Gesetzestext
(1) 1Der Revisionsbeklagte kann sich der Revision anschließen. 2Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Revisionsanschlussschrift bei dem Revisionsgericht.
(2) 1Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Revisionsbeklagte auf die Revision verzichtet hat, die Revisionsfrist verstrichen oder die Revision nicht zugelassen worden ist. 2Die Anschließung ist bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Revisionsbegründung zu erklären.
(3) 1Die Anschlussrevision muss in der Anschlussschrift begründet werden. 2§ 549 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 und die §§ 550 und 551 Abs. 3 gelten entsprechend.
(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Revision zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.
A. Zweck der Norm.
Rn 1
Kraft ausdrücklicher Regelung in § 554 II 1 kann eine Anschlussrevision im Unterschied zu § 556 I aF auch dann wirksam eingelegt werden, wenn die Revision nicht zu Gunsten des Revisionsbeklagten zugelassen wurde. Falls ohnehin ein Revisionsverfahren durchzuführen ist, soll der friedfertigen Partei ebenfalls die Möglichkeit eröffnet werden, zu ihren Gunsten eine Abänderung des Berufungsurteils zu erreichen (BTDrs 14/4722, 108; vgl BGH NJW-RR 05, 651 [BGH 23.02.2005 - II ZR 147/03]; Musielak/Voit/Ball § 554 Rz 4). Die Vorschrift entspricht dem gleichen Zweck wie die Anschlussberufung (vgl § 524 Rn 2) und enthält im Wesentlichen gleichartige Anforderungen wie die Anschlussberufung mit Ausnahme der anderen Regelungen der Fristen und mit Ausnahme dessen, dass die Anschlussrevision anders als die Anschlussberufung (vgl § 524 Rn 13) eine Beschwer erfordert (vgl § 554 Rn 5). Mit dieser Maßgabe kann auf § 524 Rn 1 ff verwiesen werden.
B. Voraussetzungen der Anschließung.
I. Revision des Prozessgegners.
Rn 2
Zwingende Voraussetzung für die Einlegung der Anschlussrevision ist, dass der Gegner bereits Revision eingelegt hat und diese nicht zurückgenommen, verworfen oder sonst erledigt ist. Dies ist Folge der Rechtsnatur der Anschlussrevision, die kein Rechtsmittel, sondern Antragstellung innerhalb eines Rechtsmittels der Gegenpartei ist (§ 524 Rn 4; Musielak/Voit/Ball § 554 Rz 2; MüKo/Krüger § 554 Rz 2). Auf die Zulässigkeit und Begründetheit der Revision des Revisionsklägers kommt es nicht an (§ 524 Rn 6). Ebenso wie im Berufungsverfahren (§ 524 II) ist die Anschlussrevision auch statthaft, wenn der Revisionsbeklagte/Anschlussrevisionskläger auf die Revision verzichtet hat, seine Revisionsfrist verstrichen oder für ihn die Revision nicht zugelassen worden ist. Eine verspätet eingelegte oder begründete Revision ist regelmäßig in eine Anschließung der Revision der Gegenpartei umzudeuten (Musielak/Voit/Ball § 554 Rz 3; MüKoZPO/Krüger § 554 Rz 8), vorausgesetzt, die hierfür maßgebliche Frist (Rn 7) ist gewahrt (vgl BGH 12.7.12 – XI ZR 147/10 – juris).
Rn 3
Zwar kann die Revision vom Revisionsbeklagten auch dann wirksam eingelegt werden, wenn die Revision nicht zu seinen Gunsten zugelassen wurde (vgl Rn 1) und auch vom Revisionsgericht im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die unselbstständige Anschlussrevision in keinem Zusammenhang mit dem Teil des Streitgegenstandes stehen muss, für den zu Gunsten des Gegners die Revision zugelassen worden ist. Unter der Geltung des § 556 ZPO aF entsprach es der stRspr des BGH, dass eine unselbstständige Anschlussrevision unzulässig ist, wenn sie einen Lebenssachverhalt betrifft, der mit dem von der Revision erfassten Streitgegenstand nicht in einem unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang steht (vgl die Nachweise in BGHZ 174, 244 Tz 38). Ob diese Einschränkung der Statthaftigkeit der Anschlussrevision auch für § 554 gilt, ist zunächst offengelassen worden zB in BGHZ 155, 189, 192 (vgl auch BGH NJW-RR 06, 1091 Tz 15; NJW 04, 3174, 3176) und vom BGH inzwischen dahingehend entschieden, dass eine Anschlussrevision unzulässig ist, wenn sie einen Lebenssachverhalt betrifft, der mit dem von der Revision erfassten Streitgegenstand nicht in einem unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang steht (BGHZ 174, 244; BGH GRUR 09, 515 Tz 20 – Motorradreiniger; zu Beispielen, in denen vom BGH ein unmittelbarer rechtlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang in der Vergangenheit bejaht worden ist vgl BGH 21.6.01 – IX ZR 73/10, Tz 49–61 – juris).
Rn 4
Die Begründung, die der BGH seiner Entscheidung gegeben hat, überzeugt: Die Neuregelung der Anschlussrevision in § 554 ändert nichts daran, dass sie als unselbstständiges Rechtsmittel akzessorischer Natur ist. Dieser Abhängigkeit der Anschlussrevision würde es widersprechen, wenn mit ihr Streitstoff eingeführt werden könnte, der mit dem Gegenstand der Hauptrevision weder in einem rechtlichen noch in einem wirtschaftlichen Zusammenhang steht (BGHZ 174, 244 Tz 40). Eine unbeschränkte Statthaftigkeit der Anschlussrevision in Fällen, in denen die Hauptrevision zu Gunsten einer Partei nur tw zugelassen wurde, würde zu einer Benachteiligung des Revisionsklägers führen und ginge somit über den Gesetzeszweck de...