1. Rechtsstreitigkeit.
Rn 9
Bezugspunkte einer Schiedsvereinbarung sind nach dem Gesetzeswortlaut eine einzelne oder alle Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien. Dabei kann der Begriff der Streitigkeit jede Auseinandersetzung betreffen, die Parteien einem gerichtlichen Verfahren unterstellen. Ein Streit ist bereits dann zu bejahen, wenn die Parteien einen vollstreckbaren Schiedsspruch erlangen wollen, selbst wenn durch außergerichtliche Vereinbarung der eigentliche Streit bereits bereinigt ist. In jedem Falle muss der Streit aber eine rechtliche Komponente aufweisen. Ohne Bedeutung ist es, ob das Rechtsverhältnis der Streitparteien vertraglicher oder nicht vertraglicher Natur ist; ebenso ohne Bedeutung ist es, ob der Streit bereits entstanden ist oder ob ein Streit in einer Rechtsfrage künftig entstehen könnte.
2. Bestimmtheit des Streitverhältnisses.
Rn 10
Die Schiedsvereinbarung muss notwendigerweise diese einzelne oder alle Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien aus einem bestimmten Rechtsverhältnis in Bezug nehmen. Daraus ergibt sich, dass das konkret in Bezug genommene Streitverhältnis durch die Vereinbarung genau bestimmt werden muss. So muss im Falle eines Rechtsstreits vor staatlichen Gerichten und der Erhebung der Einrede der Schiedsvereinbarung (§ 1032 I) das staatliche Gericht durch Vergleich des Streitgegenstandes mit der Schiedsvereinbarung exakt feststellen können, ob der Streitgegenstand identisch mit dem Gegenstand der Schiedsvereinbarung ist. Für unzulässig angesehen werden deshalb Schiedsklauseln, die ohne jede Differenzierung für alle denkbaren Streitfragen zwischen den Parteien gegeben sein sollen (Musielak/Voit/Voit § 1029 Rz 16). Ebenfalls unzulässig wäre eine Klausel über ›alle Streitigkeiten aus künftigen Lieferungen‹ (MüKoZPO/Münch § 1029 Rz 33). Werden dagegen die Streitigkeiten an alle Rechtsfragen aus einem bestimmten Vertrag angeknüpft oder werden sie an ein bestimmtes Gesellschaftsverhältnis gebunden oder werden Streitigkeiten aus mehreren, völlig gleichgelagerten Verträgen einer Schiedsklausel unterworfen, so ist diese wirksam. Eine Schiedsvereinbarung, nach der alle Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit einem Vertrag durch ein Schiedsgericht zu entscheiden sind, erstreckt sich im Zweifel auch auf Streitigkeiten, die die Gültigkeit und das Bestehen des Vertrags sowie die bei Unwirksamkeit oder Beendigung des Vertrags bestehenden Ansprüche betreffen (BGH EWiR 19, 317). Enthält ein Rahmenvertrag eine umfassende Schiedsklausel, so unterliegen die Ansprüche aus den einzelnen Ausführungsverträgen ebenfalls der Schiedsbindung (München EWiR 19, 31).
3. Übertragung auf ein Schiedsgericht.
Rn 11
Weiterer entscheidender Aspekt einer Schiedsvereinbarung ist die vertragliche Festlegung, dass die einzelne genannte Streitigkeit oder die zulässigerweise in Bezug genommenen vielen Streitigkeiten der Entscheidung durch ein Schiedsgericht unterworfen werden. Mit dieser Unterwerfung muss gemeint und gewollt sein, dass das Schiedsgericht den Rechtsstreit vollständig und unter Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit entscheidet. Daher liegt keine wirksame Schiedsvereinbarung iSv § 1029 vor, wenn sich die Vereinbarung nur auf ein bestimmtes Vertragselement bezieht (dann Schiedsgutachten, s.o. § 1025 Rn 24) oder wenn die Vereinbarung den Streit einer Institution zur Entscheidung überweist, die nur in einem vorgeschalteten Verfahren den Rechtstreit entscheiden soll und gegen deren Entscheidung die Anrufung der staatlichen Gerichte möglich ist (dann Schlichtungseinrichtung, s.o. § 1025 Rn 23). Der Parteiwille für eine Schiedsvereinbarung muss feststehen. Es genügt daher nicht eine Regelung, wonach die Parteien die Anrufung eines Schiedsgerichts ›anstreben‹ (BGH SchiedsVZ 16, 42 [BGH 11.12.2014 - I ZB 23/14]).
Unabhängig vom Kriterium der Übertragung eines Rechtsstreits an das Schiedsgericht unter Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit benötigen Schiedsgerichte zu ihrer wirksamen Installierung weitere Voraussetzungen (§§ 1034 ff). Die Übertragung eines Rechtsstreits an ein Gremium unter Ausschluss des Rechtswegs zu den staatlichen Gerichten lässt also nicht ohne weiteres und in jedem Falle eine wirksame Schiedsabrede bejahen. Zu Recht hat der BGH in Fällen, in denen ein durch die Mitgliederversammlung eines Vereins bestelltes Gremium über den Ausschluss aus dem Verein entscheidet und die Entscheidung durch dieses Gremium selbst vollzogen werden sollte, nicht als echtes unabhängiges Schiedsgericht angesehen, obwohl die Vereinssatzung den Rechtsweg ausschloss (BGH NJW 04, 2226 [BGH 27.05.2004 - III ZB 53/03]). Im Ergebnis bedeutet dies, dass der notwendige Inhalt einer wirksamen Schiedsvereinbarung oder einer einseitigen Schiedsklausel (§ 1066) nicht zwingend zu einem echten Schiedsgericht führt, wenn die Merkmale für dessen Einordnung als Gericht im materiellen Sinn nicht gegeben sind.
4. Freiwilligkeit.
Rn 12
Aus dem Wesen der in § 1029 zugrunde gelegten Vereinbarung ergibt sich zwingend, dass die Vertragsparteien die Schiedsklauseln nach ihrem freien Willen und aufgrund freier Willensbildung abschließen...