Rn 11

Der § 51 SGG enthält eine ggü der Generalklausel des § 40 VwGO umfangreiche enumerative Sonderzuweisung an die Sozialgerichte als besondere Verwaltungsgerichte für die dort genannten Streitigkeiten mit spezialgesetzlicher Ergänzungsmöglichkeit (§ 51 I Nr 10 SGG). Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken und sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden sind seit der Neufassung des § 69 S 1 SGB V durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung (GKVRefG 2000) v 22.12.99 (BGBl I 99, 2626) ausschl dem Öffentlichen Recht zugeordnet und fallen nach § 51 I SGG in die Zuständigkeit der Sozialgerichte (BSGE 89, 24 [BSG 25.09.2001 - B 3 KR 3/01 R]); das gilt auch für die bei Belieferung der Versicherten mit den vertragsärztlich verordneten Arzneimitteln zwischen Apotheker und der Krankenkasse abgeschlossenen Kaufverträge (BSGE 94, 213 [BSG 17.03.2005 - B 3 KR 2/05 R]) sowie umgekehrt für Klagen auf Rückzahlung an einen Apotheker entrichteter Vergütung wegen Abrechnung gefälschter Arzneimittelverordnungen (BSG Breith 08, 159). Entscheidend ist in dem Zusammenhang allein, ob es sich um ›Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung‹ handelt, nicht hingegen, ob die Streitigkeit öffentlich- oder privatrechtlicher Natur ist (BGH GRUR 04, 444, 07, 535 [BGH 04.12.2003 - I ZB 19/03]). Von einer Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 51 I Nr 2, II 1 SGG) ist immer auszugehen, wenn durch den Gegenstand des Streits Maßnahmen betroffen sind, die unmittelbar der Erfüllung der den Krankenkassen nach dem SGB V obliegenden öffentlich-rechtlichen Aufgaben dienen (BGH GRUR 03, 549 [BGH 19.12.2002 - I ZB 24/02]). Nach dieser Zuweisung entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit daher allg über Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung auch dann, wenn die Streitigkeiten deren privatrechtliche Ansprüche betreffen und jew auch insoweit, als Dritte betroffen sind. Damit sind die Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem SGB V umfassend zugewiesen. Das gilt zB auch für die Rechtsbeziehungen verschiedener Leistungserbringer untereinander, wie zB Auskunfts- und Schadensersatzansprüche von Vertragsärzten mit Blick auf ambulante Tätigkeiten eines Krankenhauses (BSG MedR 11, 677 [BSG 23.03.2011 - B 6 KA 11/10 R]). Wie bereits einleitend ausgeführt (vgl Rn 4), gehört dazu grds auch die Mitgliederwerbung durch die Kassen (BGH GRUR 98, 744 [BGH 15.01.1998 - I ZB 20/97]). Erfasst sind nach § 51 II SGG von der Zuständigkeit der Sozialgerichte auch privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), der sozialen Pflegeversicherung (SPV) und der privaten Pflegeversicherung (PPV), und zwar auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Hier kommt es somit nicht mehr auf den öffentlich-rechtlichen Charakter der Streitigkeit an, wenn feststeht, dass es sich um eine ›Angelegenheit‹ der GKV, SPV oder PPV handelt, d.h. eine Rechtsstreitigkeit aus dem öffentlich-rechtlichen Rechts- und Pflichtenkreis der Kassen (vgl BSG Beschl v 21.7.16 – B 3 SF 1/16 R – juris). Etwas anderes gilt ausn, wenn eine nach § 8 III Nr 2 bis 4 UWG klagebefugte Einrichtung sich gegen eine solche Maßnahme wendet und der wettbewerbsrechtliche Anspruch nicht auf eine Verletzung des SGB V, sondern ausschl auf wettbewerbsrechtliche Vorschriften gestützt wird (BGH VersR 07, 1246, Celle WRP 10, 1548). Nicht rein wettbewerbsrechtlich zu beurteilen ist aber eine Klage, mit der einem Krankenhausbetreiber Durchführung und Abrechnung radiologisch-diagnostischer Untersuchungen als ambulante Leistungen bei Krankheiten außerhalb des Katalogs nach § 116b III SGB V untersagt werden sollen, da darin ein Eingriff in den grds den niedergelassenen Ärzten zugewiesenen Bereich iR der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrags der Krankenkassen liegt (Schlesw KHR 10, 177, bestätigt durch BGH NJW 11, 3651 [BGH 17.08.2011 - I ZB 7/11]). Streitigkeiten um Auskunftsrechte einer Kartellbehörde ggü gesetzlichen Krankenkassen, die geeignet sind, deren Recht auf Selbstverwaltung einzuschränken, wie etwa ein Auskunftsbeschluss des Bundeskartellamts wegen angeblich abgestimmter Erhebung von Zusatzbeiträgen der Kassen betreffen das Rechtsverhältnis der Kasse als Träger der Sozialversicherung zur Staatsverwaltung; auch hierfür ist gem § 51 I Nr 2 SGG der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet (BSG GesR 11, 38), ebenso wie für Streitigkeiten über öffentlich geäußerte Kritik des Pflegeversicherungsträgers an der Qualität der Pflege in einer Pflegeeinrichtung (LSG Bln/Bbg Beschl v 29.1.14 – L 27 P 42/13 P – juris). In die Zuständigkeit der Zivilgerichte (§ 13 GVG) fallen nach diesen Maßstäben dagegen der Streit um die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit eines durch einen Apotheker ggü dem Kunden rezeptbezogen gewährten Bonus (BGH NJW 08, 1389 [BGH 30.01.2008 - I ZB 8/07]), wie überhaupt Streitigkeite...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge