1. Bedeutung für die Beschwerdebefugnis in Ehe- und Familienstreitsachen sowie in fG-Familiensachen.
Rn 14
In Ehe- u Familienstreitsachen (§ 112) sind infolge Annäherung des Verfahrens an jenes der ZPO trotz eines insoweit fehlenden Verweises in § 117 II die im dortigen Berufungsverfahren entwickelten Grundsätze zur Beschwer entspr heranzuziehen (Rn 2). Aus diesem Grund genügt für die Beschwerdebefugnis des ASt dessen formelle Beschwer. Diese liegt vor, wenn die angefochtene Entscheidung v den in der Instanz gestellten Anträgen abweicht (BGH NJW 04, 2019 [BGH 12.03.2004 - V ZR 37/03]). Beim Ag ist nach hM hingegen auf die materielle Beschwer abzustellen, dh auf einen nachteiligen Inhalt der Entscheidung (Rn 4). Zur Ehescheidung s Rn 16a. In fG-Familiensachen setzt die Beschwerdebefugnis in Antragsverfahren (§ 23 I) gem II bei Antragsabweisung (zur Antragstattgabe s Rn 16) ebf die formelle Beschwer voraus. Sie allein ist hier jedoch nicht ausreichend. Denn II begründet keine eigenständige Beschwerdeberechtigung, sondern begrenzt diese lediglich. Erforderlich ist damit zusätzlich auch eine materielle Beschwer (Rn 2 ff) nach I (BGH FamRZ 15, 1787). Eine Ausn besteht, wenn ein Antrag allein aus verfahrensrechtlichen Gründen abgewiesen wurde; dann eröffnet allein die darin begründete formelle Beschwer das Rechtsmittel, denn nur auf diese Weise kann das Fehlen der verfahrensrechtlichen Voraussetzung m einem Rechtsmittel nachgeprüft werden (BGH FamRZ 15, 1787). Zu den Antragsverfahren zählen nicht die Verfahren, die zwar auf Antrag, aber auch potenziell vAw eingeleitet werden können (§ 51 Rn 2; BGH FamRZ 17, 532: Umgang; Sternal/Sternal § 23 Rz 9).
2. Antragsabweisung.
Rn 15
Die formelle Beschwer wird durch jede Art der Antragsabweisung begründet. Dies gilt auch dann, wenn der Antrag lediglich aus verfahrensrechtlichen Gründen zurückgewiesen wurde; in diesem Fall folgt die Beschwerdebefugnis auch in fG-Familiensachen ausnw allein aus der formellen Beschwer (BGH FamRZ 15, 1787; Rn 14 aE). Hat das Gericht in einem Antragsverfahren nach übereinstimmender Nichtweiterverfolgung der gegenläufigen Anträge die Erledigung des Verfahrens festgestellt, begründet eine nach der Entscheidung eintretende veränderte Tatsachenlage, aufgrund derer ein Beteiligter nunmehr an seinem ursprünglichen Antrag festhalten möchte, keine Beschwerdebefugnis, da es an einer antragszurückweisenden Entscheidung fehlt (Brandbg FamRZ 13, 1328). Bejaht man die Anfechtbarkeit der ablehnenden Mitteilung nach § 24 II (s § 58 Rn 2), setzt die Beschwerdebefugnis voraus, dass der Anregende hierdurch in seinen subjektiven Rechten betroffen ist, also eine materielle Beschwer vorliegt (Kobl FamRZ 17, 898; Frankf FamRZ 22, 545).
3. Antragsstattgabe.
Rn 16
Nicht gesetzlich geregelt ist der Fall der Antragsstattgabe in Antragsverfahren. Nach hM bestimmt sich die Beschwerdebefugnis hier außerhalb der Familienstreitsachen (s Rn 2, 14) ausschl nach I; notwendig ist damit allein das Vorliegen einer materiellen Beschwer (Rn 3 ff) des ASt (Kobl FamRZ 20, 119; Sternal/Jokisch Rz 44; s.a. BGH FamRZ 19, 1616). Ob der erfolgreiche ASt Beschwerde zwecks Antragserweiterung oder -abänderung einlegen kann, ist somit allein Frage des Rechtsschutzbedürfnisses (Kobl FamRZ 20, 119; Sternal/Jokisch Rz 45; MüKoFamFG/Fischer Rz 115; aA wohl für Adoptionen BGH FamRZ 17, 1583). In Adoptionssachen zu § 197 III 1 s § 58 Rn 2.
4. Ehescheidung.
Rn 16a
Der beantragte Scheidungsausspruch kann m der Begründung angefochten werden, dass die Ehescheidung entgegen § 137 I vor Entscheidungsreife der Folgesachen oder entgegen § 140 II unter Auflösung des Scheidungsverbunds ausgesprochen wurde (BGH FamRZ 13, 1879). Ein zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Ehe eingelegtes Rechtsmittel ist auch ohne formelle Beschwer zulässig, wenn der ASt durch Rücknahme des Scheidungsantrags oder der erstinstanzlich noch der Scheidung zustimmende Ag nunmehr durch seinen Widerspruch zur Scheidung die Aufrechterhaltung der Ehe eindeutig u vorbehaltlos verfolgt (BGH FamRZ 21, 213; 13, 1336). Auf Seiten des Ag bedarf es hier zusätzlich einer materiellen Beschwer; diese folgt nicht allein aus der Verletzung v Verfahrensrechten, sondern erfordert die Verletzung des materiellen (Scheidungs-)Rechts (Kobl FamRZ 23, 73). Hat der Ag erstinstanzlich der Scheidung nicht zugestimmt, ist er durch diese bereits formell beschwert (BGH FamRZ 21, 213).