Gesetzestext
(1) Erscheinen oder verhandeln in einem Termin beide Parteien nicht, so kann das Gericht nach Lage der Akten entscheiden.
(2) 1Ein Urteil nach Lage der Akten darf nur ergehen, wenn in einem früheren Termin mündlich verhandelt worden ist. 2Es darf frühestens in zwei Wochen verkündet werden. 3Das Gericht hat der nicht erschienenen Partei den Verkündungstermin formlos mitzuteilen. 4Es bestimmt neuen Termin zur mündlichen Verhandlung, wenn die Partei dies spätestens am siebenten Tag vor dem zur Verkündung bestimmten Termin beantragt und glaubhaft macht, dass sie ohne ihr Verschulden ausgeblieben ist und die Verlegung des Termins nicht rechtzeitig beantragen konnte.
(3) Wenn das Gericht nicht nach Lage der Akten entscheidet und nicht nach § 227 vertagt, ordnet es das Ruhen des Verfahrens an.
A. Zweckrichtung und Anwendungsbereich.
Rn 1
Die Vorschrift dient der Prozessförderung. Erscheinen oder verhandeln beide Parteien nicht, kann das Gericht vAw nach Lage der Akten entscheiden (Abs 1), vertagen (Abs 3), das Ruhen des Verfahrens anordnen (Abs 3) oder unter den Voraussetzungen des Abs 1 S 4 einen neuen Termin bestimmen (vgl Rn 5). Welche Entscheidung zu erfolgen hat, liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Die Vorschrift betrifft einen besonderen Fall der Säumnis und passt eher zu den §§ 330 ff. Nur Abs 3 Alt 2 sieht einen Fall des rechtlichen Verfahrensstillstandes iSd § 239 ff vor.
Die Vorschrift gilt im Erkenntnisverfahren grds für alle Verfahrensarten und für alle Rechtszüge (vgl iE vor §§ 239 ff Rn 1). § 251a ist nicht anwendbar, wenn ein Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gestellt wird (§§ 330, 331). § 251a gilt entsprechend, wenn nach § 331a eine Entscheidung nach Lage der Akten beantragt wird; hier ist ein Antrag, der nicht allein in dem Abweisungsantrag liegen kann, erforderlich (Hamm FamRZ 16, 1289).
B. Säumnis der Parteien.
Rn 2
Eine Säumnis der Parteien (zum Parteienbegriff vgl § 239 Rn 5–8) liegt vor, wenn diese im Termin zur mündlichen Verhandlung – und nicht lediglich zum Gütetermin (LAG Hamm BeckRS 12, 75157; aA ArbG Köln BeckRS 11, 76066) – nicht erscheinen oder nicht verhandeln (§ 333). Dieser Säumnisbegriff ist inhaltsgleich mit dem in §§ 330, 331, 331a, 333, 514 (zum Begriff der Säumnis: Anders/Gehle/Anders ZPO Vor § 330 Rz 5–13; vgl § 330 Rn 7). Im Anwaltsprozess kommt es auf den postulationsfähigen RA an (Anders/Gehle AssEx Rz H-5). Voraussetzung für die Säumnis ist weiter, dass es sich um einen mündlichen Verhandlungstermin vor dem erkennenden Gericht handelt, keine Voraussetzung des § 335 Nr 2–4 vorliegt, insb ordnungsgemäß unter Beachtung der Ladungsfrist geladen wurde, und sich die säumige Partei nicht ausreichend entschuldigt hat; ansonsten muss die Sache nach § 337 vertagt werden (vgl Anders/Gehle/Anders ZPO Vor § 330 Rz 5–13; Anders/Gehle AssEx Rz H-5–7). Bei Prozessunfähigkeit ist die Säumnis zu verneinen, weil schon keine ordnungsgemäße Ladung vorliegt (BGH MDR 14, 1157 [BAG 05.06.2014 - 6 AZN 267/14] – für § 331a).
C. Entscheidung nach Lage der Akten.
Rn 3
Wenn Entscheidungsreife vorliegt und beide Parteien in einem früheren mündlichen Verhandlungstermin desselben Rechtszuges mündlich verhandelt, dh zumindest die Anträge im Termin gestellt und damit konkludent zur Sache verhandelt haben (zum Begriff der mündlichen Verhandlung vgl § 128 Rn 8; näher Anders/Gehle AssEx Rz A-12 f; s.a. Frankf BeckRS 13, 10987 – Abbruch nach Stellen der Anträge) – eine Güteverhandlung reicht nicht (vgl Rn 2) –, kann nach Lage der Akten abschließend entschieden werden. Dabei kommt es darauf an, dass in der mündlichen Verhandlung der betreffenden Instanz verhandelt wurde (LAG SchlH BeckRS 22, 9449 Rz 32; Anders/Gehle/Anders ZPO § 331a Rz 6). Beschlüsse, wie Beweis- und Hinweisbeschlüsse, sind hingegen auch ohne frühere mündliche Verhandlung möglich (ThoPu/Hüßtege § 251a Rz 3). Liegt eine Klageänderung nach der (ersten) mündlichen Verhandlung vor, kann ein Urt als Entscheidung nach Lage der Akten nur verkündet werden, wenn der gesamte Prozessstoff in der früheren mündlichen Verhandlung erfasst wurde; unschädlich ist daher nur eine Beschränkung des Klageantrages (MüKoZPO/Stackmann § 251a Rz 19). Eine Zurückverweisung nach § 538 II Nr 1 lässt den früheren Verhandlungstermin unberührt (BAG NJW 15, 366 [BAG 08.05.2014 - 2 AZR 75/13], Anders/Gehle/Becker ZPO § 251a Rz 17). Im Falle der Verwerfung einer unzulässigen Berufung nach § 522 I kann eine Entscheidung nach Lage der Akten auch ohne mündliche Verhandlung ergehen, LAG SchlH BeckRS 22, 9449 Rz 33.
Rn 4
Grundlage für die Entscheidung ist der gesamte Prozessstoff, der mündlich, schriftsätzlich oder elektronisch bis zu dem Termin, in dem beide Parteien säumig sind, vorgetragen worden ist; die Geständnisfiktion des § 331 I 1 gilt nicht (Anders/Gehle AssEx Rz H-24). Ist der Rechtsstreit danach zur Entscheidung reif und ist bereits einmal vorher mündlich verhandelt worden, ergeht ein Urt; ansonsten folgt die als nächste zu treffende Entscheidung; das kann ein Auflagen-, Hinweis- oder Beweisbeschl sein; bei einem solchen Beschl muss dann weiter mündlich ver...