Rn 31
Die Norm verfolgt den Zweck, die Funktionstüchtigkeit des Rechtsmittelverfahrens zu sichern. Die Entscheidung einer höheren Instanz ist nur dann sinnvoll, wenn andere Richter entscheiden (MüKoZPO/Stackmann § 41 Rz 24). Voraussetzung ist die Mitwirkung beim Erlass, nicht Verkündung (Jena OLG-NL 00, 77) einer mit einem Rechtsmittel (§§ 511 ff, 542 ff, 567 ff) angefochtenen Entscheidung (Musielak/Voit/Heinrich § 41 Rz 13; St/J/Bork § 41 Rz 18; Zö/Vollkommer § 41 Rz 13). Die Beteiligung des Richters an einem Berichtigungsbeschluss führt nicht dazu, dass er an der Ausübung des Richteramts im Berufungsverfahren gehindert ist (Braunschw NJW-RR 16, 1152 [OLG Braunschweig 04.07.2016 - 3 U 102/14]). Die Norm ist im Hinblick auf Art 101 I 2 GG eng auszulegen. Deswegen ist ein Richter, der nur an einer der angefochtenen Entscheidung vorausgehenden Entscheidung (Versäumnisurteil, Arrest, eV) mitgewirkt hat, in der Rechtsmittelinstanz nicht ausgeschlossen, wenn die diese bestätigende Entscheidung angefochten wird (Rostock NJW-RR 99, 1444, 1445; Hambg NJW-RR 02, 789; MüKoZPO/Stackmann § 41 Rz 25; Musielak/Voit/Heinrich § 41 Rz 13; Zö/Vollkommer § 41 Rz 14). Ein Mitwirkungsverbot besteht nicht, soweit eine andere vom abgelehnten Richter nicht getroffene Verfahrensentscheidung mit einem Rechtsmittel angegriffen wird (BGH NJW-RR 17, 454) oder der Richter lediglich an Verfügungen mitgewirkt hat (LG Hamburg SVR 18, 267). Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen insoweit nicht (BVerfG WM 20, 1912; NJW 01, 3533). Das muss auch für das Rügeverfahren gem § 321a gelten, da lediglich überprüft wird, ob der Rechtsstreit fortzusetzen ist (Zö/Vollkommer § 41 Rz 14). Die Gegenmeinung (BAG NJW 68, 814 [BAG 07.02.1968 - 5 AR 43/68]; München NJW 69, 754 [OLG München 19.12.1968 - 6 U 1646/68]; St/J/Bork § 41 Rz 18; Wieczorek/Schütze/Niemann § 41 Rz 13), die einen Ausschluss befürwortet, weil der Richter mit dem streitigen Anspruch vorbefasst gewesen sei, geht an dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes, welchen zu ändern der Gesetzgeber trotz zahlreicher Novellierungen der ZPO keinen Anlass sah, vorbei. Ferner übersieht sie, dass die Bestätigung aufgrund eines umfassenderen Sach- und Streitstands erfolgt, den der Richter der vorausgehenden Entscheidung noch nicht bewertet hat (Rostock NJW-RR 99, 1444, 1445 [OLG Rostock 02.09.1998 - 2 U 20/98]).
Rn 32
Ausdr nicht ausgeschlossen ist der beauftragte oder ersuchte Richter. Nicht ausgeschlossen ist zudem der Richter, der in ders Instanz an Vorentscheidungen (Grund- und Teilurteil, Stufe einer Stufenklage, Vorbehaltsurteil, Versäumnisurteil, Beschlüssen, auch zur Prozesskostenhilfe und zum einstweiligen Rechtsschutz) beteiligt war (MüKoZPO/Stackmann § 41 Rz 26; Zö/Vollkommer § 41 Rz 14). Zum Ausschluss führende Mitwirkungen sind nach allgemeiner Meinung nicht die Abänderungsklage gem § 323, die Nichtigkeitsklage gem § 579 oder die Restitutionsklage gem § 580 sowie die Vollstreckungsabwehrklage gem § 767. Ferner begründet einen Ausschluss nicht: Die Mitwirkung am Erlass eines Beweisbeschlusses (RGZ 105, 17), auch im selbstständigen Beweisverfahren (Musielak/Voit/Heinrich § 41 Rz 13), an einem Vorlagebeschluss gem Art 100 GG, Art 177 II EWGV, Art 234 EGV (Zö/Vollkommer § 41 Rz 14), an einem Vorbehaltsurteil im Urkundsprozess, wenn lediglich die Entscheidung des Nachverfahrens angefochten wird (RGZ 148, 199), Mitwirkung an einem Grundurteil, wenn nur die Entscheidung des Betragsverfahrens angefochten wird (BGH NJW 60, 1762), bei einer Stufenklage an der Entscheidung über den Auskunftsanspruch, wenn die weiteren Entscheidungen angefochten werden (Karlsr FamRZ 95, 556), an einem Vergleich, dessen Unwirksamkeit in einem Zwischenverfahren geltend gemacht wird (Nürnbg Beschl v. 9.8.17 – 7 UF 1276/16, juris), an einer aufhebenden und zurückverweisenden Entscheidung, da in der Neubefassung in der unteren Instanz keine Überprüfung einer angefochtenen Entscheidung liegt (BGH Beschl v 30.3.22 – AnwZ (Brfg) 28/20, NJW 22, 3081 [BGH 21.06.2022 - II ZR 181/21]; RGZ 148, 149), im Wiederaufnahmeverfahren nach §§ 579 ff, wenn der Richter auch an der zugrunde liegenden Entscheidung beteiligt war (BGH NJW 81, 1273 [BGH 05.12.1980 - V ZR 16/80]), an einem Vorprozess, der lediglich Anlass für eine Haftungsklage ist (BGH NJW-RR 15, 444 [BGH 18.12.2014 - IX ZB 65/13] – Anwaltsregress). Ein Richter höherer Instanz ist entspr dieser Vorschrift nicht ausgeschlossen, weil sein Ehegatte an der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat. Dieser Umstand allein ist auch nicht geeignet, die Ablehnung gem § 42 II zu rechtfertigen (BGH WM 08, 999; § 42 Rn 26). Anderes kann aber gelten, wenn den Parteien dieses unbekannt und auch nicht durch das Gericht mitgeteilt worden ist (BSG Beschl v 24.11.05 – B 9a VG 6/05 – Rz 6, 8 – juris). Die Tätigkeit als Staatsanwalt erzwingt die Ablehnung des Richters als solche nicht (München Beschl v 28.7.22 – 19 W 1010/22, juris).
Rn 33
Ausgeschlossen ist auch, wer bei dem Erlass einer angefochtenen E...