Gesetzestext
(1) Die Landgerichte werden mit einem Präsidenten sowie mit Vorsitzenden Richtern und weiteren Richtern besetzt.
(2) Den Richtern kann gleichzeitig ein weiteres Richteramt bei einem Amtsgericht übertragen werden.
(3) Es können Richter auf Probe und Richter kraft Auftrags verwendet werden.
A. Überblick.
Rn 1
Landgerichte sind eine Gerichtsart der ordentlichen Gerichtsbarkeit (§ 12). Ihre Einrichtung nach Zahl, Ort und Besetzung ist Aufgabe der Landesjustizverwaltungen. Insoweit gibt das GVG nur vor, dass in jedem Bundesland mindestens ein LG bestehen muss. Der hierzu nach der Kompetenzverteilung des GG berufene Landesgesetzgeber ist in der Ausgestaltung des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs und der damit einhergehenden Organisation der Gerichte weitgehend freigestellt (vgl BVerfGE 54, 277, 291; 107, 395, 402; BVerfG NJW 05, 1768 [BVerfG 24.01.2005 - 1 BvR 2653/03]; zu § 13a BVerfG 20.11.14 – 1 BvL 4/13). § 59 regelt lediglich, mit wem Landgerichte besetzt werden dürfen (zur Besetzung der Zivilkammern s § 75).
B. Besetzung.
Rn 2
Die Zahl der Richter, die dem LG zugewiesen werden, steht in einem Zusammenhang mit der Zahl der nach § 60 gebildeten Kammern. ›Es ist Sache der Landesjustizverwaltung, die Gerichte so mit Richtern zu versehen, daß das Präsidium die Zusammensetzung der Kammern und die gegenseitige Vertretung der Richter in dem allgemeinen Geschäftsverteilungsplan … in einer Weise ordnen kann, die wenigstens in der Regel durchführbar ist‹ (BGHSt 7, 205, 209). Das Gesetz unterscheidet in Abs 1 zwischen Präsidenten, Vorsitzenden Richtern sowie weiteren Richtern.
I. Präsident.
Rn 3
Präsidenten (Präsidentinnen) sind durch die Landesgesetze zur Verwaltung und Dienstaufsicht berufen (vgl etwa §§ 16, 17 AGGVG BW; Art 19, 20 AGGVG Bay; §§ 20 ff AGGVG Nds). § 59 hingegen spricht ausschließlich ihre Tätigkeit im Richteramt an (s Rn 4). Darüber hinaus weist das Gesetz den Präsidenten in §§ 21a ff eine eigene Rolle mit Rechten und Pflichten in der Selbstverwaltung zu. Verwaltungsaufgaben und Rspr stehen in keinem reibungsfreien Verhältnis. Ist der Präsident zB in einer Notarkostensache auch als Verwaltungsorgan eingebunden, kann dies auf seine Aufgabe als Richter ausstrahlen, mit der Folge, dass der Präsident von einer Entscheidung über die Sache ausgeschlossen ist (BayObLG NJW 86, 1622 [OLG Frankfurt am Main 28.11.1985 - 6 U 167/84]; Frankf OLGR 93, 239).
II. Vorsitzende Richter und weitere Richter.
Rn 4
Vorsitzende Richter haben in ihren Spruchkörpern Leitungsfunktionen (vgl Karlsr NJW-RR 20, 636, 637 [OLG Karlsruhe 30.01.2020 - 2 UF 136/18]). Insofern verlangt § 21f I, dass Vorsitzende Richter den Anforderungen an den Status genügen und als solche ernannt sind (vgl BGHZ 95, 246; Rostock OLGR 08, 254), dh als Vorsitzender Richter am LG, Vizepräsident oder Präsident des LG (vgl § 19a I DRiG). Nicht notwendig muss die Zahl der Vorsitzenden Richter der Zahl der Kammern entsprechen, weil ein Vorsitzender Richter zugleich mehreren Kammern vorsitzen kann. Nach Abs 1 muss mindestens ein Vorsitzender Richter pro LG zugewiesen werden. – Der Begriff ›weitere Richter‹ meint hingegen alle anderen Richter, denen ein konkretes Richteramt an diesem LG übertragen ist. Grds sind dies Richter auf Lebenszeit (§§ 10, 28 I DRiG), Ausnahmen gestattet Abs 3.
C. Weiteres Richteramt.
Rn 5
Abs 2 ermöglicht die Übertragung eines weiteren Richteramtes (vgl § 22 II für Richter am AG). Die richterliche Unabhängigkeit steht einer freien Versetzung oder Abordnung der Richter entgegen. Die Verleihung eines weiteren Richteramtes (§ 27 II DRiG) ist ein vom Gesetz vorgesehenes Mittel iRd Gerichtsorganisation. Möglich ist bei Richtern am LG einschließlich der Vorsitzenden die Verleihung eines weiteren Richteramtes an einem AG im Geschäftsbereich des Dienstherrn, nicht eine solche an einem anderen LG. Landesrechtliche Bestimmungen können weitere Beschränkungen enthalten (zB § 6 HessRiG). – Abs 2 spricht nicht die Übertragung eines weiteren Richteramtes in einer anderen Gerichtsbarkeit an. Diese wirft besondere Probleme auf (vgl BFHE 263, 317 [BFH 14.03.2019 - V B 34/17] Rz 14 ff), weil sich Belange einer kostensparenden Gerichtsorganisation mit der Unabhängigkeit reiben (vgl Mackenroth DRiZ 09, 79, 83 f; Roller/Stadler DRiZ 09, 223; Stadler SächsVBl 09, 6). Hinzu kommt, dass die fortschreitende Spezialisierung einer universellen Einsetzbarkeit widerstreitet.
D. Richter auf Probe und kraft Auftrags.
Rn 6
Abs 3 erlaubt abweichend von § 28 I DRiG, Richter auf Probe (§ 12 DRiG) und Richter kraft Auftrags (§ 14 DRiG) an Landgerichten einzusetzen, nicht aber Richter auf Zeit (§ 11 DRiG). § 37 DRiG erlaubt darüber hinaus auf bestimmte Zeit die Verstärkung eines Gerichts im Wege von Abordnungen. Alle Formen der Beiordnung sind nur in begründeten Ausnahmefällen und nur befristet zulässig (§ 70 Rn 3–5). Einschränkungen der Verwendung ergeben sich insb aus § 28 II 2 DRiG, § 29 DRiG und § 348 I 2 Nr 1 ZPO.