I. Vor der mündlichen Verhandlung.
Rn 2
Soweit das Gericht gem § 358a schon vor der mündlichen Verhandlung einen Beweisbeschluss erlassen hat, kann sie diesen auch vor der mündlichen Verhandlung wieder aufheben, ändern oder ergänzen. § 358a verdrängt in diesem Verfahrensstadium § 360, um die mit dieser Bestimmung ermöglichte vorterminliche Beweiserhebung nicht unnötig zu erschweren. Vor der Aufhebung oder Änderung sind die Parteien allerdings zu hören.
II. Ab Eröffnung der mündlichen Verhandlung.
1. Aufhebung.
Rn 3
Hat ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden, kann das Gericht weiterhin auch ohne mündliche Verhandlung von einer Beweiserhebung absehen oder den Beweisbeschluss aufheben, wenn es der Ansicht ist, der Beweis sei nicht mehr erforderlich (Köln 14.9.18 – 19 U 57/18 Rz 78, juris). Die Gegenansicht, die § 360 entsprechend auf die Aufhebung anwenden und auch sie grds nur aufgrund einer mündlichen Verhandlung zulassen will (St/J/Berger Rz 12; AK-ZPO/Rüßmann Rz 1), übersieht, dass die Änderung dem Neuerlass eines Beweisbeschlusses gleichsteht, während die Aufhebung des Beweisbeschlusses nur die Verfahrenslage wieder herstellt, bei der noch kein Beweisbeschluss erlassen worden war (MüKoZPO/Heinrich Rz 3 mit zutr Hinweis auf die Rechtslage vor Einfügung des S 2; Musielak/Voit/Stadler Rz 2). Unbeschadet dessen soll das Gericht die Durchführung des Beweisbeschlusses ohne mündliche Verhandlung aussetzen können (allgM, auch St/J/Berger Rz 14). Den Parteien ist jedoch sowohl zur Aufhebung wie zur beabsichtigten Nichtdurchführung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
2. Abänderung.
Rn 4
Mit Ausnahme der Fälle des S 2 ist eine Abänderung des Beweisbeschlusses in diesem Verfahrensstadium jedoch nur aufgrund mündlicher Verhandlung zulässig. Außerhalb der mündlichen Verhandlung kann er nur in den in S 2 bestimmten und entsprechenden Fällen geändert werden. Danach ist eine Änderung insb auf Antrag einer Partei und mit Zustimmung des Gegners möglich (S 2, 1. Var). Dem steht es gleich, wenn das Gericht von sich aus eine Änderung anregt und beide Parteien zustimmen.
Rn 5
Ohne Zustimmung der Parteien kann das Gericht das Beweisthema ergänzen oder berichtigen (S 2, 2. Var). Es kann mithin um weitere Tatsachen vervollständigt (enger Zö/Greger Rz 4) oder inhaltlich konkretisiert werden. Dagegen soll ohne weiteren Beweisbeschluss kein weiteres neues Beweisthema hinzugefügt werden können (MüKoZPO/Heinrich Rz 8). Die Erweiterung des Beweisbeschlusses um einen angetretenen Gegenbeweis ist jedenfalls dann zulässig, wenn er direkt geführt wird (MüKoZPO/Heinrich Rz 8; undifferenziert dagegen Wieczorek/Wieczorek Anm A II b 1). Alle Ergänzungen sind wegen des Beibringungsgrundsatzes nur iRd Parteivortrags zulässig.
Rn 6
Es können aber auch andere Zeugen oder Sachverständige benannt werden (S 2, 3. Var). Neben der irrtümlichen Bezeichnung eines Zeugen kommt dies va in Betracht, wenn das Gericht zunächst nur einen Teil der benannten Zeugen vernommen hat, nunmehr aber noch die Vernehmung weiterer Zeugen für erforderlich hält, weil es hinreichende Gewissheit noch nicht gewinnen konnte. Wurde ein Gutachten nicht von dem gerichtlich bestellten SV erstellt, sondern von einem anderen, kann dieser gem S 2, 3. Var auch nachträglich benannt werden (BGH NJW 85, 1399, 1400 [BGH 08.01.1985 - VI ZR 15/83]).
Rn 7
§ 360 S 2 wird auf nicht genannte Änderungen insb in der Art der Ausführung der Beweisaufnahme entsprechend angewandt. Hat das Gericht etwa zunächst nur ein schriftliches Gutachten eingeholt, kann es ergänzend eine mündliche Anhörung des SV anordnen (BGH NJW 02, 301, 302 [BGH 25.10.2001 - III ZR 43/01]). Hat es eine Beweisaufnahme durch den beauftragten oder ersuchten Richter angeordnet, kann es diese austauschen oder die Beweisaufnahme wieder an sich ziehen. Nach überwiegender Ansicht soll es sogar in Änderung des Beweisbeschlusses die Beweisaufnahme auf ein anderes Gericht übertragen können, ohne hierüber mündlich zu verhandeln (Zö/Greger Rz 4; MüKoZPO/Heinrich Rz 9). Da dadurch anders als bei den erstgenannten Konstellationen erstmals das Unmittelbarkeitsprinzip durchbrochen wird, sollte dies nur mit Zustimmung der Parteien erfolgen (St/J/Berger Rz 10). Entsprechend S 2, 3. Var kann das Gericht auch weitere Streitgenossen neben dem im Beweisbeschluss benannten vernehmen (§ 449 Rn 4).
III. Die Änderungsbefugnisse des verordneten Richters.
Rn 8
S 3 gewährt die grds dem Prozessgericht zustehenden Änderungsbefugnisse auch dem beauftragten oder ersuchten Richter. Da dieser mit dem Verfahren idR nicht in vollem Umfang vertraut ist, sollte er davon aber nur sehr zurückhaltend, namentlich bei der Korrektur von Irrtümern oder Verwechslungen, und im Zweifel nur nach Rücksprache mit dem Prozessgericht Gebrauch machen (Mertens MDR 01, 666, 671).
IV. Anhörung der Parteien.
Rn 9
Immer sind die Parteien von den Änderungen zu verständigen und möglichst vorher anzuhören. S 4 konkretisiert den Anspruch auf rechtliches Gehör. Die vorherige Anhörung der Parteien darf daher nicht aus reinen Zweckmäßigkeitserwägungen unterbleiben. Die Verletzung des S 4 kann nach § 295 geheilt werden.