Gesetzestext
(1) Die Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens hat die Wirkung, dass der Lauf einer jeden Frist aufhört und nach Beendigung der Unterbrechung oder Aussetzung die volle Frist von neuem zu laufen beginnt.
(2) Die während der Unterbrechung oder Aussetzung von einer Partei in Ansehung der Hauptsache vorgenommenen Prozesshandlungen sind der anderen Partei gegenüber ohne rechtliche Wirkung.
(3) Durch die nach dem Schluss einer mündlichen Verhandlung eintretende Unterbrechung wird die Verkündung der auf Grund dieser Verhandlung zu erlassenden Entscheidung nicht gehindert.
A. Anwendungsbereich.
Rn 1
Die Vorschrift gilt für alle Verfahrensarten, für die §§ 239 ff jeweils anwendbar sind (vgl vor §§ 239 ff Rn 1, 2). Bei einer wirksamen Unterbrechung oder Aussetzung treten die in den Abs 1, 2 beschriebenen Wirkungen (vgl vor §§ 239 ff Rn 3) ein, während Abs 3 grds nur für die Unterbrechung gilt (BGH NJW 20, 1973 [BGH 12.03.2020 - VII ZR 55/19] [zu § 613 II aF – jetzt § 11 I VDuG); Musielak/Voit/Stadler § 249 Rz 6). Eine Ausnahme bildet eine Entscheidung nach § 91a, wenn der Rechtsstreit vor der Aussetzung übereinstimmend für erledigt erklärt wurde (vgl Rn 10). § 249 gilt zeitlich nur während der Dauer der Unterbrechung oder Aussetzung. Für das Ruhen als Sonderfall der Aussetzung (vgl vor §§ 239 ff Rn 9) sieht § 251 S 2 eine Sonderregelung vor (vgl iE: § 251 Rn 1).
Rn 2
Da die Wirkungen der Aussetzung erst mit der Wirksamkeit der gerichtlichen Entscheidung eintreten, greift Abs 1 nicht ein, wenn eine Frist bei Bekanntgabe des Beschlusses bereits abgelaufen ist (Bambg NZFam 18, 472).
Rn 3
Die Vorschrift findet für alle Arten der Unterbrechung (§§ 239 bis 245) und Aussetzung (zB § 246 f) Anwendung; sie gilt auch für Aussetzungen, die in anderen Vorschriften vorgesehen sind (vgl iE vor §§ 239 ff Rn 9), soweit auf das Verfahren iA die ZPO anzuwenden ist und keine speziellen Regelungen existieren (BGH NJW 04, 3418 und BAG NJW 20, 3334 [BAG 20.05.2020 - 10 AZR 576/18] Rz 55 – § 149; NJW-RR 21, 638 [BGH 09.03.2021 - II ZB 16/20] Rz 12 f – § 148; MüKoZPO/Stackmann § 249 Rz 1, 2; Anders/Gehle/Becker ZPO § 249 Rz 3). § 249 gilt auch für Verfahren nach dem FamFG, wie es in § 21 I 2 FamFG ausdrücklich und für Familiensachen (Ehe- und Familienstreitsachen) durch Verweisung allgemein in § 113 I 2 FamFG geregelt ist (vgl zur Systematik vor §§ 239 ff Rn 2). § 249 erfasst ferner eine Aussetzung nach § 8 I KapMuG (BGH ZIP 20, 1518; Anders/Gehle/Becker ZPO § 249 Rz 3) und nach § 11 I VDuG (§ 613 II aF). Zum Verhältnis einer Aussetzung nach KapMuG und einer solchen nach § 11 I VDuG (vgl §§ 1 VDuG [S 3215]; Anders/Gehle/Schmidt Beilage der 82. Aufl § 11 VDuG Rz 4). § 249 greift auch ein, wenn aufgrund einer Auslandsinsolvenz das inländische Verfahren nach § 240 (s dort Rn 5) unterbrochen ist. §§ 343 ff InsO enthalten insoweit keine Sonderbestimmungen (BFH RIW 13, 816). § 54 V ArbGG findet bei Unterbrechung zB nach § 240 keine Anwendung (Kobl MDR 14, 1236 [OLG Koblenz 29.04.2014 - 5 U 316/14]).
B. Fristen.
Rn 4
In Abs 1 sind mit Fristen alle eigentlichen Fristen des Prozessrechtes gemeint, auch die nach § 544 II (BGH WM 16, 1747), und zwar unabhängig davon, ob es sich um gesetzliche oder richterliche Fristen sowie um Notfristen oder gewöhnliche Fristen handelt; nicht hierunter fallen die uneigentlichen und die materiell-rechtlichen Fristen (LAG Sachsen MDR 01, 834 [LAG Sachsen 05.10.2000 - 2 Ta 235/00]; VG Bln 17.5.13 – 4 K 271.10, Rz 39; Anders/Gehle/Becker ZPO § 249 Rz 8 ff). Deshalb haben die Unterbrechung und die Aussetzung keinen Einfluss auf die Verjährung der Klageansprüche; allerdings können §§ 204 II, 204a III BGB eingreifen, so zB, wenn im Falle des § 240 der Insolvenzverwalter die rechtshängige Forderung aus der Masse freigibt, das Verfahren aber gleichwohl nicht fortgeführt wird (Celle BeckRS 09, 26934) oder wenn das Verfahren im Einvernehmen mit den Parteien nach § 149 I ausgesetzt wird (BAG NJW 20, 3334 = NZA 20, 1355 [BAG 20.05.2020 - 10 AZR 576/18]; vgl auch Vor § 239 Rn 3).
Rn 5
Mit dem Eintritt der Unterbrechung oder Aussetzung endet der Lauf einer eigentlichen Frist; die volle Frist beginnt nach Abs 1 mit dem Ende der Unterbrechung oder Aussetzung neu zu laufen, ohne dass die vor der Unterbrechung oder Aussetzung verstrichene Zeit angerechnet wird oder es einer Fristsetzung bedarf (BGH ZIP 17, 493; BeckRS 20, 27134 Rz 7; NJW-RR 23, 630 Rz 10). Das gilt auch für ein Berufungszulassungsverfahren nach § 124a IV VwGO, wenn der Kläger, der Prozesskostenhilfe beantragt hatte, vor dieser Entscheidung stirbt (VGH München BeckRS 12, 58036). Hat das Gericht einen festen Endzeitpunkt bestimmt, ist die richterliche Frist nach Ende der Unterbrechung oder Aussetzung neu festzulegen (vgl BGH NJW 75, 692 [BGH 13.01.1975 - VII ZR 220/73]).
Rn 6
Bei einem Streit über die Voraussetzungen der Unterbrechung beginnt die Rechtsmittelfrist für das in der Hauptsache gegen den Rechtsnachfolger ergangene Urt erst mit der Zustellung des Zwischenurt (vgl vor §§ 239 ff Rn 8).
C. Prozesshandlungen der Parteien.
Rn 7
Werden ...