Rn 25
Nach billigem Ermessen bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands, wenn der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und die Klage daraufhin unverzüglich zurückgenommen wird (BGH NJW 04, 1530 [BGH 18.11.2003 - VIII ZB 72/03]). Gilt auch im einstweiligen Verfügungsverfahren (Karlsr NJW 12, 1373). Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Bekl zwischen Eingang und Zustellung der Klage führt nicht zur Unterbrechung des Rechtsstreits (BGH NJW-RR 09, 566 [BGH 11.12.2008 - IX ZB 232/08]), so dass wg Wegfalls des Klageanlasses Kostenentscheidung nach S 3 möglich (Karlsr NZI 20, 907 [OLG Karlsruhe 18.06.2020 - 9 W 19/20]; Hambg NZI 19, 190 [OLG Hamburg 20.07.2018 - 11 W 27/18]).
Rn 26
Voraussetzung ist die Erledigung aus sachrechtlichen Gründen vor Rechtshängigkeit (Hamm MDR 10, 1013). Daran fehlt es, wenn die Klage durch ein Versehen doppelt erhoben wurde, die Klagepartei dies vor Zustellung erkannte, daraufhin die Klage zurücknimmt und die andere Partei durch Zufall von der Klageerhebung und -rücknahme Kenntnis erlangt (OLGR München 09, 915). Bei Zahlung nach Zustellung der Anspruchsbegründung nach vorausgegangenem Mahnverfahren ist kein Raum mehr für S 3, da spätestens mit Zustellung der Anspruchsbegründung das Mahnverfahren endet, so dass keine Zahlung mehr im Mahnverfahren erfolgt (LG Rottweil 22.5.18 1 T 66/18 juris).
Dies gilt ebenso bei Rücknahme der mit einem PKH-Gesuch verbundenen Klage vor deren Zustellung (BGH NJW-RR 05, 1015), aber mangels eines Prozessrechtsverhältnisses nicht, wenn Klage von der vorherigen Bewilligung von PKH abhängig gemacht wurde (Stuttg FamRZ 10, 316) oder nach Bewilligung nur das PKH-Gesuch zugestellt wurde (Celle NJW-RR 11, 1564).
Rn 27
Veranlassung zur Klage wird durch ein Verhalten des Bekl (BGH MDR 07, 858) gegeben, welches vernünftigerweise den Schluss auf die Notwendigkeit eines Prozesses rechtfertigt (BGH NJW 79, 2040 [BGH 27.06.1979 - VIII ZR 233/78]). Eine Kostenentscheidung zu Lasten des Bekl setzt nach dem Rechtsgedanken aus § 93 voraus, dass der Kl subjektiv Veranlassung zur Klageerhebung hatte (Dresd NJW 15, 497 [OLG Dresden 25.11.2014 - 5 W 1310/14]). Anlass zur Klageeinreichung entfällt nicht, wenn Klagerücknahme vor Zustellung der Klageschrift infolge eines rechtlichen Hinweises des Gerichts erfolgt (Ddorf OLGR 07, 670).
Rn 28
Keine Veranlassung zur Klageerhebung: Der Kl verlangt vorgerichtlich eine Zuvielforderung ohne deutlich zu machen, auch zur Annahme der geschuldeten Minderleistung bereit zu sein (BGH NJW 06, 769 [BGH 05.10.2005 - X ZR 276/02]). Klage wird vor Ablauf der angemessenen Prüfungsfrist des gegnerischen Haftpflichtversicherers von etwa vier bis sechs Wochen eingereicht (Dresd NJ 21, 22 [OLG Dresden 26.10.2020 - 4 W 640/20]; Saarbr NJW-RR 17, 697 [BGH 16.03.2017 - V ZB 150/16]). Bei Kostenübernahmeerklärung der bekl Versicherung soll Kl weiter entstehende Kosten übernehmen, wenn er die Klage (Schadensminderungspflicht!) nicht zurücknimmt (München 14.10.11 10 U 2800/11 juris; probl, da Kl erst nach Zahlung befriedigt wird und dann Erledigungserklärung gem § 91a der richtige Weg ist).
Rn 29
Der Kl ist darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass seine Belastung mit Kosten billigem Ermessen widerspricht (Oldbg MDR 19, 380 [OLG Oldenburg 13.12.2018 - 5 W 56/18]). Die Klage sowie der Kostenantrag müssen deshalb zumindest formlos dem Bekl mitgeteilt werden, bevor eine Kostenentscheidung zu seinen Lasten ergeht (BGH NJW 06, 775 [BGH 06.10.2005 - I ZB 37/05]).
Rn 30
Letztlich kann ein Kl nicht gezwungen werden, sich nur deshalb durch Klagerücknahme in die Rolle des Unterlegenen zu begeben, weil das erledigende Ereignis vor Rechtshängigkeit eintrat. In einem solchen Fall kann er an der Klage festhalten und seinen Antrag auf Erstattung der durch die Klageerhebung entstandenen Kosten umstellen. Kann er diese noch nicht beziffern, ist auch ein entspr Feststellungsantrag zulässig (Naumbg JurBüro 11, 150).