I. Inhalt und Bedeutung.
Rn 4
Im Gegensatz zu den vorbereitenden Schriftsätzen enthalten die bestimmenden Schriftsätze solche Parteierklärungen, die mit der Einreichung bzw Zustellung als Prozesshandlung wirksam werden. Die bestimmenden Schriftsätze sind also im Prozess von zentraler Bedeutung. Sie eröffnen entweder eine neue Prozesslage (Klage, Einspruch, Rechtsmittel, Streitverkündung) oder sie beenden eine bestimmte Prozesslage (Klagerücknahme, Erledigungserklärung, Verzicht). Daneben werden die ein Vorbringen an sich nur ankündigenden Schriftsätze in dem Augenblick zu bestimmenden Schriftsätzen, in dem ein schriftliches Verfahren (etwa § 128 II) angeordnet ist. In diesem Verfahrensabschnitt wird auch schriftliches Vorbringen prozessual sogleich wirksam. Gleiches gilt für alle Anträge, die keine mündliche Verhandlung erfordern (§§ 44 ff, 117f, 269 II, 920f, 935 ff).
II. Gesetzliche Regelung.
Rn 5
Auf bestimmende Schriftsätze ist § 129 nicht anzuwenden. Die §§ 130 ff werden tw im Wege der Analogie herangezogen (St/J/Kern § 129 Rz 7). Eine generelle Regelung für bestimmende Schriftsätze enthält die ZPO nicht. Zu beachten sind aber vielfältige Vorschriften im Einzelfall (§§ 253 II, 340 II, III, 519 II, 520 III, 524 III, 549 I, 551 III, 554 III, 585, 587). Teilweise wird in einzelnen Vorschriften auf die allgemeinen Regelungen über vorbereitende Schriftsätze verwiesen (§§ 253 IV, 519 IV, 520 IV, 575 IV).
III. Form.
Rn 6
Wegen ihrer zentralen Bedeutung für das Verfahren kommt der Form der bestimmenden Schriftsätze in der Praxis oftmals eine ausschlaggebende Bedeutung zu. So ergibt sich für die Klageschrift aus §§ 253, 130 eine genaue Regelung nicht nur des Inhalts, sondern auch der Form (§ 130 Nr 6). Im Wesentlichen sind es zwei Probleme, die der Praxis seit jeher Schwierigkeiten bereiten, die Unterschrift unter einen bestimmenden Schriftsatz (s.u. Rn 7) sowie die Art der technischen Übermittlung (s.u. Rn 12 f). Das Aktenzeichen ist nicht Teil der Form des Schriftsatzes (BVerfG NJW 13, 925 [BVerfG 12.12.2012 - 2 BvR 1294/10]).
IV. Unterschrift.
1. Erfordernis.
Rn 7
Nach stRspr und der von dieser Rspr immer wieder bestätigten aktuellen Gesetzeslage bedürfen bestimmende Schriftsätze der eigenhändigen Unterschrift der Person, die für den Schriftsatz verantwortlich zeichnet. Für die Klageschrift ist auf §§ 130 Nr 6, 253 IV zu verweisen, für die Berufung auf §§ 519 IV, 520 V und für die Revision auf die §§ 549 II, 551 IV.
Einerseits hat die Rspr im Grundsatz ihre strenge Auffassung stets bekräftigt, wonach die Urschrift eines bestimmenden Schriftsatzes der eigenhändigen Unterschrift bedarf, die durch Faksimile-Stempel oder andere technische Hilfen nicht ersetzt werden kann, andererseits sind von diesem Grundsatz eine Fülle von Ausnahmen und Ergänzungen zugelassen worden (zu diesem Widerspruch Salamon NZA 09, 1249). Diese Formenstrenge überrascht, weil sie sich in zentraler Weise auf eine Sollvorschrift stützt (§ 130 Nr 6), auf die die einzelnen Vorschriften für die Klageschrift und die Rechtsmittel verweisen. Dieser Gesetzeswortlaut und die vielfältigen Ausnahmen von der eigenen Unterschrift (Telegramm, Fernschreiber, Telefax, Computerfax, E-Post-Brief) legen gewisse Einschränkungen der Formenstrenge nahe. Auch der Gesetzgeber hat mit der Neufassung des § 130 Nr 6 die Auslegung der Rspr keineswegs bestätigt (Prütting FS Vollkommer 06, 283, 286; aA St/J/Kern § 130 Rz 16). Bis heute macht demgegenüber die Rspr geltend, der Zweck der Unterzeichnung, die Übernahme der Verantwortung für den Inhalt eines bestimmenden Schriftsatzes mache ein zwingendes Formerfordernis notwendig. Das ist vielfach und mit guten Gründen bestritten worden (grdl Vollkommer; Heinemann).
2. Eigenhändigkeit.
Rn 8
Die Rspr verlangt eine eigenhändige Originalunterschrift. Sie hält damit weiterhin einen Faksimile-Stempel für unzulässig, ebenso eine maschinenschriftliche Unterschrift, eine unbeglaubigte Kopie oder eine Vervielfältigung durch Matrize (BAG NJW 19, 698; NJW 09, 3596; BGH NJW 05, 2086, BGH VersR 92, 76; BGH NJW 62, 1505). Nicht ausreichend ist nach BGH auch die Blanko-Unterschrift (BGH NJW 05, 2709; aA BGH NJW 12, 3378 = FamRZ 12, 1935, wenn der Schriftsatz vom Rechtsanwalt so genau festgelegt war, dass eine eigenverantwortliche Prüfung bejaht werden kann). Selbst eine Unterschrift unter den fertigen Text, die ohne eigene Prüfung des Textes geleistet wurde, soll nicht ausreichend sein (BGH NJW-RR 06, 342 [BGH 22.11.2005 - VIII ZB 40/05]); nicht ausreichend ist ferner aus einem Blankoexemplar ausgeschnittene und auf die Fax-Vorlage geklebte Unterschrift (BGH NJW 15, 3246 [BGH 27.08.2015 - III ZB 60/14]). Demgegenüber hat der GemS-OGB bestimmende Schriftsätze durch Computerfax mit eingescannter Unterschrift oder mit dem Hinweis auf die im Hinblick auf die Übertragungsart fehlende Unterschrift für zulässig angesehen (GemS-OGB NJW 00, 2340 [GmSOGB 05.04.2000 - GmS-OGB 1/98]). Diese Rspr hat den Gesetzgeber veranlasst, weitergehende Regelungen in der ZPO zu unterlassen. Denn eine eingescannte Unterschrift iRd Computerfax stellt zweifellos keine eigenhändige Unt...