen von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung, wobei es dabei auf die Art der Behandlung nicht ankommen soll. Eltern können nur dann in einen operativen Eingriff an den inneren oder äußeren Geschlechtsmerkmalen ihres Kindes, der eine Angleichung des körperlichen Erscheinungsbildes des Kindes an das des männlichen oder des weiblichen Geschlechts zur Folge haben könnte, einwilligen, wenn der Eingriff nicht bis zu einer späteren selbstbestimmten Entscheidung des Kindes aufgeschoben werden kann. Zudem bedarf die Einwilligung in einen solchen Eingriff grds der familiengerichtlichen Genehmigung. Sie ist zu erteilen, wenn der Eingriff dem Wohl des Kindes am besten entspricht (BTDrs 19/24686, 1). Die Voschrift des § 167b enthält die Umsetzung des Genehmigungsverfahrens. Dabei ist bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen ein vereinfachtes Verfahren vorgesehen (Abs 1), anderenfalls ist in einem regulären Verfahren zu entscheiden (Abs 2). Schließlich sieht die in Abs 3 enthaltene Regelung die Möglichkeit einer Konzentration der gerichtlichen Zuständigkeit durch Rechtsverordnung vor.
B. Die Vorschrift im Einzelnen.
I. Anwendungsbereich.
Rn 2
Gem § 1631e I BGB ist nunmehr klargestellt, dass die Personensorge der Eltern nicht das Recht umfasst, in eine Behandlung eines nicht einwilligungsfähigen Kindes mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung einzuwilligen oder selbst diese Behandlung durchzuführen, die allein in der Absicht erfolgt, das körperliche Erscheinungsbild des Kindes an das des männlichen oder des weiblichen Geschlechts anzugleichen, ohne dass ein weiterer Grund für die Behandlung hinzutritt. Gem § 1631e II 1 können die Eltern in operative Eingriffe an den inneren oder äußeren Geschlechtsmerkmalen des nicht einwilligungsfähigen Kindes mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung, die eine Angleichung des körperlichen Erscheinungsbilds des Kindes an das des männlichen oder des weiblichen Geschlechts zur Folge haben könnten und für die nicht bereits nach Abs 1 die Einwilligungsbefugnis fehlt, nur einwilligen, wenn der Eingriff nicht bis zu einer selbstbestimmten Entscheidung des Kindes aufgeschoben werden kann. Diese Einwilligung bedarf gem § 1361e III 1 BGB der Genehmigung des Familiengerichts, es sei denn, der operative Eingriff ist zur Abwehr einer Gefahr für das Leben oder für die Gesundheit des Kindes erforderlich und kann nicht bis zur Erteilung der Genehmigung aufgeschoben werden. Die Genehmigung ist gem § Abs. 3 S 2 zu erteilen, wenn der geplante Eingriff dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Legen die Eltern dem Familiengericht eine den Eingriff befürwortende Stellungnahme einer interdisziplinären Kommission iSv Abs 4 und 5 vor, wird vermutet, dass der geplante Eingriff dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
Rn 3
Wird die erforderliche Genehmigung weder eingeholt noch erteilt, bleibt der Eingr...