Rn 8
Das Verfahren für die Festsetzung von Ordnungsmitteln ist in § 92 geregelt. Es ergeht ein gerichtlicher Beschluss (§ 89 I 3), der mit der sofortigen Beschwerde nach § 87 IV angreifbar ist. Ob und in welchem Umfang bzw in welcher Höhe das Gericht ein Ordnungsmittel festsetzt, liegt in seinem Ermessen (Entschließungs- und Auswahlermessen, Kobl FamRZ 16, 1104).
Rn 9
Richtlinie für das gerichtliche Ermessen ist die Entscheidung des BVerfG (NJW 08, 1287 [BVerfG 01.04.2008 - 1 BvR 1620/04]), nach der eine zwangsweise Durchsetzung der Umgangspflicht mit einem umgangsunwilligen Elternteil idR nicht erfolgen soll, wenn nicht ausnahmsweise Anhaltspunkte dafür bestehen, dass auch der erzwungene Umgang dem Kindeswohl dient. Dies führt allerdings nicht dazu, dass bereits der Hinweis auf mögliche Ordnungsmittel nach § 89 II zu unterbleiben hat (BVerfG NZFam 22, 387). In der umgekehrten Situation, dass der Verpflichtete durch sein Verhalten einen Umgang des Kindes mit dem umgangswilligen anderen Elternteil verhindert, ist das gerichtliche Ermessen hingegen regelmäßig auf Null reduziert und ein Ordnungsmittel bei Vorliegen seiner Voraussetzungen durchzusetzen (Schlesw FamRZ 20, 1373, 1375 f; Brandbg FamRZ 21, 217; Haußleiter/Gomille Rz 3). Im Vollstreckungsverfahren ist zudem grds nicht zu prüfen, ob die im Erkenntnisverfahren getroffene Umgangsregelung dem Kindeswohl entspricht (Brandbg FamRZ 20, 44; Frankf FamRZ 22, 551; Celle FamRZ 23, 1224). Veränderte Umstände, die Auswirkungen auf das Kindeswohl haben und die getroffene Regelung nicht mehr praktikabel erscheinen lassen, können allerdings berücksichtigt werden (Hambg FamRZ 21, 1406).
Rn 10
Ein einzelnes Ordnungsgeld beträgt mindestens 5 und max 25.000 EUR (§ 89 III 1). Bei der Festsetzung des konkreten Betrages berücksichtigt das Gericht insb die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verpflichteten, aber auch das Maß des Verschuldens und die Bedeutsamkeit und Häufigkeit des Verstoßes (BayOblG FamRZ 93, 823, 825; Karlsr NJOZ 05, 1605, 1609; zu weiteren Kriterien Brandbg NJW-RR 20, 887). Ein in der Praxis üblicher Betrag bei einem ersten Verstoß ist 500 EUR (MüKoFamFG/Zimmermann Rz 21).
Rn 11
Für die Festsetzung der Ordnungshaft gelten die gleiche Ermessenserwägungen. Unter Umständen ist aber auch eine besondere ›Haftempfindlichkeit‹ des Verpflichteten zu berücksichtigen (Brandbg NJW-RR 20, 887 [OLG Brandenburg 05.06.2020 - 13 WF 100/20]). Die Dauer der Haft beträgt mindestens einen Tag und höchstens sechs Monate (§ 89 III 1 FamFG iVm § 802j I ZPO). Die Ordnungshaft soll insb dann festgesetzt werden, wenn ein Ordnungsgeld, etwa wegen der Vermögenslosigkeit des Verpflichteten oder aufgrund Kindesentziehung durch den nicht die elterliche Sorge ausübenden Verpflichteten (Elternteil) bei unbekanntem konkreten Aufenthaltsort des Kindes (hierzu Celle FamRZ 23, 527) keinen Erfolg verspricht (§ 89 I 2). Wird die Ordnungshaft originär festgesetzt, bedarf es für ihren Vollzug keines zusätzlichen Haftbefehls, der Erlass eines solchen ist jedoch nicht unzulässig (Celle NJW-RR 24, 7 [OLG Celle 29.08.2023 - 21 WF 64/23]). Die weiteren Einzelheiten der Durchsetzung und Durchführung der Ordnungshaft regeln die Vorschriften der ZPO, auf die § 89 III 2 FamFG verweist.
Rn 12
Auch im Zwangsvollstreckungsrecht gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, nach dem das Gericht zunächst das weniger einschneidende Mittel verwenden soll, hier also das Ordnungsgeld statt der Ordnungshaft und die Ordnungshaft statt des unmittelbaren Zwangs (BeckOKFamFG/Sieghörtner Rz 22). Die Ordnungshaft wird deshalb oft ersatzweise für den Fall angeordnet, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann oder auf den Verpflichteten keine Wirkung hat (s.a. Saarbr FamRZ 20, 701, 703). Gerade in Fällen der Kindesentführung durch den nichtsorgeberechtigten Elternteil kann die Ordnungshaft aber auch das von vornherein wesentlich geeignetere Mittel und daher auch ohne vorherige Festsetzung eines Ordnungsgeldes zulässig sein (vgl Hamm FamRZ 93, 1479).