Rn 16
§ 533 erfasst lediglich die außer- oder innerprozessuale Geltendmachung der Aufrechnung, nicht deren materiell-rechtliche Wirksamkeit (BGH NJW 92, 2575), unabhängig davon, ob diese vom Beklagten oder vom Widerbeklagten erklärt wird (BGH FamRZ 90, 975) und unabhängig davon, ob sie primär oder (was auch im Berufungsverfahren im Zweifel anzunehmen ist: BGH NJW 18, 2269 [BGH 08.05.2018 - XI ZR 538/17]) hilfsweise erklärt wurde. Auch Verrechnung (aA Schlesw MDR 76, 50) und der Einwand des Beklagten, die Klageforderung sei infolge einer Aufrechnung des Klägers untergegangen, fallen hierunter (aA Musielak/Voit/Ball Rz 8). Nicht hierunter fällt die Aufrechnungserklärung des Klägers, die im Wege der Replik gegen eine Gegenforderung des Beklagten (BGH NJW-RR 90, 1470; aA MüKoZPO/Rimmelspacher Rz 20) oder zur Begründung einer negativen Feststellungsklage oder Vollstreckungsgegenklage erklärt wird oder die Berufung eines Gesamtschuldners auf die Aufrechnung durch einen anderen Gesamtschuldner (BGH NJW 92, 2575, 2576 [BGH 22.05.1992 - V ZR 108/91]; aA zT Anders/Gehle/Göertz ZPO Rz 5).
Rn 17
Die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts steht einer Aufrechnung grds nicht gleich, sie ist allein nach § 531 zu beurteilen (Kobl NJW-RR 92, 760 [OLG Koblenz 02.05.1991 - 5 U 1265/90]). Allerdings ist die ›Zurückbehaltung‹ bei zwei gegenseitigen Geldforderungen materiell unabhängig von ihrer Bezeichnung regelmäßig eine Aufrechnung bzw Verrechnung (BGH WM 74, 1244, 1245; Celle OLGZ 72, 477). Unabhängig von der Bezeichnung der Parteien stellt es keine Aufrechnung dar, wenn der Beklagte das Fehlen von Gegenpositionen in einer Abrechnung rügt oder Gewährleistungsansprüche geltend macht (BGH NJW 78, 814 [BGH 19.01.1978 - VII ZR 175/75]).
Rn 18
Neu ist die Aufrechnung, wenn sie erstmals in 2. Instanz im Prozess geltend gemacht wird, unabhängig davon, wann die Aufrechnungslage oder wann sie materiell-rechtlich erklärt wurde. Neu ist die Aufrechnung, wenn deren Geltendmachung vor der Entscheidung in 1. Instanz fallen gelassen wurde (BGH MDR 75, 1008 [BGH 10.07.1975 - III ZR 16/74]) oder die zu Grunde liegende Forderung in 2. Instanz ausgetauscht wird (Kobl MDR 13, 84 [OLG Koblenz 06.11.2012 - 2 U 55/12]). Ebenso, wenn erstinstanzlich das Bestehen einer Forderung zwar behauptet wurde, es aber an einer ausdrücklichen Aufrechnungserklärung fehlte. Nicht neu ist die Aufrechnung, die erstinstanzlich nur hilfsweise erklärt wurde, ohne dass hierüber eine Entscheidung erging (BGH NJW 83, 931 [BGH 28.10.1982 - III ZR 128/81]). Das gleiche gilt, wenn eine erstinstanzliche Aufrechnung wegen unsubstantiiertem Vortrag zur Gegenforderung zurückgewiesen wurde (Ddorf NJW-RR 98, 1288).