a) Allgemeines.
Rn 18
Nr 10 sieht eine Zuständigkeit für ›sonstige Familiensachen‹, legaldefiniert im Katalog des § 266 FamFG, vor. Die Vorschrift bezweckt eine möglichst umfassende Begründung der Zuständigkeit für alle entsprechenden Streitigkeiten (BGH MDR 15, 1382 [BGH 16.09.2015 - XII ZB 340/14]; Schulte-Bunert/Weinreich/Breuers § 266 FamFG Rz 2). Bei den in § 266 I FamFG aufgeführten, nunmehr von der familiengerichtlichen Zuständigkeit erfassten Fallgruppen differenziert die Vorschrift zwischen Ansprüchen, die unmittelbar aus bestimmten familienrechtlichen Rechtsverhältnissen, wie der Ehe, dem Eltern-Kind-Verhältnis oder dem Umgangsrecht herrühren (§ 266 I Nr 2, 4 und 5 FamFG), und solchen zwischen Partnern (Ehegatten, Verlobten) im Zusammenhang mit der Beendigung der Partnerschaft (Ehe, Verlöbnis), z.B. bei der Rückabwicklung unbenannter Zuwendungen (Nürnbg FamRZ 12, 896). Außerdem werden nach § 266 I Nr 1 und 3 FamFG auch Ansprüche zwischen einem Ehegatten und dem Elternteil eines Ehegatten einbezogen. Auch Streitigkeiten nicht vermögensrechtlicher Natur können dann eine sonstige Familiensache darstellen, wenn die Voraussetzungen des § 266 FamFG gegeben sind; das kommt insbesondere bei dessen Nr 2 und 3 in Betracht.
b) Zu den Zuständigkeiten nach § 266 I Nr 1–5 FamFG im Einzelnen.
Rn 19
§ 266 I Nr 1 FamFG erfasst Streitigkeiten ›zwischen miteinander verlobten oder ehemals verlobten Personen im Zusammenhang mit der Beendigung des Verlöbnisses‹. Erfasst sind lediglich Ansprüche im Zusammenhang mit der Beendigung des Verlöbnisses (ausf dazu Bömelburg FF 14, 232, 234 f), denn aus einem Verlöbnis kann nicht auf Eingehung der Ehe geklagt werden, § 1297 BGB. Eine analoge Anwendung auf die Auflösung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, deren Partner nicht verlobt waren, scheidet mangels planwidriger Regelungslücke aus (Hahne/Schlögel/Schlünder, BeckOKFamFG, Rz 5). Bei Ersatzansprüchen nach §§ 1298, 1299 BGB werden auch Streitigkeiten mit Dritten, insb mit Eltern, erfasst, wie zB Ansprüche auf Rückgabe von Geschenken oder anderen Zuwendungen.
Rn 20
§ 266 I Nr 2 FamFG betrifft ›aus der Ehe herrührende Ansprüche‹. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Anspruch in der Ehe selbst seine Grundlage findet; der bloße Zusammenhang des geltend gemachten Anspruchs mit einer Ehe genügt hierfür nicht (BGH FamRZ 14, 746). Damit bezieht sich die Vorschrift in erster Linie auf aus §§ 1353 ff BGB hergeleitete Ansprüche zwischen Ehegatten aus der ehelichen Gemeinschaft (vgl dazu die ausf Bsp bei Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 7. Aufl, Rz 48). Das sind insb Mitwirkungsansprüche, zB an der gemeinsamen Steuerveranlagung, die vor Inkrafttreten des FamFG, anders als der Anspruch auf Zustimmung zum begrenzten Realsplitting, in die Zuständigkeit der Zivilgerichte fielen. Dazu gehören auch Ansprüche auf Mitwirkungshandlungen ggü Versicherungen, zB die Übertragung eines Schadensfreiheitsrabatts (Hamm NJW-RR 11, 127 [OLG Celle 18.03.2010 - 3 U 1/10]) oder Schadensersatzansprüche, wenn ein Ehegatte gegen die ihn nach § 1353 I S 2 BGB treffende Vermögensfürsorgepflicht verstößt, indem er heimlich die Hausratversicherung für die gemeinsame Ehewohnung auf eine allein in seinem Eigentum stehende Wohnung ummeldet und deshalb der aufgrund eines späteren Einbruchs in der Ehewohnung entwendete Hausrat nicht von der Versicherung ersetzt wird (Bremen Beschl v 19.9.14, 4 UF 40/14 – juris). Erfasst werden auch die Ansprüche, die das absolute Recht (§ 823 I BGB) zur ehelichen Lebensgemeinschaft schützen, wie Abwehr- und Unterlassungsansprüche gegen Störungen des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe ggü dem anderen Ehegatten wie auch ggü einem Dritten einschl entsprechender Schadensersatzansprüche (Bömelburg FF 14, 232, 236; einschr BGH FamRZ 14, 746 bei Äußerungen Dritter, die geeignet sind, die persönliche Beziehung zwischen den Ehegatten zu beeinträchtigen). Im Ergebnis gehören dazu auch Verfahren auf (Wieder-)Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft (Schulte-Bunert/Weinreich/Breuers § 266 FamFG Rz 16) oder Ansprüche auf (Wieder-)Herstellung der häuslichen Gemeinschaft (Bömelburg FF 14, 232, 235).
Rn 21
§ 266 I Nr 3 FamFG nennt ›Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oder ehemals miteinander verheirateten Personen oder zwischen einer solchen und einem Elternteil im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung oder Auflösung der Ehe‹ und stellt im Katalog des § 266 FamFG die praktisch bedeutsamste Variante dar. Das Tatbestandsmerkmal ›im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung‹ ist weit auszulegen, denn die vermögensrechtliche Auseinandersetzung zwischen den Ehegatten außerhalb des Güterrechts soll umfassend den Familiengerichten zugewiesen sein (BGH FamRZ 13, 281 f; BGH FamRZ 17, 1599). Die Einordnung dieser Fallgestaltungen als Familiensachen hängt davon ab, ob nach der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung ein inhaltlicher Zusammenhang der Streitigkeit mit der Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe besteht (BGH aaO). Dieser Zusammenhang kann sich auch erst aus einer Ges...