Rn 3
Ein Interesse an der Entscheidung unterliegt außer in den Fällen des Verlustes des Antragsrechts nur beschränkt zeitlichen Grenzen. Es besteht unabhängig vom Stand des Verfahrens immer dann, wenn der Richter konkret mit der Sache befasst ist. Deshalb ist die vorsorgliche Ablehnung eines Richters oder seines Vertreters unzulässig (Brandbg FamRZ 13, 1600). Der Erlass eines Urt lässt das Rechtsschutzbedürfnis nicht zwangsläufig entfallen, soweit Entscheidungen gem §§ 319–321a im Raum stehen (BGH Beschl v 24.4.13 – RiZ 4/12 – Rz 16 – juris). Es besteht ferner nach Klagerücknahme fort, wenn noch ein Kostenantrag zu bescheiden oder der Streitwert festzusetzen ist (BVerfG NJW 11, 2191). Sind entspr Anträge nicht angebracht, besteht ein Bedürfnis ›derzeit‹ nicht. Auch nach Erlass einer instanzbeendenden Entscheidung kann es bei übersehenen Ablehnungsgründen weiter bestehen. Der Ablehnungsgrund ist dann mit den statthaften Rechtsmitteln gg die Entscheidung geltend zu machen (s § 41 Rn 18; Zö/Vollkommer § 42 Rz 4; Schlesw Beschl v. 30.9.15 – 14 WF 87/15, juris). Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt aber spätestens mit der letzten unanfechtbaren Entscheidung (BGHZ 141, 93) und auch dann, wenn ein mögliches Rechtsmittel nicht eingelegt worden ist und der abgelehnte Richter keine nachträglichen Entscheidungen mehr zu treffen hat (LG Aachen Beschl v 24.2.16 – 3 T 44/16, juris). Eine Ausnahme ist denkbar bei einer Gegenvorstellung gg Entscheidungen, die zwar in formelle, nicht aber in materielle Rechtskraft erwachsen, zB zurückweisender PKH-Beschl, (Musielak/Fischer, 9. Aufl, § 127 Rz 6), da hier eine sachliche Befassung durch den Richter erfolgt. Keinesfalls reicht indes die bloße Möglichkeit einer Gegenvorstellung, da das Rechtsschutzbedürfnis nur dann bejaht werden kann, wenn der Richter konkret mit der Sache befasst ist (s.o.) (aA Hamm Beschl v 27.4.12 – I-32 W 7/12 – Rz 7 – juris). Durch Ausscheiden des Richters aus dem Spruchkörper (Dezernatswechsel, Abordnung, längere Dienstunfähigkeit, Ausscheiden aus dem Dienst) kommt es zum Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses, da die erstrebte Hinderung des Richters immer nur für die Zukunft wirkt (BVerfGE 133, 377; BGH Beschl v 18.2.14 – VIII ZR 271/13 – Rz 6 – juris; Beschl v 21.2.11 – II ZB 2/10 – Rz 10 u. Beschl v 4.5.11 – AnwZ [B] 12/10 Rz 8 – juris). Das Rechtsschutzinteresse entfällt ferner, wenn der Antrag einer Partei auf Tatsachen gestützt wird, über die bereits aufgrund einer Selbstanzeige gem § 48 unanfechtbar entschieden worden ist (BVerwG Beschl v 18.2.98 – 11 B 30/97 – Rz 10 – juris).
Rn 4
Schließlich lässt der Missbrauch des Ablehnungsrechts das Rechtschutzbedürfnis entfallen (s.a. § 45 Rn 1). Ein solcher ist anzunehmen, wenn das Verfahren verschleppt oder verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen (allgM). Für die Annahme eines Missbrauchs kann nicht nur der Inhalt des Ablehnungsgesuchs selbst, sondern auch indiziell das übrige prozessuale Verhalten des Ablehnenden herangezogen werden (Köln Beschl v 30.12.08 – 2 W 127/08 Rz 16 – juris). Eine Verschleppung liegt vor, wenn die Ablehnung eine Terminverlegung erzwingen soll, die als nicht hinreichend begründet verweigert worden ist (Frankf NJW 09, 1007, 1009; Köln OLGR 04, 404), wenn ein zurückgewiesenes Gesuch ohne nennenswerte neue Gründe wiederholt wird (München Beschl v 26.1.11 – 1 W 64/11 – OS – juris; KG FamRZ 86, 1022, 1023) oder wenn es lediglich einen unbequemen Richter ausschalten soll (München NJW-RR 88, 1535). Verfahrensfremde Zwecke werden verfolgt, wenn ohne nachvollziehbare Begründung Richter global oder ein Spruchkörper auch bei namentlicher Nennung seiner Mitglieder pauschal abgelehnt werden (BGH Beschl v 23.4.15 III ZA 11/15, juris; Beschl v 28.4.11 – V ZR 8/10 – Rz 3 f – juris; s.a. § 45 Rn 1), wenn sie rein querulatorisch sind, oder wenn im Gewande der Ablehnung eine grobe Beleidigung und Beschimpfung der beteiligten Richter erfolgen soll (Ddorf OLGR 96, 108). In diesen Fällen kann der Abgelehnte selbst entscheiden oder das Vorbringen sogar übergehen (s § 45 Rn 1).