Rn 18
Die Auswahl eines Vormunds kann auch im einstweiligen Anordnungsverfahren gem §§ 49 ff erfolgen. Hierfür kann aufgrund der Neuregelungen deshalb ein Erfordernis bestehen, weil nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Ermittlungen des Gerichts bei der Auswahl eines geeigneten Vormunds dahingehend ausgeweitet werden sollen, dass unter allen möglichen Vormündern der Vormund ausgewählt werden soll, der am besten geeignet ist, für die Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen, vgl § 1778 I BGB. Eine Entscheidung im einstweiligen Anordnungsverfahren ermöglicht eine Entscheidung vor Abschluss sämtlicher, zur Verfügung stehender Ermittlungen, wenn hierfür ein dringendes Bedürfnis besteht. Das ist praktisch relevant bei einem Entzug des elterlichen Sorgerechts im einstweiligen Anordnungsverfahren.
Rn 19
Neben dieser verfahrensrechtlichen Möglichkeit der vorläufigen Bestellung eines Vormunds ermöglicht § 1781 I BGB die Bestellung eines vorläufigen Vormunds (vgl § 1774 II BGB), sofern die Ermittlungen zur Auswahl des geeigneten Vormunds, insb im persönlichen Umfeld des Mündels, noch nicht abgeschlossen sind oder ein vorübergehendes Hindernis für die Bestellung des Vormunds besteht (gem § 1813 I BGB ist diese Vorschrift auf eine Ergänzungspflegschaft entspr anwendbar). Durch die Bestellung eines vorläufigen Vormunds soll verhindert werden, dass die Gerichte ohne die gebotene umfassende eigene Prüfung der Empfehlung des Jugendamts folgen oder das Jugendamt als Amtsvormund bestellen (BTDr 19/24445 S 197). Gem § 1781 III 1 BGB muss das Familiengericht eine Auswahlentscheidung über den endgültigen Vormund spätestens 3 Monate nach der Bestellung des vorläufigen Vormunds treffen; diese Frist kann unter den Voraussetzungen des § 1781 III 2 BGB höchstens um weitere 3 Monate verlängert werden. Das Amt des vorläufigen Vormunds endet mit der Bestellung des endgültigen Vormunds. Insb ist das Verhältnis der Bestellung eines vorläufigen Vormunds zu der im einstweiligen Anordnungsverfahren ergehenden Entscheidung (nach § 6 RPflG häufig durch den Richter, vgl Rn 8) derzeit noch nicht geklärt (vgl hierzu zB Dürbeck NZFam 22, 1053, 1055).
Rn 20
Das Erfordernis für die Bestellung eines vorläufigen Vormunds iSv § 1781 BGB wird allenfalls in den seltenen Fällen bestehen, wenn im einstweiligen Anordnungsverfahren nach § 1666 BGB nicht zugleich ein Vormund ausgewählt worden ist, was jedoch unter Berücksichtigung der Vorgaben des BVerfG (FamRZ 15, 208, vgl Rn 8) krit zu sehen ist. Denn anderenfalls tritt auch die im einstweiligen Verfahren erfolgte Auswahlentscheidung gem § 56 I 1 mit Wirksamwerden einer anderen Entscheidung, regelmäßig der Entscheidung in der Hauptsache, außer Kraft, oftmals nicht viel später als nach Ablauf der Höchstfrist des § 1781 III 2 BGB. Zudem endet die vorläufige Vormundschaft nach § 1781 V BGB – auch nach Ablauf der in § 1781 III benannten Fristen – erst mit der Bestellung eines endgültigen Vormunds. Im Hauptsacheverfahren selbst besteht regelmäßig hinreichend Gelegenheit zu den für die Auswahlentscheidung erforderlichen Ermittlungen. Dabei wird verstärkt darauf zu achten sein, dass die Jugendämter ihrer sich aus § 53 I, II SGB VIII ergebenden Mitwirkungspflicht nachkommen und in ihren Berichten berücksichtigen. Denn nicht selten ist den Mitarbeitern gerade das familiäre Umfeld eines Kindes (oftmals über lange Jahre hinweg) gut vertraut.