Gesetzestext
(1) Eine Verbandsklage ist nur zulässig, wenn die klageberechtigte Stelle nachvollziehbar darlegt, dass
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von der Abhilfeklage Ansprüche von mindestens 50 Verbrauchern betroffen sein können oder |
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von den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage die Ansprüche oder Rechtsverhältnisse von mindestens 50 Verbrauchern abhängen können. |
Im Fall des § 7 Absatz 1 ist die Gesamtzahl der von der gemeinschaftlichen Klage betroffenen Verbraucher maßgeblich.
(2) Eine Verbandsklage ist unzulässig, wenn sie von einem Dritten finanziert wird,
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der ein Wettbewerber des verklagten Unternehmers ist, |
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der vom verklagten Unternehmer abhängig ist, |
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dem ein wirtschaftlicher Anteil an der vom verklagten Unternehmer zu erbringenden Leistung von mehr als 10 Prozent versprochen ist oder |
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von dem zu erwarten ist, dass der die Prozessführung der klageberechtigten Stelle, einschließlich Entscheidungen über Vergleiche, zu Lasten der Verbraucher beeinflussen wird. |
(3) Mit Klageeinreichung hat die klageberechtigte Stelle dem Gericht die Herkunft der Mittel, mit denen die Klage finanziert wird, offenzulegen. Wird die Klage durch einen Dritten finanziert, sind darüber hinaus die mit dem finanzierenden Dritten getroffenen Vereinbarungen offenzulegen. Dies gilt auch in den Fällen, in denen die Finanzierung der Klage erst nach Klageeinreichung erfolgt.
A. Quorum (Abs 1).
Rn 1
Die Darlegung der Betroffenheit von 50 Verbrauchern setzt nicht voraus, dass diese namentlich benannt würden (BTDrs 20/6520, 71), sondern kann zB auch durch Verweis auf Medienberichte erfolgen.
B. Finanzierung der Klage.
I. Drittfinanzierung (Abs 2).
Rn 2
Aus Abs 2 lässt sich zunächst entnehmen, dass eine Drittfinanzierung von Verbandsklagen im Grundsatz zulässig ist. Ob es passende Finanzierungsmodelle gibt, bleibt abzuwarten. Da der Verband aus der Verbandsklage nichts erhält, kann er dem Finanzierer auch nichts versprechen. Denkbar wäre eine Beschränkung der Klage auf solche Verbraucher, die selbst einen Vertrag mit dem Finanzierer schließen; dies entspräche einem in Australien verbreiteten Modell (dazu Voit 294 ff).
Rn 3
Weiterhin sind die Verbotstatbestände des Abs 2 Nr 1–4 zu beachten. Davon führt besonders die in Nr 3 geregelte Beschränkung auf einen maximalen Anteil von 10 % zu einer erheblichen Erschwerung, da dies deutlich unterhalb der marktüblichen Sätze liegt. Der Gesetzgeber greift hier in ungewöhnlicher Weise in die Privatautonomie ein und verhindert eine marktgerechte Preisbildung (vgl insg zur Prozessfinanzierung Gsell/Meller-Hannich/Stadler JZ 23, 989; Perner VersR 23, 1329).
Rn 4
Das in Abs 2 Nr 4 enthaltene Verbot der Beeinflussung zulasten der Verbraucher bedeutet nicht, dass der Finanzierer gar keinen Einfluss auf die Prozessführung haben darf; dies wäre weder üblich noch realistisch. Vielmehr muss der Finanzierungsvertrag einen Mechanismus enthalten, mit dem die Interessen der Verbraucher ausreichend geschützt werden, etwa durch Beratung oder Entscheidung eines objektiven Dritten (vgl Ziff 13 des Code of Conduct for Litigation Funders der englischen Association of Litigation Funders).
II. Offenlegung der Finanzierung (Abs 3).
Rn 5
Finanziert der Verbandskläger die Klage aus eigenen Mitteln, so reicht eine entsprechende Mitteilung aus. Es sind keine betriebswirtschaftlichen Analysen nötig, warum der Kläger sich diese Klage leisten kann.
Rn 6
Bei Drittfinanzierung sind die Vereinbarungen mit dem Dritten dem Gericht gegenüber offenzulegen. Dies dient der Beurteilung der Zulässigkeitsregeln des Abs 2 durch das Gericht. Dem Beklagten ist dazu rechtliches Gehör zu gewähren. Dies heißt nicht, dass der Beklagte Einsicht in das gesamte Vertragswerk erhalten muss; wohl aber muss das Gericht dem Beklagten mitteilen, auf welche Gesichtspunkte es seine Entscheidung zur Zulässigkeit der Klage im Hinblick auf die Kriterien des Abs 2 stützen möchte.