Gesetzestext
(1) Der Vormund erhält eine Urkunde über seine Bestellung. Die Urkunde soll enthalten:
(2) Ist das Jugendamt nach § 1751 Absatz 1 Satz 2, § 1786 oder § 1787 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Vormund geworden, hat das Gericht ihm unverzüglich eine Bescheinigung über den Eintritt der Vormundschaft zu erteilen.
(3) Nach Beendigung seines Amtes hat der Vormund die Bestellungsurkunde oder die Bescheinigung zurückzugeben.
A. Allgemeines.
Rn 1
Die Vorschrift ersetzt die bislang in § 1791 BGB enthaltene Regelung zur Bestellungsurkunde, die aufgrund ihres verfahrensrechtlichen Inhalts in das FamFG übernommen wurde (BTDrs 19/24445, 328). Das in § 1791 I BGB aF verwendete, aber heute sonst nicht mehr gebräuchliche Wort ›Bestallung‹ (Staud/Veit § 1791 Rz 1) wurde in Abs 1 S 1 durch das Wort ›Bestellung‹ ersetzt. Abs 1 regelt den Inhalt der Bestellungsurkunde und orientiert sich dabei an der in § 290 I 2 enthaltenen Regelung zum Inhalt der Bestellungsurkunde des Betreuers. Abs 2 fasst die bislang in § 1791c III BGB aF und § 190 FamFG aF enthaltenen Regelungen zusammen und übernimmt diese umfassend in das FamFG. Abs 3 enthält die bislang in § 1893 II BGB aF geregelte Pflicht des Vormunds zur Rückgabe der Bestellungsurkunde iSv Abs 1 bzw der Bescheinigung iSv Abs 2 nach Beendigung der Vormundschaft.
B. Die Vorschrift im Einzelnen.
I. Bestellungsurkunde (Abs 1).
1. Zweck und Wirkung der Urkunde.
Rn 2
Die Übergabe der Bestellungsurkunde hat keine rechtliche Bedeutung und ist insb nicht konstitutiv für die Wirksamkeit der Vormundschaft; diese tritt gem § 168a II mit der Bekanntgabe des Bestellungsbeschlusses ein. Die Bestellungsurkunde dient dem Vormund als gerichtliches Zeugnis über die Vormundbestellung zum Nachweis seiner gesetzlichen Vertretungsmacht im Rechtsverkehr (BTDrs 19/24445, 328) und soll seine Amtsführung erleichtern (vgl zB MüKoBGB/Spickhoff § 1791 BGB aF Rz 1; Staud/Veit § 1791 BGB aF Rz 1). Sie ist aber kein amtlicher Ausweis zur Feststellung der Identität (BGH FamRZ 21, 1149 Rz 28 zur Bestallungsurkunde des Nachlasspflegers nach § 1791 BGB iVm § 1915 I 1 BGB aF, § 1813 BGB nf, § 1960 II BGB). Die Bestellungsurkunde ist auch kein Legitimationspapier iS einer Vollmachtsurkunde. Als öffentliche Urkunde iSv § 415 ZPO begründet sie lediglich den vollen Beweis hinsichtlich der Abgabe der beurkundeten Erklärung, nicht aber einen Rechtsschein für die Wirksamkeit der Bestellung oder das Fortbestehen des Amtes (MüKoBGB/Spickhoff § 1791 BGB aF Rz 4). Die Grundsätze zur Rechtsscheinhaftung gem §§ 170 ff BGB sind auf die Bestellungsurkunde nicht anwendbar (MüKoBGB/Spickhoff § 1791 BGB aF Rz 4; Staud/Veit § 1791 BGB aF Rz 8), sodass der gutgläubige Dritte, der sich aufgrund der eingesehenen Urkunde mit dem Vormund auf ein Rechtsgeschäft einlässt, gegen die Folgen eines inzwischen geänderten Umfangs der Vertretungsmacht nicht geschützt ist (Staud/Veit § 1791 BGB aF Rz 7); einen Schutz sichert allein die in Abs 3 geregelte Verpflichtung zur Rückgabe der Urkunde nach Beendigung der Vormundschaft. Tritt bei dem Dritten aufgrund unrichtiger Bestellungsurkunde ein Schaden ein, kommen nach § 839 BGB, Art 34 GG Amtshaftungsansprüche in Betracht.
Rn 3
Sind für ein Kind ausnahmsweise mehrere Vormünder bestellt, so erhält jeder von ihnen eine Bestellungsurkunde. Gem § 1775 I BGB können als Ausnahme von dem Grundsatz des Alleinvormunds (vgl zB BeckOK BGB/Bettin § 1775 Rz 1) Ehegatten bzw Lebenspartner (vgl § 21 LPartG) gemeinschaftlich zu Vormündern bestellt werden, die wie sorgeberechtigte Eltern nur gemeinschaftlich zur rechtlichen Vertretung des Mündels befugt sind. Bei Meinungsverschiedenheiten entscheidet das FamFG (§ 1793 Abs 1 Nr 1 (BeckOK BGB/Bettin § 1775 Rz 4).
Rn 4
Gem § 1775 II BGB ist als Regelfall die Bestellung eines Vormunds für mehrere Geschwister vorgesehen. In diesem Fall kann für die in der Sache selbstständigen Vormundschaften eine einzige Bestellungsurkunde ausgestellt werden (Staud/Veit § 1791 BGB aF Rz 3).
2. Form und Inhalt der Bestellungsurkunde.
Rn 5
Das Gesetz sieht zwar keine besonderen Formvorschriften vor, allerdings verlangt der Charakter als Urkunde Schriftform (BeckOK BGB/Bettin § 1791 BGB aF Rz 20; MüKoBGB/Spickhoff § 1791 BGB aF Rz 2).
Rn 6
§ 168 I 2 enthält Vorgaben über den notwendigen Inhalt der Urkunde und orientiert sich in Aufbau und Formulierung an der für Betreuungssachen geltenden Vorschrift des § 290.
Rn 7
Neben der genauen Bezeichnung von Mündel und Vormund (Abs 1 S 2 Nr 1) soll die Urkunde nach Abs 1 S 2 Nr 2 Angaben über etwaige Einschränkungen der Vertretungsmacht enthalten, die sich aus der Übertragung von Angelegenheiten auf einen zusätzlichen Pfleger nach § 1776 BGB oder eine nach § 1777 BGB als Pfleger bestellte Pflegeperson ergeben. Nach § 1776 BGB kann das Gericht bei Bestellung eines...