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Dem Beweis zugängliche Tatsachen sind konkrete, nach Zeit u Raum bestimmte, der Vergangenheit oder Gegenwart angehörende Geschehnisse oder Zustände der Außenwelt oder des menschlichen (auch Seelen-)Lebens. Insbes bei Geschehnissen mit für Laien komplexem u kompliziertem Hintergrund genügt als hinreichender Sachvortrag die Angabe der Beweistatsachen in groben Zügen, der Tatsachenvortrag kann sich dabei aus dem Zusammenhang des Antrags u der Begründung ergeben (Schlesw IBR 04, 1028), er kann in Frageform gekleidet werden (Karlsr 4.9.23 – 8 W 6/23 = NJW-RR 23, 1512 [OLG Brandenburg 21.06.2023 - 4 U 102/22]: Die Formulierung der Beweisbehauptungen in Frageform – anstelle tatsächlicher Behauptungen – steht einer Beweiserhebung nicht entgegen u macht den Beweisantrag nicht zum Ausforschungsbeweis). Allerdings kann ein Gutachten nur bei sicherer Identifizierung der bekannt gegebenen Tatsachen eingeholt werden (KG NJW-RR 00, 468 [KG Berlin 01.10.1998 - 10 W 6456/98]). Der Antrag im selbstständigen Beweisverfahren muss die Tatsachen bezeichnen, über die Beweis erhoben werden soll, § 487 Nr 2; die Beweisbehauptungen müssen so aufgestellt werden, dass der zu bestellende SV weiß, zu welchen behaupteten Tatsachen er Antworten geben soll; die Formulierung der zu Beweis gestellten Tatsachen durch den ASt in Gestalt einer Beweisfrage kann zwar sinnvoll sein; sie ist aber nicht zwingend, soweit aus dem Antrag die Tatsachen, über die Beweis erhoben werden sollen, deutlich hervorgehen.
In Baustreitigkeiten genügt nach der Symptomtheorie, dass die maßgeblichen Tatsachen so mitgeteilt werden, wie sie sich nach ihrer äußeren Erscheinung für den bautechnischen Laien darstellen (Köln BauR 02, 264; Celle BauR 10, 2166); die Bezeichnung eines ›konkreten Fehlerbildes‹ ist nicht erforderlich (AG Halle NJW-RR 10, 25 [LG Saarbrücken 28.07.2009 - 5 T 350/09]; aber München 5.1.17 – 28 W 2124/16: Bei der nicht weiter spezifizierten Beweisbehauptung in einem Antrag auf Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens, das Dach eines Gebäudes weise Undichtigkeiten auf, handelt es sich um einen Ausforschungsbeweis; ein hierauf gerichteter Beweisantrag ist abzuweisen; erforderlich sind zumindest die Nennung u die Beschreibung der Schadstellen u der aufgetretenen Schäden). Es reicht aus, das Ergebnis mitzuteilen, zu dem der SV kommen soll. Weder die Ursachen der behaupteten Mängel, noch die erforderlichen Mängelbeseitigungsmaßnahmen, noch die voraussichtlichen Kosten der Beseitigung müssen vorgetragen werden (LG Stuttgart IBR 11, 1328). Geht es um Baumängel, ist im Einzelfall geboten, die verabredete Sollbeschaffenheit im Antrag exakt mitzuteilen: Hatte der Unternehmer nach entsprechenden Hinweisen an den insoweit konkret bzgl der technischen Risiken belehrten Auftraggeber es übernommen, ein Werk mit ›Qualität nach unten‹, also in einem Zustand unterhalb der anerkannten Regeln der Technik, herzustellen, ist dieser spezielle Sollzustand bei der an den SV gestellten Frage nach dem Vorliegen von Mängeln gewiss bekannt zu geben; andernfalls könnte es zu Fragestellungen im Beweisbeschluss kommen, auf die es bei richtiger Vertragswürdigung nicht ankommt. Der ASt, der Sachmängel iSd § 434 BGB an einer Bestandsimmobilie geltend macht, muss allerdings gem § 487 Nr 2, 4 vortragen u glaubhaft machen, welche Mangelsymptome zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlagen; diese sind unter Bezeichnung der Lage im Bauwerk u dem zeitlichen Auftreten so genau zu beschreiben, dass der gerichtliche SV ohne weitere eigene Sachverhaltsermittlung die gestellten Beweisfragen bearbeiten kann (Hamm 23.5.22 – 22 W 9/22). Weil sinnlose Fragen den ASt der Gefahr aussetzen können, später über § 494a v Ag zu einer von vorneherein erfolglosen Hauptsacheklage gezwungen oder jedenfalls in einer einheitlichen Kostenentscheidung mit Kosten belastet zu werden, achtet der RA – auch zum eigenen Regressausschluss – auf die im Beweisbeschluss formulierten Fragen (Schmitz BauR 15, 371, 377). Im selbstständigen Beweisverfahren ist aber regelmäßig nicht zu prüfen, inwieweit die gestellten Fragen Bedeutung für ein Hauptsacheverfahren haben; zu dem im selbstständigen Beweisverfahren feststellbaren Zustand einer Sache zählt auch, wie eine Leistung fachmännisch einzuordnen ist u ob sie den anerkannten Regeln der Technik entspricht; die allgemein formulierte Fragestellung, ob eine bestimmte Ausführungsart im Hinblick auf eine gerügte Mangelerscheinung den anerkannten Regeln der Technik entspricht oder ob im Zusammenhang hiermit die einschlägigen DIN-Vorschriften eingehalten sind, ist zulässig (Karlsr 16.1.17 – 15 W 170/16); weil anerkannte Regeln der Technik sich mit der Zeit (ver-)ändern können, dürfte erforderlich sein, im Antrag den Zeitpunkt der Feststellung zu bestimmen.
Mit der Begründung, dass der Gesetzeszweck dieses besonderen Verfahrens auch in der Vermeidung von Hauptprozessen liegt, darf indes nicht der auch das selbstständige Beweisverfahren beherrschende Grundsatz des Verbotes d...