Rn 9
Einzelne Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, deren Vorliegen allein zu keinen bestimmten Rechtsfolgen führt, stellen kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dar. Auch reine Tatsachen oder etwa die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens sind kein Rechtsverhältnis (BGH NJW 08, 1303). Die Beantwortung von abstrakten Rechtsfragen oder von für Rechtsverhältnisse erheblichen Vorfragen läuft auf die Erstellung von Rechtsgutachten hinaus. Deshalb können nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein: Klärung gedachter Rechtsfragen oder eines zukünftigen hypothetischen Schuldverhältnisses (BGH NJW 20, 3386); Unwahrheit oder Rechtswidrigkeit einer Tatsachenbehauptung (BGHZ 68, 331); künftige Leistungspflicht einer Krankentagegeldversicherung (Brandbg RuS 14, 513; Berechnungsgrundlagen für einen Anspruch (BGH NJW 95, 1097); Schadensersatzpflicht wg Räumungsschäden (Brandbg JurBüro 10, 386); Beurteilung unterschiedlicher Rechtsfolgen wie Schuldnerverzug (BGH NJW 00, 2280) oder Annahmeverzug, sofern er nicht dazu dient, bei einer Verurteilung Zug um Zug durch den erforderlichen Nachweis des Annahmeverzuges bereits im Erkenntnisverfahren die Vollstreckung zu erleichtern (BGH NJW 00, 2663 [BGH 31.05.2000 - XII ZR 41/98]); bestehender Rechtsgrunds für Zahlung (Hamm, NJW-RR 18, 183 [OLG Hamm 20.07.2017 - 28 U 182/16]); Geschäftsfähigkeit, Rechtswidrigkeit, Verschulden, Wirksamkeit einer Anfechtung; Annahmeverzug; Schuldnerverzug; vertragsgemäße Schiedsgutachten (BGH MDR 85, 37); Unterhaltspflicht (Karlsr NJW-RR 89, 969); Rechtswidrigkeit eines Haftbefehls (München 26.7.10 1 U 2201/10 juris). Ein Sozialleistungsträger kann hinsichtlich der gerichtlichen Klärung, ob der Sozialleistungsbezieher (Allein-)Erbe geworden ist oder das Erbe wirksam zugunsten seiner Kinder ausgeschlagen hat, ein Feststellungsinteresse nicht auf die Behauptung stützen, ihm stünde das Recht zur Ausschlagung der Erbschaft zu, da diese aufgrund der an den Sozialleistungsempfänger erbrachten Leistungen auf ihn übergegangen sei. Das Recht zur Ausschlagung der Erbschaft steht allein dem Erben bzw seinen Rechtsnachfolgern, den Erbeserben, persönlich zu (BGH FamRZ 23, 646).
Rn 10
Aber: Ein Rechtsverhältnis ist die Bindung der Parteien an die Ergebnisse eines Vergabeverfahrens (Schlesw 18.5.20 – 16 U 66/19 Kart juris) oder des Erblassers an einen Erbvertrag (Ddorf NJW-RR 95, 141) oder die Bindung des überlebenden Ehegatten oder Lebenspartners an eine wechselbezügliche Verfügung in einem gemeinschaftlichen Testament (BGHZ 37, 331), ein Dritter für Feststellungsklage gegen überlebenden Ehegatten nur, wenn die Ehegatten ihn mit wechselbezüglicher Wirkung einsetzten (Karlsr FamRZ 89, 1351). Es fehlt an einem gegenwärtigen Rechtsverhältnis, wenn schon zu Lebzeiten des Erblassers die Feststellung einer künftigen Erbenstellung begehrt wird (BGHZ 37, 137; Schlesw OLGR 03, 89). Gleiches gilt für festzustellende Vorfragen zur künftigen Erbenstellung, zB Gültigkeit eines Testaments (Köln JW 1930, 2064), Testierfähigkeit (Frankf MDR 97, 481), Wirksamkeit eines Widerrufs, Anfechtung einer letztwilligen Verfügung, die Feststellung einer Ausgleichspflicht zwischen Nacherben, Eintritt des Nacherbfalls (Karlsr NJW-RR 90, 137) oder ein Verzicht auf das Erbrecht oder den Pflichtteil (BGHZ 28, 177).
Rn 11
Aber: Gegenstand eines Musterfeststellungsverfahrens ist nur die Frage, ob ein Rechtsverhältnis besteht (Feststellungsziel) zwischen Verbrauchern und einem Unternehmer (§ 41 I VDuG), also auch tatsächliche und rechtliche Vorfragen eines Rechtsverhältnisses oder einer Anspruchsgrundlage, nicht aber das Rechtsverhältnis oder der Anspruch als Ganzes (BGH NJW 22, 311 [BGH 06.10.2021 - XI ZR 234/20]).