1. Zuständigkeitsstreitwert.
Rn 4
Für die sachliche Zuständigkeit ist der Wert des Streitgegenstandes bei Einreichung (nicht: bei Zustellung) der Klageschrift oder des klageändernden Antrags (Rn 2) maßgeblich. Spätere Klarstellungen des Klageziels sowie ergänzende Wertangaben werden auf diesen Zeitpunkt zurückbezogen. Die Zulässigkeit der Klage ist ohne Belang (Musielak/Voit/Heinrich § 4 Rz 4). Im Mahnverfahren kommt es wegen § 696 I 4, § 700 III 2 auf den Akteneingang beim Streitgericht an (BayObLG BeckRS 22, 2115; Frankf NJW-RR 96, 1403). Hat sich erst im Mahnverfahren der Streitwert unter die Wertgrenze des § 23 Nr 1 GVG ermäßigt, kann die Sache ohne Rücksicht auf die Wirkungen des § 696 III an das AG verwiesen oder – bei eingespielter Praxis – abgegeben werden (§ 696 Rn 11). Trennung nach § 145 oder der Erlass eines Teilurteils lassen für den abgetrennten oder den rechtshängig bleibenden Teil des Streitgegenstandes die einmal begründete sachliche Zuständigkeit des LG unberührt, s §§ 261 III Nr. 2, 506 I (hM, Musielak/Voit/Heinrich § 4 Rz 4; St/J/Roth § 4 Rz 8).
2. Rechtsmittelstreitwert.
a) Grundsatz.
Rn 5
Für die Bewertung ist grds der Zeitpunkt maßgebend, zu dem das Rechtsmittel eingelegt wird (BGH BeckRS 20, 32177; NJW-RR 01, 1571 [BGH 27.06.2001 - IV ZB 3/01]; BGHR ZPO § 4, Zeitpunkt 1). Wertänderungen, die nach Einlegung bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist noch eintreten (zB Kursänderungen) sind dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift zufolge unbeachtlich. Hängt die Zulässigkeit des Rechtsmittels von einem variablen Wert des Streitgegenstandes ab, kann der Rechtsmittelführer also den ihm günstigen Zeitpunkt auswählen, muss aber auch auf ihn achten. Notfalls muss er das Rechtsmittel in der Frist noch einmal einlegen. Wertänderungen nach Ablauf der Rechtsmittelfrist sind unbeachtlich, so dass ein zulässiges Rechtsmittel durch sinkenden Wert des Streitgegenstandes nicht unzulässig, ein unzulässiges durch steigenden Wert aber auch nicht zulässig werden kann. Das gilt für die Beschwerde, die kein zusätzliches Begründungserfordernis kennt, umfassend. Bei der Zulassungsberufung nach § 511 II Nr 2, IV Nr 2 ist demgegenüber auf den Stand der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Auf den Zeitpunkt der Entscheidung (so Musielak/Voit/Heinrich § 4 Rz 5a) kann es nicht ankommen, da die Parteien dann keine Gelegenheit mehr haben, ihr Recht auf Gehör vor Gericht wahrzunehmen (vgl auch BGH NJW 89, 2755 [BGH 25.04.1989 - XI ZR 18/89]).
b) Berufungsbegründung.
Rn 6
Der Bewertungszeitpunkt ist nicht davon abhängig, ob der Rechtsmittelführer die Anträge erst in der Berufungsbegründung stellt (Zö/Herget, § 4 Rz 4). Wollte man hierauf abstellen, hätte die Partei den Bewertungszeitpunkt nach Ablauf der Rechtsmittelfrist noch in der Hand. Das ist mit der Gebot der Verfahrenssicherheit und dem Grundsatz der Wertkonstanz (Rn 1) nicht zu vereinbaren (so im Ergebnis auch MüKoZPO/Wöstmann § 4 Rz 9).
c) Nichtzulassungsbeschwerde.
Rn 7
Der nach § 544 II Nr 1 (früher: § 26 Nr 8 EGZPO) maßgebliche Wert bestimmt sich nach dem Zeitpunkt, zu dem das Rechtsmittel eingelegt wird (BGH 2.3.11 – IV ZR 231/09 – JurionRS 11, 12082), so dass zB beim Sinken eines Aktienkurses auf einen Wert von unter 20.000 EUR erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht die Zulässigkeit am Beschwerdewert scheitert. Nach früherem Recht kam es abw vom Wortlaut des § 4 I Hs 1 auf den Schluss der mündlichen Verhandlung beim Berufungsgericht an, weil nach § 546 II 2 ZPO aF von diesem eine Prüfung der Revisionswürdigkeit vorzunehmen war (so ausdr BGH NJW 89, 2755 [BGH 25.04.1989 - XI ZR 18/89]; 00, 1343). Das hat im geltenden Recht keine Bedeutung mehr. Dennoch wird von der hM weiterhin auf den Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht abgestellt (BGH 24.2.11 – II ZR 288/09 – JurionRS RS 11, 12566; zuletzt MMR 21, 235; MDR 21, 574 [BGH 23.02.2021 - VI ZR 1191/20]; MüKoZPO/Wöstmann § 4 Rz 10; Musielak/Voit/Ball § 544 Rz 7). Das ist abzulehnen (wie hier: Zö/Herget § 4 Rz 4). Der BGH hat für die Bewertung zwar auf die allg Grundsätze verwiesen (NJW 06, 1142 [BGH 30.11.2005 - IV ZR 214/04]; NJW-RR 06, 997; MDR 07, 1093; BGHR EGZPO § 26 Nr 8, Wertgrenze 4). Die in dem Zusammenhang erfolgte ausdr Anknüpfung an die Rspr zur Bestimmung des Beschwerdegegenstandes vor der Änderung des Zulassungsrechts zum 1.1.02 (BGH NJW-RR 06, 1097 [BGH 11.05.2006 - VII ZR 131/05]) bezieht sich indes nur auf dessen Festlegung selbst, nicht hingegen auf den Bewertungszeitpunkt.
3. Gebührenstreitwert.
Rn 8
Für den GeS gelten §§ 40, 47, 48 GKG, § 23 RVG; über § 48 GKG gilt § 4 ZPO entsprechend. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der einleitenden Prozesshandlung (für die Revision: BGH NJW-RR 98, 1452 [BGH 30.07.1998 - III ZR 56/98]). Hervorzuheben ist auch in diesem Zusammenhang der Grundsatz der Wertkonstanz (Rn 1); Wertschwankungen desselben Streitgegenstands nach dem Bewertungszeitpunkt bleiben unberücksichtigt.
4. Sonstige Streitwertarten.
Rn 9
Für den Bagatellstreitwert, § 495a, gelten die für den Zuständigkeitsstreitwert dargelegten Grundsätze (Rn 4) mit der Maßgabe, dass eine Wertänderung durch Änderung des Streitgegenstande...