Gesetzestext
A. Normzweck/Regelungsinhalt.
Rn 1
§ 214a ist durch Art 3 des G zur Verbesserung des Schutzes gg Nachstellungen v 1.3.17 (BGBl I, 386) mWv 10.3.17 eingefügt worden. Die Vorschrift soll – zusammen mit der Ergänzung des § 4 GewSchG – eine Schutzlücke in der Systematik des Gewaltschutzes schließen, die sich daraus ergeben hat, dass nach § 4 GewSchG aF früher nur der Verstoß gg eine gerichtliche Gewaltschutzanordnung strafbewehrt war, nicht dagegen die Zuwiderhandlung gg einen in einer Gewaltschutzsache geschlossenen Vergleich der Beteiligten. Der Vergleich hat der geschädigten Person damit einen geringeren Schutz vermittelt als die gerichtliche Gewaltschutzanordnung. Andererseits ist auch in Gewaltschutzverfahren der Abschluss von Vergleichen oft sachgerecht, weil eine von den Beteiligten einvernehmlich getroffene Regelung besser als eine gerichtlich angeordnete Maßnahme dazu führen kann, dass sich der Täter an die Verpflichtungen hält u tatsächlich eine Befriedung des Konfliktes eintritt. Zudem können die Beteiligten selbst den Inhalt der Schutzmaßnahmen ihren persönlichen Sicherheitsbedürfnissen und Verhältnissen besser anpassen, als es dem Gericht möglich ist (BTDrs 18/9946, 15).
B. Voraussetzungen.
I. Vergleichsabschluss.
Rn 2
Voraussetzung für die gerichtliche Bestätigung ist zunächst der Abschluss eines Vergleichs iSv § 36. Das FamG darf in Gewaltschutzsachen nach § 36 I 2 zwar nicht auf einen Vergleich hinwirken; es kann einen Vergleich aber protokollieren, wenn die Beteiligten vergleichsbereit sind.
II. Anordnungsmöglichkeit.
Rn 3
Voraussetzung für die Bestätigung des Vergleichs ist weiter, dass das Gericht eine dem Vergleich entspr Maßnahme nach § 1 I, II 1 GewSchG auch hätte anordnen können.
1. Feststellung der Tat.
Rn 4
Das wiederum setzt die Feststellung voraus, dass die von der antragstellenden Person behauptete Handlung iSd § 1 GewSchG tatsächlich passiert ist. Daran scheitert die Bestätigung des Vergleichs in der Praxis in vielen Fällen mit der Folge, dass die Schutzfunktion der Regelung nicht erreicht wird. Denn insb in Fällen häuslicher Gewalt fehlen oft die für den Tatnachweis notwendigen Beweismittel.
2. Inhalt des Vergleichs.
Rn 5
Die im Vergleich vereinbarte Regelung muss außerdem hinreichend bestimmt sein. Eine Vereinbarung der Beteiligten, sich nicht zu bedrohen, zu verletzen oder körperlich zu misshandeln, ist hinreichend konkret u damit vollstreckbar. Dagegen ist die Regelung, sich ›zukünftig respektvoll zu verhalten, sich aus dem Weg zu gehen u bei zu klärenden Sachverhalten einen Rechtsanwalt einzuschalten‹, nicht hinreichend bestimmt (Hambg Beschl v 8.2.19 – 2 WF 19/19, FamRZ 19, 1449).
3. Befristung.
Rn 6
Die im Vergleich vereinbarten Schutzmaßnahmen müssen – von begründeten Ausnahmefällen abgesehen – wegen § 1 I 2 GewSchG grds befristet sein.
C. Bestätigung.
Rn 7
Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, muss das Gericht den Vergleich bestätigen. Das Gesetz räumt den FamG insoweit kein Ermessen ein. Die Bestätigung erfolgt durch Beschluss (§ 38 I 1), der unanfechtbar ist (§ 214a S 2). Auch die Ablehnung der Bestätigung ist unanfechtbar (Nürnbg Beschl v 15.3.22 – 11 UF 148/22, NZFam 22, 499–500 = MDR 22, 1166). Zweifel an der gerichtlichen Bestätigung des Vergleichs begründen ein Rechtsschutzbedürfnis für ein neues Gewaltschutzverfahren (Schlesw Beschl v 3.7.20 – 15 UF 4/20, FamRZ 20, 1835).
D. Vollstreckung.
Rn 8
Der Vergleich ist Vollstreckungstitel (§ 86 I Nr 3), u zwar – anders als bei § 156 II – auch ohne die gerichtliche Bestätigung (BGH Beschl v 10.7.19 – XII ZB 507/18, FuR 19, 670 = FamRZ 19, 1616; BTDrs 18/9946, 16). Er muss vor der Vollstreckung grds zugestellt werden (Kobl Beschl v 21.5.19 – 13 WF 399/19, FamRZ 19, 1947).
E. Mitteilungspflicht.
Rn 9
Nach § 216a S 3 muss das FamG den bestätigten Vergleich den in § 216a S 1 genannten Stellen mitteilen, insb der zuständigen Polizeibehörde.