Prof. Hilmar Raeschke-Kessler
Rn 53
Das vom Schiedsgericht anzuwendende Verfahren richtet sich nach § 1042 iVm einer vom Schiedsgericht etwa anzuwendenden Schiedsgerichtsordnung (vgl BGH 29.3.18 – I ZB 75/16, juris Rz 3). Aus § 1027 folgt, dass nur solche Verfahrensfehler nach § 1059 II 1d zur Aufhebung des Schiedsspruchs führen können, die der Partei bei Erlass des Schiedsspruchs nicht bekannt waren und nicht bekannt sein mussten und die sie deswegen nicht ggü dem Schiedsgericht rügen konnte. Das gilt zB für den Schiedsspruch ohne Begründung, § 1059 II, oder eine Billigkeitsentscheidung entgegen § 1051 III 1. Keine Billigkeitsentscheidung liegt vor, wenn ein Schiedsgericht die Schadenshöhe unter Würdigung aller Umstände nach den Maßstäben von § 287 I 1 geschätzt hat (BGH NJW-RR 16, 892 [BGH 10.03.2016 - I ZB 99/14] Rz 27). Hat die Partei im Schiedsverfahren einen Mangel rechtzeitig gerügt, das Schiedsgericht den Fehler aber nicht beseitigt, ist der Schiedsspruch aufzuheben, wenn er sich auf den Schiedsspruch ausgewirkt haben kann (BGH SchiedsVZ 09, 126 [BGH 15.01.2009 - III ZB 83/07] Rz 7). Das Verfahrensermessen des Schiedsgerichts aus § 1042 IV wird durch den verfahrensrechtlichen ordre public begrenzt (BGH 14.2.19 – I ZB 33/18 juris Rz 8). Hierzu gehört der Anspruch auf rechtliches Gehör oder das Gebot der Gleichbehandlung der Parteien.
Rn 54
Wird ein Verstoß des Schiedsgerichts gegen eine Parteivereinbarung über das Verfahren, § 1042 III, gerügt, hat das Gericht nach den allgemeinen Regeln, §§ 145 ff BGB, zu prüfen, ob eine Vereinbarung wirksam abgeschlossen ist, und deren Inhalt zu bestimmen, §§ 133, 157 BGB. Ein Verstoß führt nur dann zur Aufhebung, wenn das Schiedsgericht von der Vereinbarung Kenntnis erhalten hatte bzw Kenntnis haben musste, gegen sie verstoßen hat und der Verstoß sich auf den Schiedsspruch ausgewirkt haben kann. Das OLG Frankfurt hatte eine Parteivereinbarung über das Verfahren bei einer englischsprachigen Verfügung nach § 1042 III angenommen, in der das Schiedsgericht die Worte ›as agreed‹ oder ›by agreement‹ verwendet hatte (SchiedsVZ 13, 54 f).
Die Begründung des Schiedsspruchs, § 1054 II, muss Mindestanforderungen entsprechen. Das Schiedsgericht muss auf die zentralen Fragen eingehen, die aus seiner Sicht für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sind und es muss zu den wesentlichen Angriffs- und Verteidigungsmitteln der Parteien Stellung nehmen. Aber nur erhebliche gerügte Begründungsfehler führen zu einer Aufhebung nach § 1059 II 1 d) (BGH 9.12.21 – I ZB 21/21, juris Rz 51 f).
Rn 54a
Nach § 1054 III ist im Schiedsspruch der Ort des Schiedsverfahrens anzugeben. Fehlt die Angabe des Ortes, ist dies kein Aufhebungsgrund, wenn sich der Ort in den staatlichen Verfahren nach §§ 1059, 1060 feststellen lässt oder dort unstreitig geblieben ist (BGH 25.2.21 – I ZB 37/20, juris Rz 12 f)
Rn 55
Haben die Parteien dem Schiedsgericht die Entscheidung über einen Streit aus einer Verfahrensvereinbarung zugewiesen, muss der Richter das Verbot einer révision au fond (§ 1059 Rn 15) beachten. Der Schiedsspruch ist dann nur aufzuheben, wenn er gegen den ordre public, § 1059 II 2b), verstößt.
Rn 55a
Weigert sich ein Schiedsrichter an der Abstimmung über den Schiedsspruch teilzunehmen, weil er die Sache für noch nicht entscheidungsreif hält, muss das Schiedsgericht zuvor darüber abstimmen, ob es die Sache mehrheitlich für entscheidungsreif hält. Diese Abstimmung kann auch ohne den sich weigernden Schiedsrichter stattfinden, muss ihm aber zuvor angekündigt worden sein. Nur dann ist der Weg für die Mehrheit frei, über § 1052 II ohne den verweigernden Schiedsrichter den Schiedsspruch zu erlassen (BGH 12.1.23 – I ZB 41/22, juris Rz 23 ff).