I. Verletzungshandlungen.
Rn 2
§ 1 GewSchG enthält eine verfahrensrechtliche Regelung zur Durchsetzung materiell-rechtlicher Unterlassungsansprüche (§§ 823, 1004 BGB) (BTDrs 14/5429, 12, 17, 27, 28, 41; Karlsr Beschl v 27.5.20 – 7 W 16/20, FamRZ 20, 1752; nachfolgend BGH Beschl v 21.10.20 – XII ZB 276/20, MDR 21, 51). Schutzmaßnahmen kommen danach in Betracht, wenn eine Person den Körper, die Gesundheit, die Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung (Hamm Beschl v 13.7.23 – 1 WF 93/23 = NJW 23, 2440 zur Veröffentlichung v Nacktaufnahmen im Internet) einer anderen Person widerrechtlich verletzt (§ 1 I 1 GewSchG) oder damit droht (§ 1 II 1 Nr 1 GewSchG; vgl KG v 8.2.23 – 16 UF 154/22), widerrechtlich u vorsätzlich in die Wohnung einer anderen Person eindringt (§ 1 II 1 Nr 2 lit a GewSchG) oder eine andere Person dadurch unzumutbar belästigt, dass sie ihr gg den ausdr erklärten Willen (vgl Frankf Beschl v 2.11.23 – 6 UF 168/23) wiederholt nachstellt oder sie unter Verwendung v Fernkommunikationsmitteln verfolgt (§ 1 II 1 Nr 2 lit b GewSchG). Eine Verletzung des allg Persönlichkeitsrechts reicht nicht aus. Bloße Beleidigungen oder Beschimpfungen rechtfertigen also keine Gewaltschutzanordnung (Karlsr Beschl v 17.5.16 – 7 W 12/16, FamRZ 16, 1863). Eine Anordnung nach dem GewSchG dient auch nicht der Durchsetzung beliebiger anderweitig gesetzlich angeordneter oder sonst wünschenswerter Verhaltensweisen im persönlichen Nahbereich (Celle Beschl v 19.5.12 – 10 UF 9/12, FuR 13, 115 = FamRZ 12, 1950).
II. Schutzmaßnahmen.
Rn 3
Die in Betracht kommenden Schutzanordnungen sind in § 1 I 3 GewSchG beispielhaft (›insbesondere‹) aufgeführt. Danach kann das FamG dem Täter verbieten, die Wohnung der verletzten Person zu betreten (§ 1 I 3 Nr 1 GewSchG), sich dieser Wohnung zu nähern (§ 1 I 3 Nr 2 GewSchG), andere Orte aufzusuchen, an denen sich die verletzte Person regelmäßig aufhält (§ 1 I 3 Nr 3 GewSchG), Kontakt mit der verletzten Person aufzunehmen (§ 1 I 3 Nr 4 GewSchG) oder ein Zusammentreffen mit ihr herbeizuführen (§ 1 I 3 Nr 5 GewSchG). Das Gericht kann darüber hinaus andere Verbote oder Verhaltensregeln anordnen, soweit sie für einen effektiven Opferschutz notwendig sind. Allerdings müssen die Maßnahmen verhältnismäßig sein. Das ist nur der Fall, wenn sie zur Abwendung weiterer Verletzungen erforderlich sind (§ 1 I 1 GewSchG). Bestehen Anhaltspunkte nur für bestimmte Arten v Verletzungsformen iSd § 1 I 1, II1 GewSchG, verbietet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, darüber hinausgehende Verbote anzuordnen (Hamm Beschl v 6.4.21 – 1 WF 153/20, juris; Karlsr Beschl v 10.4.2019 – 5 UF 46/19, NZFam 19, 560 = FamRB 19, 444). Die Anordnungen sind idR zu befristen (§ 1 I 2 GewSchG).