Prof. Dr. Ulf P. Börstinghaus
I. Verbundene Räumungs- und Zahlungsklage.
1. Räumungsklage.
Rn 3
Erforderlich ist die Erhebung einer Räumungsklage. Die Anspruchsgrundlage ist unerheblich (Naumbg NJW 16, 1250 [OLG Naumburg 15.09.2015 - 12 W 84/15]; Schmidt-Futterer/Streyl § 283a Rz 8; Zö/Greger, § 283a ZPO Rz 2; Monschau in Lützenkirchen, AnwaltsHdb Mietrecht, 5. Aufl. M Rz 326h). IdR wird dies § 546 BGB sein. Möglich ist aber auch der Herausgabeanspruch gem § 985 BGB zB nach einer Anfechtung des Mietvertrages. Auch der Kündigungsgrund ist unerheblich. Es werden nicht nur Zahlungsverzugskündigungen erfasst, sondern auch ordentliche Kündigungen, § 573 BGB, oder auch Mieterkündigungen. Auch der Räumungsanspruch gegen den Untermieter gem § 546 II BGB fällt unter den Anwendungsbereich. Eine nach Rechtshängigkeit von Räumungs- und Zahlungsklage erfolgte Herausgabe der Räume lässt die Möglichkeit zum Erlass einer Sicherungsanordnung nicht entfallen, da § 283a anderenfalls immer dann ins Leere liefe, wenn kurz vor der Entscheidung über die Sicherungsanordnung das Mietobjekt herausgegeben wird. Auch bis zu diesem Zeitpunkt können dem Vermieter jedoch besondere Nachteile entstehen, die allein mit der Herausgabe nicht enden (offengelassen v München ZInsO 21, 2291 mAnm Börstinghaus jurisPR-MietR 19/21 Anm 2).
2. Zahlungsklage.
Rn 4
Es kann sich um eine bezifferte Zahlungsklage aber auch um eine Klage auf zukünftige Leistung (§ 259) handeln (LG Berlin NJW 14, 1188). Theoretisch kann die Zahlungsklage als (Teil-)Urkundsklage erhoben werden (BGH NJW 02, 751; aA Emmerich NZM 14, 881, 886), über die ggf durch Teil-Vorbehaltsurteil entschieden werden kann. Eine Feststellungsklage reicht nicht (aA LG Berlin NJW 14, 1188 [LG Berlin 21.02.2014 - 63 T 18/14]).
3. Verbindung.
Rn 5
Räumungs- und Zahlungsanspruch müssen in einem Verfahren geltend gemacht werden. Das ist bei objektiver Klagehäufung der Fall. Eine förmliche Verbindung gem § 147 reicht aus, ist aber nicht Voraussetzung. Die beiden Ansprüche müssen nicht von Anfang an zusammen geltend gemacht werden. Möglich ist auch die nachträgliche Erweiterung der Klage um den Räumungs- oder Zahlungsanspruch (LG Lübeck GE 21, 1193 mAnm Beuermann GE 21, 1160; Börstinghaus jurisPR-MietR 13/21 Anm 3), zB auch nach Verfahrenseinleitung durch Mahnverfahren (Celle NZM 13, 729 [OLG Celle 17.09.2013 - 2 W 205/13]). Möglich ist auch die Geltendmachung beider Ansprüche als Widerklage. Die Geltendmachung des Zahlungsanspruchs in einem Parallelverfahren genügt nicht (LG Saarbrücken WuM 15, 630, 631 [AG Köln 04.06.2013 - 205 C 592/12]).
4. Gleiches Rechtsverhältnis.
Rn 6
Räumungs- und der Zahlungsanspruch müssen auf dem gleichen Rechtsverhältnis beruhen. Es muss sich also um Zahlungsansprüche handeln, die aus dem Rechtsverhältnis stammen, wegen dessen Nichterfüllung die Räumung betrieben wird (BTDrs 17/11894 S 33). Dies trifft vor allem auf den Anspruch auf Nutzungsentschädigung gem § 546a BGB zu. Es kann sich aber auch um den Anspruch auf Miete gem § 535 II BGB handeln, aber nur für Zeiträume nach Zustellung der Räumungsklage. In Betracht kommen hier Fälle, in denen die Kündigung gem § 543 II Ziff 3 BGB unbegründet ist, aber die ordentliche Kündigung gem § 573 II Ziff 1 BGB begründet ist oder die Räumungsklage abgewiesen wird. Es muss sich aber nach dem Gesetz gewordenen Wortlaut der Vorschrift nicht zwingend um wiederkehrende Leistungen handeln, so dass zB auch der Anspruch auf Zahlung von Betriebskostennachforderungen oder der Mietkaution darunterfällt. Ansprüche aus früheren Mietverhältnissen zwischen den gleichen Parteien sind nicht sicherbar (BGH NJW 12, 3300 [BGH 11.07.2012 - VIII ZR 36/12] [zur Kaution]). Wird die Räumungsklage auch gegen Mitbewohner erhoben, kann ihnen ggü eine Sicherungsanordnung nicht ergehen (Schmidt-Futterer/Streyl § 283a Rz 36; Wendt ZMR 13, 605; Zö/Greger § 283a Rz 2).
II. Sicherbare Ansprüche.
1. Nur rechtshängige Ansprüche.
Rn 7
Der zu sichernde Zahlungsanspruch muss rechtshängig sein. Das ergibt sich daraus, dass das Gericht wegen dieses Anspruchs die hohe Aussicht auf Erfolg der Klage prüfen muss (LG Lübeck GE 21, 1193 mAnm Beuermann GE 21, 1160; Börstinghaus jurisPR-MietR 13/21 Anm 3; LG Saarbrücken WuM 15, 630; LG Berlin NJW 14, 1188 [LG Berlin 21.02.2014 - 63 T 18/14]; AG Dortmund NZM 14, 903). Eine Sicherungsanordnung darf nicht wegen der Ansprüche ergehen, die bis zur Rechtshängigkeit der Räumungsklage fällig geworden sind (Celle NZM 13, 729 [OLG Celle 17.09.2013 - 2 W 205/13]; AG Langenfeld WuM 14, 104 [AG Langenfeld 03.06.2013 - 25 C 113/13]; AG Dortmund NZM 14, 903 [AG Dortmund 13.02.2014 - 425 C 533/14]; Meyer-Abich NZM 16, 329, 334; Guhling/Günter/Geldmacher16. Teil 1. Abschn Kap 3 Rz 45; aA MüKoZPO/Prütting § 283a Rz 3 aber anders bei Rz 4). Die Sicherungsanordnung dient nur dazu, den Vermieter wegen der während der Dauer des Räumungsverfahrens fällig werdenden Ansprüche zu sichern. Auch Ansprüche, die zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit fällig geworden sind, können nicht gesichert werden (AG Hanau WuM 16, 305). Der Antrag kann mehrfach gestellt werden, um weitere fällige Ansprüche zu sichern. Entscheidend ist nicht der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der ...