Rn 5a
Ein Nachschieben von Gründen nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist ist grds nicht möglich. Die Gründe, die die Wiedereinsetzung rechtfertigen, müssen innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist vorgebracht werden. Erst recht kann keine Wiedereinsetzung gewährt werden, wenn der ursprünglich mitgeteilte Sachverhalt nach Fristablauf durch einen völlig anderen Geschehensablauf ersetzt wird (BAG NJW 95, 2125 [BAG 11.01.1995 - 4 AS 24/94]) oder wenn in der Beschwerdeinstanz neues Vorbringen zu organisatorischen Maßnahmen nachgeschoben wird, auf deren Fehlen die Versagung der Wiedereinsetzung in der angefochtenen Entscheidung gestützt worden ist (BGH NJW 97, 2120 [BGH 08.04.1997 - VI ZB 8/97]). Erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben können allerdings nach Ablauf der Antragsfrist erläutert bzw ergänzt werden (BGH MDR 21, 1085 [BGH 11.05.2021 - VIII ZB 65/20] Rz 17 ff; 19, 1149; NJW 17, 3309 [BGH 27.07.2017 - III ZB 76/16]; NJW-RR 17, 627 f; NJW 16, 3312, 3313 [BGH 16.08.2016 - VI ZB 19/16]; MDR 16, 1223, 1224). In derartigen Fällen muss das Gericht der Partei durch Hinweis gem § 139 Gelegenheit zur Erläuterung oder Vervollständigung geben (BGH MDR 22, 1363 Rz 21; NJW-RR 17, 627 [BGH 02.02.2017 - VII ZB 41/16]; NJW 07, 3212). Eine Verletzung dieser Hinweispflicht kann einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs begründen (BGH MDR 08, 877 [BGH 03.04.2008 - I ZB 73/07]). Ist der Kern des Vortrags zum Wiedereinsetzungsgrund ohne Weiteres nachvollziehbar, etwa, dass es zu einer Verwechslung des Originals der Berufungsbegründung mit einer per Fax übermittelten, nicht unterzeichneten Abschrift durch eine Mitarbeiterin des Rechtsanwalts gekommen war, ist das Berufungsgericht gehalten, den Antragsteller gem § 139 I auf die Notwendigkeit ergänzenden Vortrags hinzuweisen und ihm Gelegenheit zur Ergänzung seines Vorbringens zu geben (BGH NJW 20, 3041 Rz 9). Erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung geboten ist, dürfen nach Fristablauf – auch mit der Rechtsbeschwerde – erläutert oder vervollständigt werden (BGH NJW 20, 3041 [BGH 15.07.2020 - V ZB 138/19] Rz 9). Eine gerichtliche Hinweispflicht besteht allerdings dann nicht, wenn die von der Rspr gestellten Anforderungen an den Anwalt, etwa an die organisatorischen Maßnahmen bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze, bekannt sind und sie einem Rechtsanwalt auch ohne richterliche Hinweise geläufig sein müssen (BGH MDR 17, 782 [BGH 25.04.2017 - VI ZB 45/16]).