I. Person der Anordnung.
Rn 3
Nach dem eindeutigen Wortlaut kann das Gericht ggü beiden Parteien und ggü jeder dritten Person die Vorlage einer Urkunde vAw anordnen. Die Anordnung ist auch ggü einem Streithelfer möglich. Eine Einschränkung bei den Parteien auf denjenigen, der die Beweislast für die in der Urkunde enthaltene Tatsache trägt, findet nicht statt.
II. Gegenstand der Vorlage.
Rn 4
Das Gesetz nennt als Gegenstand der Vorlage Urkunden und sonstige Unterlagen. Bei Urkunden gilt der zivilprozessuale Urkundenbegriff der §§ 415 ff. Sonstige Unterlagen beziehen sich insb auf diejenigen Papiere, die der Gesetzeswortlaut des § 142 vor 2002 aufgezählt hatte, nämlich Stammbäume, Pläne, Risse und sonstige Zeichnungen. Der Begriff der sonstigen Unterlagen geht allerdings weiter und kann neben allen in Papierform existierenden Unterlagen auch elektronisch gespeicherte Informationen erfassen. Zur Vorlage von Akten s § 143. Zur Vorlage von Gegenständen, die iRe Augenscheins von Bedeutung sein können, s § 144. Zur Vorlage von Handelsbüchern sind die speziellen Normen der §§ 102, 258–261 HGB heranzuziehen.
III. Besitz.
Rn 5
Vom Gericht angeordnet werden kann die Vorlage einer Urkunde, die sich im Besitz der Person befindet, ggü der die Anordnung ergeht. Mit dem Begriff des Besitzes sind die §§ 854, 855, 868 BGB in Bezug genommen. Gemeint ist also sowohl der unmittelbare wie der mittelbare Besitz. Dagegen kann sich eine Anordnung nicht an den Besitzdiener richten (§ 855 BGB). Der Erbenbesitz (§ 857 BGB) ist ein rein fiktiver Besitz und ist in § 142 nicht angesprochen. Die Normvoraussetzung des Besitzes macht deutlich, dass eine Anordnung der Vorlegung nicht in Betracht kommt, wenn die jeweilige Urkunde oder sonstige Unterlage noch nicht existiert, sondern von der Partei erst anzufertigen wäre.
IV. Bezugnahme.
Rn 6
Abs 1 sieht vor, dass eine Anordnung nur dann ergehen kann, wenn sich eine Partei auf die Urkunde bezogen hat. Ohne Bezugnahme ist eine Anordnung nach § 142 ebenso ausgeschlossen wie nach § 273 II Nr 5 und nach § 423. Der Wortlaut der Norm lässt es eindeutig genügen, dass irgendeine Partei auf das Papier Bezug genommen hat. Diese Bezugnahme muss freilich iRd Tatsachenvortrags einer Partei unter Begrenzung durch den Streitgegenstand erfolgen. Auf eine Bezugnahme auf Sachverhaltselemente, die außerhalb des eingeklagten Streitgegenstandes liegen, kann eine Anordnungspflicht nicht gestützt werden. Bezugnahme bedeutet, dass die Partei in einem Schriftsatz oder in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich auf eine Urkunde hinweist, deren Existenz sich aus ihrem Vortrag ergibt, deren unmittelbaren oder mittelbaren Besitz bei einer Partei oder einem Dritten sie mit guten Gründen annehmen darf und deren Inhalt für den Streitgegenstand relevant ist. Damit setzt die Bezugnahme eine genaue Substantiierung des Tatsachenvortrags bzgl der Urkunde voraus (s.u. Rn 7). Die Bezugnahme muss so deutlich und individuell sein, dass für die die Urkunde besitzende Partei die Identifizierung der vorzulegenden Urkunde oder Unterlage leicht möglich ist. Nicht ausreichend ist als Bezugnahme eine Spekulation, dass eine bestimmte Art von Urkunde oder Unterlage in einer bestimmten Situation üblicherweise erstellt würde, so dass sie auch im konkreten Fall existieren müsste (Musielak/Voit/Stadler § 142 Rz 4). Nicht von § 142 erfasst ist eine prozessuale Auskunftspflicht der Partei darüber, welche erheblichen Urkunden und Unterlagen in ihrem Besitz vorhanden sind. Im selbstständigen Beweisverfahren kommt die Anordnung der Urkundenvorlage nicht in Betracht.
V. Substantiierung des Tatsachenvortrags.
Rn 7
Aus dem Begriff der Bezugnahme und der vom Normzweck zwingend veranlassten Begrenzung der Vorlage von Urkunden, die sich auf den Streitgegenstand beziehen, ist zugleich eine genaue Substantiierung des Tatsachenvortrags derjenigen Partei zu fordern, die nicht im Besitz der Urkunde ist (BGH NJW 17, 3304 [BGH 16.03.2017 - I ZR 205/15]). Basis dieser Voraussetzung ist die für die beweisbelastete Partei grds erforderliche Behauptungs- oder Darlegungslast und für die Gegenpartei die sich aus § 138 II ergebende Erklärungs- und Substantiierungslast. So wie iRd mündlichen Verhandlung das Gericht nach dem Kenntnisstand der Parteien eine möglichst exakte Substantiierung von Anspruchsbegründung und Einwendungen verlangen kann und muss, so kann das Verlangen auf Einsicht in eine Urkunde ebenfalls nur auf in gleicher Weise substantiiert vorgetragenen Tatsachenvortrag gestützt werden. Ausgeschlossen wäre es zB, dass ein Autofahrer, der mit seinem PKW einen Unfall erlitten hat, den Hersteller auf Schadensersatz verklagt und die Vorlage sämtlicher Testergebnisse, Kunden- und Händlerbeschwerden verlangt (Wagner JZ 07, 706, 713).
VI. Ausforschungsverbot.
Rn 8
Eng verknüpft mit den Voraussetzungen der Bezugnahme und der Substantiierung des Tatsachenvortrags ist das im Normzweck von § 142 enthaltene Ausforschungsverbot. Bereits nach allgemeinen Regeln ist ein ausforschender Beweisantrag unzulässig (vgl Chudoba 1993). Es ist also weder zulässig, ein Begehren nach § 142 zu stellen, obgleich man nach eigenem Bekunden k...