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Der Antrag auf Bewilligung von VKH für ein Trennungsunterhaltsverfahren kann nicht deshalb als mutwillig zurückgewiesen werden, weil bereits einmal eine einstweilige Anordnung auf Zahlung von Unterhalt im Scheidungsverfahren erwirkt, und diese durch Rücknahme des Scheidungsantrags durch der Unterhaltsgläubiger wirkungslos wurde (Schlesw OLGR 01, 214). Auch bei regelmäßigen Zahlungen besteht für den Unterhaltsgläubiger regelmäßig ein Interesse an einer Titulierung des Unterhalts. Für den Unterhaltsanspruch von Kindern unter 21 Jahren und für den Unterhaltsanspruch nach § 1615l BGB besteht gem § 59 I 1 Nr 3 bzw Nr 4 SGB VIII die Möglichkeit, kostenfrei eine vollstreckbare Urkunde beim Jugendamt zu errichten. Dementsprechend ist der Unterhaltsgläubiger verpflichtet, vom Unterhaltsschuldner außergerichtlich die Errichtung der Urkunde zu verlangen. Ansonsten hat der Antragsgegner keine Veranlassung zur Antragserhebung gegeben, wenn er den Anspruch sofort anerkennt (BGH FamRZ 10, 195). Der Unterhaltsgläubiger handelt also mutwillig, wenn er in einem solchen Fall VKH begehrt (Kobl OLGR 06, 961). Ist ein VKH-Antrag entscheidungsreif, bevor der Unterhaltsschuldner die Urkunde errichtet hat, und hatte ihn der Unterhaltsgläubiger hierzu aufgefordert, so wird angenommen, dass VKH zu bewilligen ist, auch wenn sich das Verfahren erledigt hat (Bambg OLGR 99, 219). Ansonsten ist der Unterhaltsschuldner nicht verpflichtet, die Kosten für eine Titulierung zu übernehmen. Einer VKH-Bewilligung kann es indes entgegenstehen, dass der Schuldner erklärt hat, an einer außergerichtlichen Titulierung bei Kostenübernahme durch den Gläubiger mitzuwirken. Bei einer erfolgten außergerichtlichen Einigung bereits vor der Antragserhebung und regelmäßiger Zahlung ist davon auszugehen, dass der Antragsgegner den Anspruch sofort anerkennen wird, dementsprechend der Antragsteller mit den Verfahrenskosten gem § 243 FamFG iVm § 93 ZPO belastet wäre. Ein vernünftig denkender, nicht bedürftiger Beteiligter würde in einem solchen Fall von der Antragserhebung absehen (Hamm NJW 07, 1758). Hat der Unterhaltsschuldner die Titulierung nur eines Teilbetrages angeboten, so besteht das Bedürfnis nach einer vollen Titulierung. Dem Unterhaltsgläubiger ist es nicht zuzumuten, in einem solchen Fall mit zwei Titeln arbeiten zu müssen (KG FamRZ 16, 1892). Kommt der Sozialhilfeträger nach eingehender Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Unterhaltsschuldners zu dem Ergebnis, dass dieser leistungsunfähig ist, und wird der Unterhaltsgläubiger auch weiterhin fortlaufend Sozialleistungen beziehen, die den Unterhaltsanspruch übersteigen, so ist ein Antrag auf Bewilligung von VKH des Unterhaltsgläubigers für einen Unterhaltsantrag mutwillig (Kobl OLGR 04, 343). Es ist in voller Höhe VKH zu bewilligen, auch wenn tw gezahlt wird. Das gilt auch dann, wenn der Unterhaltsschuldner bereit ist, einen Teil der Forderung freiwillig titulieren zu lassen. Wegen der zu erwartenden Schwierigkeiten der Zwangsvollstreckung aus zwei unterschiedlichen Titeln würde in einem solchen Fall auch ein nicht bedürftiger Unterhaltsgläubiger den Unterhalt in einem Verfahren titulieren lassen (vgl BGH FamRZ 10, 195 zu § 93; Kobl FamRZ 06, 96; Naumbg OLGR Naumbg 06, 893; Hamm FamRZ 06, 627, anders noch Hamm FamRZ 92, 577). Teilweise wird aber die Auffassung vertreten, ein Antrag auf den vollen Unterhalt sei bei freiwillig gezahltem Sockelbetrag mutwillig, wenn der Unterhaltsschuldner zur freiwilligen Titulierung des Unterhalts nicht aufgefordert worden sei (Karlsr FamRZ 02, 542). VKH könne daher nur dann bewilligt werden, wenn der Unterhaltsschuldner einer außergerichtlichen Aufforderung zur freiwilligen Titulierung nicht nachgekommen sei (Karlsr FamRZ 03, 102; Nürnbg FPR 02, 542; Oldbg FamRZ 03, 1575, differenzierend Karlsr FamRZ 03, 1763). Dem ist nur zu folgen, wenn der Unterhaltsschuldner eine Möglichkeit zur kostenfreien Titulierung des Sockelbetrages hat, wie dies beim Unterhaltsanspruch nach § 1615l BGB und beim Unterhaltsanspruch des Kindes unter 21 Jahren wegen § 59 I 1 Nr 3 bzw 4 SGB VIII der Fall ist. Anders ist die Lage hingegen, wenn der Unterhaltsschuldner – wie beim Ehegattenunterhalt – zu solch kostenfreier Titulierung keine Möglichkeit hat. Denn der Unterhaltsschuldner ist nicht verpflichtet, eine außergerichtliche Titulierung auf seine Kosten vorzunehmen (so aber Nürnbg FPR 02, 542; Oldbg FamRZ 03, 1575; dagegen zu Recht Karlsr FamRZ 09, 361). Soweit der bedürftige Unterhaltsgläubiger darauf verwiesen wird, beim Notar PKH für die Titulierung des Sockelbetrages in notarieller Urkunde zu beantragen (§ 17 II BNotO), ist dies abzulehnen, weil dann wieder zwei Titel geschaffen würden, was der BGH dem nicht VKH-bedürftigen Unterhaltsgläubiger gerade nicht zumutet, zumal eine solche Vorgehensweise unpraktikabel und langwierig ist, was mit der notwendigen schnellen Durchsetzbarkeit des Unterhalts nicht vereinbar ist. Etwas anderes gilt freilich, wenn nur der freiwillig gezahlte...