I. Beweiswert der selbstständigen Beweiserhebung.
Rn 2
Tatsächliche günstige Erkenntnisse aus einem vorherigen selbstständigen Beweisverfahren, die über den schriftsätzlichen Tatsachenvortrag hinausgehen, sind zu berücksichtigen, wenn sich die Partei diese ausdrücklich oder konkludent als Sachvortrag zu eigen macht (Ddorf IBR 13, 1317). IÜ erweist sich die Beweiserhebung im Hauptsacheprozess als vorweg, eben ›selbstständig‹, durchgeführte Beweisaufnahme dieses Hauptsacheprozesses. Zum auslandsbezogenen selbstständigen Beweisverfahren § 486 Rn 11. § 493 gestaltet sich als das Bindeglied zwischen dem selbstständigen Beweisverfahren u dem Hauptsacheprozess (Voit FS Thode 05, 340). Für die Verwertung des Ergebnisses des selbstständigen Beweisverfahrens bedarf es keines Parteiantrages; es genügt, dass sich eine Partei auf eine Tatsache beruft, über die Beweis erhoben wurde u die weiterhin streitig ist. Zusätzlicher Vortrag des Ergebnisses der selbstständigen Beweisaufnahme ist auch dann nicht erforderlich, wenn das selbstständige Beweisverfahren nicht vor dem Hauptsachegericht stattfand; § 285 II ist nicht anwendbar (Köln OLGR 04, 390; Ddorf BauR 07, 2115. AA St/J/Berger § 493 Rz 1).
Rn 3
Teilidentität des Verfahrensgegenstandes des selbstständigen Beweisverfahrens u der Hauptsache genügen (Hamm NJW-RR 08, 950 [OLG Hamm 22.11.2007 - 22 U 110/07]). Verwertbarkeit ist gegeben bei Identität der Beteiligten des selbstständigen Beweisverfahrens u des Hauptsacheverfahrens; auf eine Übereinstimmung der konkreten Parteistellung kommt es nicht an. Werden Ansprüche nach Anhängigkeit der Klage abgetreten, kann das Ergebnis des zuvor von dem Zedenten geführten selbstständigen Beweisverfahrens in dem seitens des Zessionars gg den Ag geführten Hauptsacheverfahren verwendet werden (Frankf 1.10.14 – 22 W 46/11). Wird das selbstständige Beweisverfahren gg eine KG geführt u richtet sich das Hauptsacheverfahren auch gg die persönlich haftende Gesellschafterin dieser KG, ist das Gutachten jedenfalls dann im Verhältnis dieser persönlich haftenden Gesellschafterin gem § 493 I verwertbar, wenn insoweit im Hauptsacheverfahren keine Rüge erfolgte; dann tritt nämlich Heilung gem § 295 ein (Frankf 7.12.10 – 5 U 95/09; Musielak/Voit/Huber § 493 Rz 3); andernfalls dürfte § 411a anwendbar sein. Ebf ist nicht erforderlich, dass sich sämtliche Beteiligte des selbstständigen Beweisverfahrens an dem Hauptsacheprozess beteiligen. Bei im selbstständigen Beweisverfahren wirksam erfolgter Streitverkündung kann das Ergebnis der selbstständigen Beweisaufnahme im Prozess zwischen dem Streitverkünder u dem Streitverkündungsempfänger entsprechend § 66 benutzt werden. Betr eine nicht am selbstständigen Beweisverfahren beteiligt gewesene Partei des Hauptsacheverfahrens kann das Ergebnis des selbstständigen Beweisverfahrens gg ihren Willen nicht gem § 493 verwertet werden; ihr ggü ist aber eine neue gerichtliche Anhörung des bereits im selbstständigen Beweisverfahren eingesetzt gewesenen gerichtlichen SV im Hauptsacheverfahren verwertbar. Hauptsacheverfahren können mehrere verschiedene Verfahren, mithin auch ein einstwVerfügungsverfahren, sein. Hauptsacheverfahren kann auch ein schiedsgerichtliches Verfahren sein; die Verwertung der selbstständigen Beweiserhebung steht da im Ermessen des Schiedsgerichts.
II. Konkrete Beweisverwertung.
Rn 4
Das Hauptsachegericht prüft nicht die Zulässigkeitsvoraussetzungen des stattgefundenen selbstständigen Beweisverfahrens (München 19.10.20/25.1.21 – 28 U 4343/20 Bau: ›Das Erstgericht konnte das Gutachten im selbstständigen Beweisverfahren, auch bei ggf fehlender Zuständigkeit des Gerichts … verwerten, § 493‹; wurde die fehlende Zuständigkeit im selbstständigen Beweisverfahren nicht beachtet, kann das Beweisergebnis gleichwohl in jedem Zweig der Gerichtsbarkeit verwendet werden). Das verwertende Gericht muss aber die Einhaltung der Verfahrensordnung, also die Gesetzmäßigkeit iSd §§ 492 I, 355 ff, klären (Celle NZM 98, 158 [OLG Celle 20.11.1996 - 2 U 273/95]). ›Das Gutachten im selbstständigen Beweisverfahren hat eine meist prozessentscheidende Bedeutung erlangt. Es darf jedoch trotz der Neigung der Gerichte, an einem einmal erstatteten Gutachten festzuhalten, nicht übersehen werden, dass das Gutachten im selbstständigen Beweisverfahren auf der Grundlage des Parteivortrags erstattet wird. Stellt sich im Erkenntnisverfahren heraus, dass ein abgewandelter Sachverhalt vorliegt, kann dem im selbstständigen Beweisverfahren erstatteten Gutachten die Grundlage fehlen. Dann muss das vorliegende Gutachten ergänzt werden, wie auch sonst durch das Gutachten nicht oder möglicherweise unvollständig oder fehlerhaft beantwortete Fragen im Erkenntnisverfahren mit dem SV zu klären sind.‹ (Kniffka/Sacher Kompendium des Baurechts 5A 20 20. Teil Rz 33).
Rn 4a
Eine Wiederholung oder Fortsetzung der Beweiserhebung kommt durch das Prozessgericht nur ausnahmsweise in Betracht, insb wenn die selbstständige Beweiserhebung fehlerhaft iSv § 492 war bzw wenn sie – obwohl dem Zweck des selbstständigen Beweisverfahrens genügend – dem Pr...