Rn 10
Die PKH kann aufgehoben werden, wenn die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat.
1. Objektiver Tatbestand.
Rn 11
Es werden nur unrichtige Angaben berücksichtigt, die die Partei in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gem §§ 115, 117 gemacht hat. Berücksichtigt werden fehlerhafte Angaben über das Einkommen. Auch die Zahl der Unterhaltsberechtigten ist ein Entscheidungskriterium, ebenso wie die Höhe der geleisteten Unterhaltszahlungen. Die Aufhebung ist weiter berechtigt, wenn der Antragsteller aus grober Nachlässigkeit die Frage nach Grundvermögen und den daraus erzielten Mieteinnahmen wie auch zur Veräußerung oder Kreditaufnahme verneint hat (Ddorf JurBüro 86, 296). Sparguthaben ist anzugeben, auch wenn die Partei der Meinung ist, Sparguthaben nicht einsetzen zu müssen, da ihr mitberechtigter Ehemann den Zugriff verweigert (Brandbg Beschl v 25.9.06 – 9 WF 226/06 –). Hier ist streitig, ob bei Vorliegen der objektiven Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH der Vorschrift ebenfalls Sanktionscharakter zukommt. Das wird tw verneint (s.o.). Teilweise wird vertreten, dass aufgrund des eingeräumten Ermessens darauf abzustellen sei, dass auch nach Berichtigung der Angaben die tatsächlichen Verhältnisse mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden können. Sei dies der Fall, so sei der Partei die PKH zu belassen. Seien die tatsächlichen Verhältnisse aber nicht festzustellen, wobei die Darlegungslast insoweit die Partei treffe, so sei die PKH aufzuheben, ohne dass es sich dabei um eine Sanktion handele (Zweibr FamRZ 08, 160). Dem kann jedenfalls für den Fall nicht zugestimmt werden, dass bei einer von vornherein richtigen Angabe der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eine PKH-Bewilligung nicht erfolgt wäre. Nach zutreffender Ansicht kommt Nr 2 1. Alt. insoweit Strafcharakter zu. Die Aufhebung der PKH wegen absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit falsch gemachter Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen setzt nicht voraus, dass die falschen Angaben zu einer objektiv falschen Bewilligung geführt haben, diese also auf den Falschangaben beruht (BGH NJW 13, 68 [BGH 10.10.2012 - IV ZB 16/12])
Rn 12
Ein neuer Antrag nach wegen unrichtiger Angaben erfolgter Aufhebung der Bewilligung ist möglich – trotz des Sanktionscharakters (BGH FamRZ 18, 605) – mit Wirkung ab der neuen Antragstellung.
2. Subjektive Voraussetzungen.
Rn 13
Auf subjektiver Seite ist erforderlich, dass die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit falsche Angaben gemacht hat. Absicht liegt vor, wenn die Partei mit dem Motiv handelte, eine fehlerhafte Bewilligungsentscheidung herbeizuführen. Direkter Vorsatz ist der auf diesen Erfolg gerichtete Wille in dem Bewusstsein, dass die falschen Angaben eine unrichtige Bewilligungsentscheidung auslösen können. Bedingter Vorsatz genügt, dafür ist der Erfolgswillen nicht erforderlich, es reicht aus, dass der Antragsteller in dem Bewusstsein gehandelt hat, seine falschen Angaben könnten zu einer fehlerhaften Bewilligung führen und dass er diesen Erfolg billigend in Kauf genommen hat (Zö/Schultzky Rz 8). Grobe Nachlässigkeit liegt vor, wenn die Partei die jedem einleuchtende Sorgfalt bei der Zusammenstellung ihrer Angaben außer Acht gelassen hat, so wie bei der Nichtangabe von Vermögenswerten im Rahmen, der das Schonvermögen weit übersteigt (Kobl Beschl v 2.6.21 – 9 WF 262/21, juris). Nicht, wenn eine rechtlich ungebildete Person einen Darlehensrückzahlungsanspruch, der erst in einigen Jahren fällig wird, außer Acht gelassen hat (Köln FamRZ 88, 705). Grobe Nachlässigkeit kann angenommen werden, wenn nicht nachvollziehbar ist, weshalb es zu Falschangaben kam. Außerdem, wenn solche Angaben und Lücken bei sorgfältigem Ausfüllen des Formulars einfach nicht vorkommen können (Zimmermann Rz 463). Grobe Nachlässigkeit kann auch angenommen werden, wenn die Partei eine Unfallrente nicht angibt, weil sie davon ausgeht, dass die Rente durch entsprechende Aufwendungen aufgezehrt wird (Brandbg FamRZ 06, 213). Wenn das Formular nicht vollständig ausgefüllt ist, wenn also weder Ja noch Nein angekreuzt ist, ist im Einzelfall zu prüfen, ob hier eine unrichtige Angabe vorliegt oder ob das Gericht hätte nachfragen müssen. In einem solchen Fall kann es sich um ein bloßes Übersehen der Position handeln. Schlichtes Vergessen reicht nicht aus (Frankf MDR 19, 1476). Im Bewilligungsverfahren ist § 124 I Nr 2 nicht anzuwenden (Kobl FamRZ 19, 1940; Karlsr NJW-RR 2014, 1403).