Prof. Hilmar Raeschke-Kessler
Rn 10
Die Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs erfolgt nach § 1061 und damit über das UNÜ. Das Verfahren nach § 1061 gewährleistet die sachgerechte Kontrolle des Schiedsspruchs anhand von Art V UNÜ. Das Gericht hat den Schiedsspruch eines privaten Schiedsgerichts mit Sitz im Ausland anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären, wenn keine Versagungsgründe aus Art V UNÜ entgegenstehen. Art V UNÜ enthält jedoch keine Regelung, nach der ein erfolgloser Aufhebungsantrag im Ursprungsstaat für das deutsche Gericht eine eigenständige Prüfung der Versagungsgründe aus Art V Abs 1 und 2 ausschließt (BGH 9.3.23 – I ZB 33/22, juris Rz 46).
Der für Schiedssachen im internationalen Sport zuständige CAS mit Sitz in Lausanne/Schweiz ist ein echtes Schiedsgericht (BGH SchiedsVZ 16, 218 [BGH 07.06.2016 - KZR 6/15], Rz 23 ff).
Rn 11
Auf der Grundlage des UNÜ haben die Gerichte Schiedssprüche von Schiedsgerichten mit Sitz im Ausland für vollstreckbar zu erklären, die auf der Grundlage bilateraler oder multilateraler Investitionsschutzverträge – ISV ergangen sind. Derartige völkerrechtliche Abkommen enthalten regelmäßig eine Schiedsklausel zu Gunsten ausländischer Investoren für Streitigkeiten zwischen dem Gaststaat und dem Investor über die vom Gaststaat geschuldete Entschädigung bei Enteignung und enteignungsgleichem Eingriff. Deutschland hat 131 bilaterale Investitionsschutzabkommen mit fremden Staaten abgeschlossen (s BGBl II 2013, Fundstellennachweis B, Sachgebiet VI 10, S 963). ISV-Schiedssprüche weisen einen engen Bezug zum Völkerrecht auf. Sie werden jedoch wie private Schiedssprüche aus der internationalen Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit im Verfahren nach § 1061 anerkannt und für vollstreckbar erklärt (Bsp: BGH 6.10.16 – I ZB 13/15, juris, Vollstreckbarerklärung eines schweizerischen Schiedsspruchs nach dem deutsch-thailändischen ISV von 2002). Als Folge des Achmea-Urteils des EuGH hat die EU 2020 ein Übereinkommen zur Beendigung bilateraler ISV zwischen den Mitgliedstaaten geschlossen (BGBl II 21, S 3). EuGH und BGH haben inzwischen die Achmea-Rspr auf intra-EU Schiedsverfahren ausgedehnt, deren Schiedsvereinbarungen auf dem ECT oder dem ICSID-Übereinkommen beruhen (s § 1059 Rn 37 f). Schiedsvereinbarungen in ISV-Verträgen, sind seitdem rückwirkend unwirksam. ISV-Schiedssprüche aus einem Verfahren zwischen Mitgliedstaat und einem Investor aus einem anderen Mitgliedstaat können daher nicht mehr nach § 1061 für vollstreckbar erklärt werden. Eine Vollstreckbarerklärung wäre ein Verstoß gegen den deutschen und den EU-rechtlichen ordre public nach § 1059 II 2b (s Rn 63).
Rn 12
Bei der zulässigen Vollstreckung aus dem Schiedsspruch gegen in Deutschland gelegenes Vermögen eines ausländischen Staates kann sich der Staat erfolgreich auf die aus dem Völkerrecht stammende Vollstreckungsimmunität beruft, die Bestandteil der allgemeinen Staatenimmunität ist (BGH WM 10, 84 Rz 16 ff). Das Gericht hat bei der Entscheidung, ob die Sache oder die Forderung, in die vollstreckt werden soll, der Staatenimmunität unterliegt, die gegenüber dem Heimatstaat des Investors die völkerrechtliche Verpflichtung des verurteilten Gaststaats aus dem ISV zu berücksichtigen, dem Investor nach rechtskräftiger Verurteilung durch ein Schiedsgericht Schadensersatz zu leisten (str).