Rn 12
Eine mündliche Verhandlung muss gem § 495a S 2 stattfinden, wenn dies – auch nur von einer der Parteien – beantragt wird (BVerfG NJW 12, 2262 [BVerfG 05.04.2012 - 2 BvR 2126/11]). Das gleiche Recht steht dem Nebenintervenienten zu (§ 67 Hs 1). Der Antrag muss sich unmissverständlich auf den Fall der Anordnung des vereinfachten Verfahrens beziehen. Das Übergehen eines solchen Antrags stellt eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör dar, die letztlich mit der Verfassungsbeschwerde (vgl Rn 19, BVerfG NJW 12, 2262 [BVerfG 05.04.2012 - 2 BvR 2126/11]) angegriffen werden kann. Dies gilt unabhängig davon, ob das Gericht das Vorbringen, das die den Antrag stellende Partei in der mündlichen Verhandlung beabsichtigt hatte, für entscheidungserheblich hält oder nicht (VGH Berlin, WuM 2013, 288) und sogar dann, wenn die Partei, deren Antrag auf mündliche Verhandlung gem S 2 übergangen worden ist, auch ohne Durchführung der mündlichen Verhandlung in der Sache selbst voll obsiegt (entgegen AG Bergen, Urt v 20.8.2013 – 23 C 222/13), weil insoweit das Vertrauen der Gegenpartei darauf, dass eine mündliche Verhandlung stattfindet, enttäuscht und so deren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt wird. Im Falle eines Richterwechsels nach mündlicher Verhandlung muss auf Antrag auch im vereinfachten Verfahren wegen § 495a S 2 iVm §§ 128 Abs 1, 156 Abs 2 Nr 3 vor Erlass eines Urteils (nochmals) mündlich verhandelt werden (BVerfG NJW 19, 2919 [BVerfG 03.07.2019 - 1 BvR 2811/18]). Ansonsten ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung dem Gericht im vereinfachten Verfahren freigestellt. Wegen Art 6 I EMRK muss eine gem S 2 beantragte mündliche Verhandlung allerdings in jedem Fall nach einer evtl auf anderem Wege im vereinfachten Verfahren erfolgten Beweisaufnahme stattfinden, um den Parteien Gelegenheit zur mündlichen Erörterung des Ergebnisses zu geben. Das gleiche gilt bei neuerlicher Beweisaufnahme nach einem ersten Verhandlungstermin (MüKoZPO/Deubner Rz 41). Auch wenn der Antrag auf mündliche Verhandlung grds jederzeit gestellt (und auch wieder zurückgenommen – vgl Anders/Gehle/Bünnigmann ZPO Rz 18) werden kann, gilt dies in dem Fall, in dem das Gericht im vereinfachten Verfahren nach Fristsetzung zu Stellungnahme und Hinweis darauf, dass im vereinfachten Verfahren entschieden werden soll, aus den oben unter Rn 9 dargelegten Gründen nur bis zum Ablauf der Stellungnahmefrist für die Parteien, auf die dann ein Urt im schriftlichen Verfahren ergehen kann (St/J/Leipold Rz 17; aA MüKoZPO/Deubner Rz 40). Ein danach erfolgter Antrag auf mündliche Verhandlung unterliegt den allgemeinen Verspätungsregeln (§ 296 f). Auch nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung kann das Gericht iü ohne Bestimmung eines Verkündungstermins im schriftlichen Verfahren entscheiden (vgl Rn 16). Abzulehnen ist indes die vereinzelt in der Rspr vertretene Auffassung, für den Fall, dass das Gericht die Berufung gegen das im vereinfachten schriftlichen Verfahren erlassene Urt gem § 511 II Nr 2 zulassen wolle, müsse notwendigerweise vAw eine mündliche Verhandlung zur Durchführung eines Rechtsgesprächs wegen der sich in der Berufungszulassung manifestierenden Bedeutung der Sache durchgeführt werden (so jedoch LG Halle Urt v 8.7.11 – 2 S 54/11). Dies widerspricht dem vom Gesetzgeber ausdrücklich bezweckten Beschleunigungsgebot.
Ist im Arrest- bzw einstweiligen Verfügungsverfahren das vereinfachte schriftliche Verfahren gem § 495a angeordnet, kann insoweit, wenn das Gericht nicht den Weg über § 922 Abs 1 S 1 Alt 2 der Entscheidung durch Beschl mit der Möglichkeit des Widerspruches nach § 924 geht, direkt statt eines Beschlusses ein die Instanz beendendes Urt ergehen, wenn die Parteien nicht nach der Anordnung ausdrücklich von der Möglichkeit des § 495a S 2 Gebrauch gemacht haben. Dies gilt auch für das Verfahren nach Widerspruch gem § 925. So kann dem Beschleunigungsziel des Gesetzgebers im Anwendungsbereich des § 495a auch für diese Verfahren Rechnung getragen werden.
Unterbleibt eine nach § 495a S 2 zwingend gebotene mündliche Verhandlung und ist dadurch der Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör verletzt (vgl Rn 12), bedarf es zur Begründung einer Gehörsrüge gem § 321a (vgl Rn 19) – ausnahmsweise – keines substantiierten Vortrages des Betroffenen mehr, welcher entscheidungserhebliche Vortrag ihm durch das Unterbleiben der mündlichen Verhandlung abgeschnitten worden ist (BVerfG Beschl v 25.6.15 – 1 BvR 367/15).