Rn 9
Die Entgegennahme eines elektronischen Dokuments erfordert ein vorheriges Tätigwerden der Empfangsperson selbst: Diese muss sich, nachdem sie ein besonderes elektronisches Postfach eingerichtet hat, an diesem jew anmelden und kontrollieren, ob dort Eingänge vorhanden sind. Deshalb darf die elektronische Übermittlung bei anderen als den in Abs 2 genannten Empfängern nur mit deren Zustimmung erfolgen. Die Zustimmung muss nicht ausdrücklich erklärt werden; es reicht aus, wenn sich diese im Einzelfall aus den konkreten Umständen ergibt. Nach Abs 4 S 2 gilt die Zustimmung als erteilt, wenn der sichere Übermittlungsweg des besonderen elektronischen Postfachs oder Nutzerkontos initiativ durch den Inhaber genutzt wird, um in einem Verfahren ein Schriftstück an das Gericht zu übermitteln. In diesem Fall ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Person in diesem Verfahren auch auf dem ›Rückweg‹ die Zustellung gegen sich auf diesem Übermittlungsweg gelten lässt. Liegt keine initiative Nutzung vor, muss erkennbar sein, dass die im eigenen Interesse bestehende Sorgfaltspflicht zur regelmäßigen Kontrolle des besonderen elektronischen Postfachs dem Postfachinhaber deutlich vor Augen steht. Daher reicht die Einrichtung eines besonderen elektronischen Postfachs allein regelmäßig nicht aus, um von einer Zustimmung auszugehen. Für juristische Personen, Personengruppen, Organisationen und Vereinigungen, die nicht unter die Regelung des § 173 II 2 fallen, besteht nach Abs 4 S 3 die Möglichkeit, eine allgemeine Generalzustimmung zur elektronischen Übermittlung zu erteilen. Auf diese Weise können etwa Organisationen oder Unternehmen, die ständig in dieser Weise kommunizieren, eine durchgehende Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr erreichen, ohne in jedem Einzelfall erneut einer Übermittlung zustimmen zu müssen. Bei eingehenden Zustellungsersuchen aus dem Ausland, die durch ein deutsches Gericht erledigt werden, muss die Zustimmung des Empfängers für eine elektronische Zustellung an ihn durch das deutsche Rechtshilfegericht geprüft werden. Eine im ausländischen Gerichtsstaat erteilte Zustimmung für eine elektronische Zustellung durch das dortige Prozessgericht alleine genügt für die Annahme einer bestehenden Einwilligung im deutschen Rechtshilfeverfahren nicht, kann aber als Indiz herangezogen werden. Die Zustimmung für eine elektronische Zustellung durch das Rechtshilfegericht kann allerdings auch gegenüber dem ausländischen Gericht abgegeben werden.
Rn 10
Den Nachweis der Zustellung an andere als die in Abs 2 genannten Verfahrensbeteiligten regelt Abs 4 S 4. Anders als bei den in Abs 2 Genannten, die kraft Amtes ein besonderes Maß an Vertrauenswürdigkeit genießen, ist der Nachweis der Zustellung hier nicht von dem willentlichen Akt der Rücksendung eines Empfangsbekenntnisses abhängig. Zugleich werden die Vorteile der Nutzung elektronischer Übermittlungswege ausgeschöpft, indem die ohnehin eingehende automatische Eingangsbestätigung zum Nachweis des Zugangs genutzt wird. Nutzen die Gerichte oder Staatsanwaltschaften die sicheren Übermittlungswege als Rückkanal, um elektronische Dokumente zu übermitteln, wird im Zeitpunkt der Speicherung des Dokuments auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Empfängers eine automatische Eingangsbestätigung an das Gericht oder den jeweiligen Absender erteilt. Diese gibt präzise an, wann das elektronische Dokument an das besondere Postfach übermittelt und dort gespeichert, also empfangen wurde. Um etwaigen Verzögerungen bei der Kenntnisnahme durch den Empfänger Rechnung zu tragen, wird zudem fingiert, der Zugang sei drei Tage danach erfolgt. Hierdurch wird zugleich ein Anreiz geschaffen, die elektronische Übermittlung zu wählen, weil anders als die Postzustellung, bei der regelmäßig die (Ersatz-) Zustellung bereits mit Einwurf in den Briefkasten als bewirkt gilt, bei der elektronischen Zustellung drei Tage mehr Zeit bleibt, um vom Inhalt des Dokuments Kenntnis zu erlangen. Der Nachweis eines fehlenden oder späteren Zugangs bleibt möglich.