Rn 17
Für die Geltendmachung von Verletzungen der Unabhängigkeit durch Maßnahmen der Dienstaufsicht durch den Richter gilt die Sonderzuweisung an die Richterdienstgerichte (§ 26 III DRiG). Diese haben aber nur darüber zu entscheiden, ob die Maßnahme der Dienstaufsicht, wozu auch dienstliche Beurteilungen und dazu abgegebene verhaltenskritische Stellungnahmen übergeordneter Dienstaufsichtsbehörden gehören (zB § 38 II VwGO), im konkreten Fall die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt (BGH DRiZ 02, 14; 11, 66). Die Zulässigkeit des Antrags erfordert, dass der Richter nachvollziehbar darlegt, dass eine Maßnahme der Dienstaufsicht vorliegt und dass diese seine richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt (BGH NJW-RR 11, 700 [BGH 20.01.2011 - RiZ(R) 1/10]). Eine allg Rechtskontrolle der Maßnahme in Bezug auf sonstige Rechtspositionen der Richter obliegt hingegen nur den Verwaltungsgerichten (BGH DRiZ 07, 143 [BGH 08.11.2006 - RiZ(R) 2/05]; NJW 06, 692 [BGH 05.10.2005 - RiZ(R) 5/04], ZBR 02, 215). Daher ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten, nicht zum Richterdienstgericht eröffnet, wenn sich der Richter gegen die Anordnung ärztlicher Untersuchung zur Ausräumung von Zweifeln an seiner Dienstfähigkeit unter Bezugnahme auf seine individuelle Rechtssphäre wendet, und zwar auch dann, wenn die Untersuchung der Klärung einer Vorfrage mit Blick auf eine vorzeitige Zurruhesetzung nach § 78 Nr 1d DRiG dient (BVerwG DÖD 10, 49 [BVerwG 17.09.2009 - BVerwG 2 B 69.09]; aA Schmidt-Räntsch § 78 Rz 17). Wegen der unterschiedlichen Streitgegenstände können beide Rechtsbehelfe gleichzeitig angebracht werden (BVerwGE 67, 222 ›Robenstreit‹). Maßnahmen der Dienstaufsicht unterliegen auch dann der Nachprüfung im Verfahren nach § 26 III DRiG, wenn sie eine nichtrichterliche dienstliche Tätigkeit oder ein außerdienstliches Verhalten (§ 39 DRiG) betreffen (BGH Urt v 12.5.11 – RiZ [R] 4/09 –; DRiZ 84, 282; 02, 14). Der Begriff der ›Maßnahme‹ ist iSe wirkungsvollen Schutzes der Unabhängigkeit weit zu fassen. Daher genügt jede, ggf auch nur eine mittelbare, Einflussnahme der die Dienstaufsicht führenden Stelle, bei der sich ein konkreter Bezug zur Tätigkeit des Richters feststellen lässt (BGHZ 93, 238; 113, 36; 176, 162; DRiZ 11, 66). Das schließt bspw die Billigung und den Einbau von Telefonanlagen mit automatischer Gesprächsdatenerfassung ein, die der Kontrolle der Richter dienen (dazu iE BGH NJW 95, 731 [BGH 24.11.1994 - RiZ (R) 4/94]) oder auch eine Verweigerung, dem Richter Eingaben zum elektronischen Handelsregister (§ 8 I HGB) in ausgedruckter Form zur Verfügung zu stellen, mit der Folge, dass er die Bearbeitung der Anträge am PC vornehmen oder die gewünschten Ausdrucke selbst herstellen muss (vgl dazu Rn 13). Eine aus Sicht des Richters unzureichende Ausstattung der Justiz durch den Haushaltsgesetzgeber stellt allerdings keine ›Maßnahme der Dienstaufsicht‹ dar und kann daher nicht Gegenstand eines Prüfungsantrags iSd § 26 III DRiG sein (BGH DVBl 05, 310). Der das staatliche Organisationsermessen beschränkende Grundsatz, wonach dieser alle ihm zumutbaren Maßnahmen zu treffen hat, um einer Überlastung von Gerichten vorzubeugen und ggf rechtzeitig Abhilfe zu schaffen, begründet kein subjektives Recht eines Richters auf verbesserte personelle Ausstattung ›seines‹ Gerichts (VG Saarlouis DRiZ 04, 80). Er hat generell keinen Anspruch gegen die Justizverwaltung auf Bereitstellung der nach seiner individuellen Einschätzung zur Ausschöpfung seiner richterlichen Unabhängigkeit erforderlichen sachlichen, institutionellen oder personellen Ausstattung (BGH NJW 05, 905 [BGH 03.11.2004 - RiZ (R) 2/03]), sondern lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Berücksichtigung bei der Zuteilung vorhandener Mittel (BGH NJW 03, 282 [BGH 25.09.2002 - Ri Z(R) 2/01]).