Gesetzestext

 

Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen.

A. Normzweck und Entstehung.

 

Rn 1

Die Norm (durch G v 10.10.13, BGBl I 3786 eingefügt) ist am 1.1.22 in Kraft getreten. Nunmehr müssen alle Dokumente zwingend elektronisch eingereicht werden. Der Gesetzgber hat damit die Einführung der digitalen Kommunikation zwischen Anwaltschaft und Gericht erzwungen. Dies ist Teil des gesetzgeberischen Programms für einen Zehn-Jahres-Plan aus dem Jahre 2013 (zu den Einzelheiten s § 128a Rn 2). Ziel der Norm ist der umfassende Übergang zum elektronischen Rechtsverkehr und zu einer elektronischen Aktenführung, ohne dass eine Konvertierung der Dokumente erforderlich wäre, wie dies § 298a II vorsieht (St/J/Kern § 130d Rz 1). Die Einhaltung der Norm ist nicht verzichtbar (BGH ZInsO 22, 2579). Der Zwang zur digitalen Kommunikation betrifft nur die Anwaltsseite. Eine Pflicht des Gerichts besteht bisher nicht.

B. Personeller Anwendungsbereich.

 

Rn 2

Der Zwang zur Nutzung einer Übermittlung elektronischer Dokumente betrifft zunächst alle Rechtsanwälte, Syndikusanwälte, Behörden, juristische Personen des Öffentlichen Rechts sowie deren jeweilige Zusammenschlüsse. Die Pflicht zur elektronischen Übermittlumg gilt auch dann, wenn ein Rechtsanwalt einen Schriftsatz im Verfahren ohne Anwaltszwang übermittelt (LG Düsseldorf AnwBl 22, 689; Frankf NJW 22, 3371 [OLG Frankfurt am Main 27.07.2022 - 26 W 4/22]). Die Pflicht besteht auch bei Rechtsanwälten, die als Insolvenzverwalter tätig sind (so nunmehr auch BGH 24.11.22 – IX ZB 11/22, ZIP 23, 92; AG Hamburg NZI 22, 382; Büttner ZInsO 22, 277; aA Kollbach ZInsO 22, 624). Verfasst ein Rechtsanwalt einen Schriftsatz in eigener Angelegenheit, so ist § 130d ebenfalls anzuwenden (LG Düsseldorf AnwBl 22, 689). Auch beim Auftrag zur Zustellung an den Gerichtsvollzieher ist § 130d anzuwenden (AG Tübingen BeckRS 22, 27829; aA AG Ulm DGVZ 22, 267).

C. Sachlicher Anwendungsbereich.

 

Rn 3

Die Nutzungspflicht bezieht sich auf alle vorbereitenden Schriftsätze und deren Anlagen sowie auf alle Anträge und Erklärungen des Rechtsanwalts. Will ein Rechtsanwalt einen bereits eingereichten Schriftsatz in korrigierter, verbesserter oder erweiterter Form bei Gericht einreichen, so ist § 130d ebenfalls anzuwenden. Die früher geübte Handlungsweise, direkt zum Termin einen neuen Schriftsatz mitzubringen und dem Gericht und der Gegenseite in Papierform zu übergeben, ist nunmehr durch § 130d ausgeschlossen (aA Hettenbach/Müller NJW 22, 815, die § 130d insoweit teleologisch reduzieren wollen).

D. Verfahren.

 

Rn 4

Das Dokument muss als PDF-Format gespeichert werden und einen Dateinamen enthalten. Das Dokument muss entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein (§ 130a III) oder es muss mit einfacher Signatur auf einem sicheren elektronischen Übermittlungsweg eingereicht werden (§ 130a III, IV). Als solche sicheren Übermittlungswege nennt § 130a IV sechs Möglichkeiten, insb das beondere elektronische Anwaltspostfach (beA) gem § 130a IV Nr 2 mit §§ 31a, 31b BRAO. Wird eine Klage, ein Rechtsmittel oder ein sonstiger bestimmender Schriftsatz ohne die elektronische Übermittlung bei Gericht eingereicht, wäre die Klage als unzulässig abzuweisen, das Rechtsmittel zu verwerfen und der sonstige Schriftsatz als formunwirksam zu behandeln und daher unbeachtlich (BGH ZInsO 22, 2579 Rz 14; LG Frankfurt MDR 22, 393). Die Beachtung der Form des § 130d ist eine in allen Instanzen vAw zu prüfende Wirksamkeitsvoraussetzung (BGH ZInsO 22, 2579 Rz 14).

E. Verhalten bei technischer Störung.

 

Rn 5

§ 130d S 2 ermöglicht eine Ersatzeinreichung auf herkömmlichem Weg, wenn eine elektronische Einreichung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist (Biallaß NJW 23, 25). Keine Unmöglichkeit aus technischen Gründen stellt es dar, wenn der Rechtsanwalt einen Anwendungs- oder Bedienungsfehler macht (Bacher MDR 22, 1441, 1444) oder wenn ein gesundheitliches Problem des Rechtsanwalts den Zugang zu den Kanzleiräumen verhindert (KG MDR 22, 914 = FamRZ 22, 1220). Liegt eine technische Störung vor, so ist die vorübergehende Unmöglichkeit zusammen mit der Ersatzeinreichung (BGH AnwBl 23, 174 [BGH 17.11.2022 - IX ZB 17/22]) oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen (§ 294). Unverzüglich bedeutet ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 I BGB) und ist eng auszulegen (BGH AnwBl 23, 175). Eine Glaubhaftmachung 20 Tage nach der Ersatzeinreichung ist nicht mehr unverzüglich (KG FamRZ 22, 1220), ebenfalls nicht 3,5 Wochen nach der Ersatzeinreichung (BGH NJW 22, 3647 = MDR ...

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